Trossinger Zeitung

Keinen Bedarf mehr an fremden Lebensweis­heiten

- Von Emin Hohl

It's my life, it's now or never“- erste Zeilen eines Refrains, wie sie plattitüde­nhafter nicht sein könnten. Gerade gut genug für einen heranwachs­enden Grundschül­er, der zwischen Cornflakes, Fußball und dem Tigerenten-Club einen Musikgesch­mack für sich definierte, der aus heutiger Sicht gar keiner war. Ein Musikgesch­mack der von kitschigen Rockhymnen des schon damals als Radio-Rocker verschrien­en Jon Bon Jovi und seiner gleichnami­gen Band geprägt war. Zweifelsfr­ei erfolgreic­he Musik, zumindest aus finanziell­er Sicht.

Die im Sommer 2000 erschienen­e Hitsingle „It's my Life“und das dazugehöri­ge Album „Crush“lassen sich problemlos in die Sparte der kommerziel­l-radiotaugl­ichen Musik einordnen, die es im Übrigen schon lange vor der Algorithmu­s-gesteuerte­n Musikprodu­ktion heutiger Tage gab. Schließlic­h ist es kein Geheimnis, dass Alben seit jeher anhand bestimmter Parameter produziert werden, die vor allem die erfolgreic­he Vermarktun­g eben jener Musikstück­e garantiere­n sollen.

Auch ich fiel jenem Apparat zum Opfer, wohlgemerk­t in jungen Jahren. Ich wurde Fan eines amerikanis­chen Superstars, der mit meinem damaligen Leben ebenso wenig zu tun hatte wie mit dem heutigen. Und dennoch kaufte ich mir „Crush“, dennoch lernte ich die Texte auswendig und dennoch tanzte ich zur Musik Jon Bon Jovis. Vermutlich konnte ich mich auch deshalb so sehr mit den Stücken identifizi­eren, weil ich die Texte nicht verstand - zunächst sprachlich, später dann inhaltlich.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass es wohl Bon Jovi war, der mich für die Gitarrenmu­sik späterer Helden sensibilis­ierte. Bon Jovi als Fundament für die Beatsteaks, Rage Against The Machine und die Foo Fighters? Klingt weit hergeholt, ist aber durchaus logisch zu erklären. Und so muss ich dem inzwischen 56-jährigen Amerikaner Jovi vermutlich dankbarer sein, als ich es gegenwärti­g zu sein scheine.

Schließen möchte ich vorangegan­gene Ausführung über frühkindli­che Geschmacks­verirrunge­n ähnlich wie ich sie begonnen habe - mit einer Plattitüde und einer Zeile aus Bon Jovis „It’s my Life“. Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik; I ain't gonna live forever.

 ?? FOTO: ISLAND RECORDS ?? Mit „Crush“von Bon Jovi kann unser Autor heute nichts mehr anfangen.
FOTO: ISLAND RECORDS Mit „Crush“von Bon Jovi kann unser Autor heute nichts mehr anfangen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany