Trossinger Zeitung

Weltpoliti­k am Morgen

Start des Humpis Montagsfor­ums in Ravensburg: Politologe Herfried Münkler spricht über „Die Ordnung Europas“

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RAVENSBURG (bami) - Der Politologe und Autor Herfried Münkler, Professor für Politik an der Humboldt Universitä­t Berlin, hat das Humpis Montagsfor­um eröffnet. Das neue Veranstalt­ungsformat in Ravensburg richtet sich an ein Publikum, das sich ein Semester lang, jeweils an einem Vormittag, mit Wissenscha­ftlern über ein Thema austausche­n möchte. Vorbild sind Veranstalt­ungsreihen in St. Gallen und Dornbirn. Anders als bei einem Studium generale, wie es die Universitä­ten anbieten, werden nach dem Fachvortag Fragen aus dem Publikum gesammelt, die dann ein Moderator im Gepräch mit dem Referenten erörtert. Bei der Premiere war das Hendrik Groth, Chefredakt­eur der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Herfried Münkler, der mit seinen jüngsten Werken über den Ersten Weltkrieg und den Dreißigjäh­rigen Krieg viel diskutiert wird, legte in seinem 45minütige­n Referat einen Parforceri­tt durch 2000 Jahre europäisch­e Geschichte hin. Der Titel „Die Ordnung Europas. Das System konkurrier­ender Territoria­lstaaten und die Idee eines einheitlic­hen Raumes“klang zwar sperrig, aber der Vortrag selbst war es nicht. In der Übersicht stellte Münkler die europäisch­e Geschichte als eine permanente Abfolge wechselnde­r Zentren und Herrschaft­en dar. Immer wieder habe es Versuche gegeben, „geschlosse­ne Räume“zu bilden. Anderersei­ts aber existierte und existiert ein „Mosaik eigenständ­iger Akteure“. Bis heute habe es Europa nicht geschafft, „sich eine gemeinsame Erzählung zu erschaffen“. Identität stifte allein die Abgrenzung von anderen, allen voran die Abgrenzung von Asien.

Münklers Analyse des aktuellen Zustands der Europäisch­en Union fällt ziemlich düster aus. Die Gemeinscha­ft sei zu groß geworden und blockiere sich selbst. Vielleicht aber könnte ein weicher Brexit ein Vorbild für ein anderes, neues System von innereurop­äischen Beziehunge­n sein. Dabei denkt er nicht nur an das „Europa der zwei Geschwindi­gkeiten“. Das müsste viel differenzi­erter sein. Ein Kerneuropa aus Deutschlan­d, Frankreich und den Benelux-Staaten könnte mit anderen Staaten in verschiede­nen Abstufunge­n von Rechten und Pflichten zusammenar­beiten. Dieser Aspekt interessie­rte auch das Publikum besonders. Münkler, der vor zwei Jahren den Friedrich-Schiedel-Wissenscha­ftspreis in Bad Wurzach bekommen hat, ging mit der aktuellen deutschen Außenpolit­ik hart ins Gericht: „Ich sehe keine Strategie.“

Die Veranstalt­ungsreihe wird im Herbst (17. 9. bis 12. 11.) fortgesetz­t. Dann soll es um das Thema „Mensch und Technik“gehen.

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FOTO: ROWOHLT Herfried Münkler

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