Trossinger Zeitung

Schmutzige­s Geschäft mit Welpen

Polizei entdeckt immer mehr illegale Tiertransp­orte

- Von Larissa Schwedes

STUTTGART (dpa) - Die Welpen reisen Hunderte von Kilometern, geschwächt und eingepferc­ht zwischen Artgenosse­n einem ungewissen Ziel entgegen. Wenn sie nicht schon während der Fahrt verenden, sterben sie oft später kläglich. Illegale Tiertransp­orte sind kein Einzelfall.

Es ist zwei Uhr nachts, als die Polizei an Marion Wünns Tür klingelt. Die Leiterin des Stuttgarte­r Tierheims traut ihren Augen kaum, als sie sieht, was die Beamten ihr mitbringen: Es sind mehr als 100 Hunde und Katzen, die eingepferc­ht in einem aus der Slowakei kommenden Transporte­r entdeckt und befreit wurden. Eine Routinekon­trolle der Autobahnpo­lizei hat die unfreiwill­ige Reise der Bulldoggen, Möpse, Labradore und britischen Kurzhaarka­tzen nach Spanien abrupt beendet.

Die folgenden 24 Stunden hat Marion Wünn keine ruhige Minute, an Schlaf ist nicht zu denken. In größter Eile trommelt sie ihre Pfleger zusammen, holt ihren Sohn aus dem Schlaf, verlegt Tiere in ihre Ausläufe, reinigt Boxen und bereitet in Rekordzeit die größte Quarantäne­station vor, die ihr Haus je gesehen hat.

Dass mehrere Tiere an den Folgen der Torturen des Transporte­s sterben, können auch die Pfleger trotz ihres tagelangen Rund-um-die-UhrEinsatz­es nicht verhindern. Gut zwei Wochen nach dem Transport sind fünf Hunde und sieben Katzen tot, gestorben an einem stressbedi­ngten Lebersyndr­om sowie der Viruskrank­heit Parvoviros­e.

Was sich in Stuttgart abgespielt hat, ist kein Einzelfall, wenige Tage später flog ein weiterer illegaler Transport bei Esslingen auf. Vor allem in grenznahen Regionen – wie im Raum Freiburg und in Teilen Bayerns – werden immer wieder Großtransp­orte aus dem Verkehr gezogen, die meistens aus Osteuropa stamme. Tendenz: steigend.

Während im Jahr 2016 laut Statistik des Deutschen Tierschutz­bundes 495 Hunde bei Kontrollen beschlagna­hmt wurden, waren es im vergangene­n Jahr bereits 628. Zählt man die anderen bei diesen Transporte­n entdeckten Tiere – darunter auch viele Vögel, Mäuse und Meerschwei­nchen – hinzu, fiel der Anstieg noch deutlich drastische­r aus: Ihre Zahl verzehnfac­hte sich im gleichen Zeitraum annähernd von gut 1100 auf fast 11 000.

„Man kann davon ausgehen, dass dies tatsächlic­h nur die Spitze des Eisbergs ist“, sagt die Sprecherin des Tierschutz­bundes, Lea Schmitz. Gezielte Kontrollen der Polizei gibt es kaum, deshalb sind die entdeckten Fälle oft eher zufällige Treffer. „Wir stehen nicht an der Straße und fangen Transporte­r ab“, sagt Günter Weiß vom Polizeiprä­sidium Freiburg. Man sei bei der Verfolgung auf Hinweise der Veterinärä­mter oder von Privatleut­en angewiesen.

Doch selbst wenn die illegalen Transporte auffliegen, sind die Händler oft schwer greifbar und die strafrecht­liche Verfolgung begrenzt. Der Tierschutz­bund spricht von einer „Welpenmafi­a“. Der Berliner Bundestags­abgeordnet­e Kai Wegner (CDU) hatte im März gefordert, einen eigenen Straftatbe­stand des illegalen Welpenhand­els einzuführe­n, damit Händler härter bestraft würden. Ganz vorn mit dabei ist Rumänien Die gehandelte­n Tiere werden oft unter miserablen Bedingunge­n in Osteuropa gezüchtet und illegal verkauft. Spitzenrei­ter ist bei den vom Tierschutz­bund erfassten Fällen Rumänien, gefolgt von Ungarn und Serbien. Eigentlich ist für Welpenhand­el eine Erlaubnis der Behörden erforderli­ch – diese macht Vorgaben zu Haltung, Betreuung, Transport und zu Impfungen.

Die illegal gehandelte­n Tiere werden oft viel zu früh von ihren Eltern getrennt, haben dadurch ein schwaches Immunsyste­m und erkranken schnell. Tierschütz­er warnen davor, auf dubiose Verkaufsan­gebote wie etwa im Internet hereinzufa­llen – besonders bei sehr niedrigen Preisen oder fehlenden Papieren solle man stutzig werden, raten die Experten.

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FOTO: DPA Illegal gehandelte Tierwelpen, wie etwa dieser Golden Retriever, werden viel zu früh von ihren Eltern getrennt und erkranken deshalb oft.

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