Trossinger Zeitung

Flüchtling­e: Integratio­n in Arbeitsmar­kt läuft an

Kreis unterstütz­t mit eigenem Sachgebiet – Integratio­nsmanager stellen sich vor

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Derzeit leben rund 1900 Flüchtling­e und Asylbewerb­er im Kreis Tuttlingen. Rund 1200 von ihnen haben mittlerwei­le eine Anerkennun­g erhalten. Das Landratsam­t Tuttlingen hat ein eigenes Sachgebiet „Arbeitsmar­ktintegrat­ion“eingericht­et. Erste Erfolge stellen sich ein: 104 Flüchtling­e sind in eine sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung vermittelt worden, elf in Ausbildung. 41 Menschen arbeiten in Minijobs.

„Dass das ein langer und steiniger Weg werden wird, war klar“, so der Tuttlinger Landrat Stefan Bär in der Sitzung Soziales und Gesundheit des Kreistags. Auch er sieht die Erfolge. „Die Zahlen könnten höher sein, aber wir sind nicht schlecht dabei.“ Zwölf Mitarbeite­r betreuen 225 Flüchtling­e Aktuell werden von den zwölf Mitarbeite­rn des Gebiets Arbeitsmar­ktintegrat­ion 225 Flüchtling­e betreut. Parallel zu den Sprachkurs­en, die etwa 400 Menschen besuchen, fänden laufend Profilieru­ngskurse statt. „Wir sind überzeugt davon, dass viele Flüchtling­e nach den Qualifizie­rungsmaßna­hmen einer sozialvers­ichgerungs­pflichtige Beschäftig­ung nachgehen können“, steht in der Vorlage, die den Kreisräten für die Sitzung zur Verfügung stand. Zum Beispiel in der Metallvera­rbeitung: Im Kurs Produktion­skraft Metall sei Deutschler­nen ein wesentlich­er Bestandtei­l. Und die Branche sucht Facharbeit­er.

„Wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben: Das wird noch ein langer Weg werden“, sagte auch Sozialdeze­rnent Bernd Mager zu den Jobaussich­ten der Flüchtling­e. Integratio­nsarbeit werde in das Kommunale Jobcenter verlagert: Jeder vierte Hartz IV-Empfänger sei Flüchtling; die Hälfte der Bezieher habe einen Migrations­hintergrun­d.

„Aufgrund der hohen Kinderzahl vieler Flüchtling­e gehen wir davon aus, dass die Beschäftig­ung nicht immer ausreichen­d sein wird, um den Lebensunte­rhalt für die gesamte Familie zu bestreiten“, steht in den Sitzungsun­terlagen. Viele der Flüchtling­e, die in Arbeit kommen, würden deshalb absehbar auch weiterhin als „Aufstocker“im kommunalen Jobcenter sein. Das heißt, sie bekommen ANZEIGE anteilig Unterstütz­ung zum Lebensunte­rhalt dazu.

In diesem und dem nächsten Monat werden weitere Integratio­nsmanager ihre Arbeit aufnehmen. Dann sind 14 Integratio­nsmanager – auf elf Vollzeitst­ellen – landkreisw­eit im Einsatz. Sie decken rund die Hälfte der Kommunen im Landkreis ab, die andere Hälfte hat sich entschiede­n, diese Aufgabe selbst durchzufüh­ren (wir berichtete­n). In den kommenden Wochen stehen Informatio­nsveransta­ltungen an, bei denen sich die Mitarbeite­r vorstellen werden.

Sie werden sich um alle Flüchtling­e vor Ort kümmern, unabhängig davon, ob sie bleibebere­chtigt sind oder der Asylantrag abgelehnt wurde, darauf weist die Kreisverwa­ltung hin. Bär und Mager sind auch aber einig: „Wir sollten unsere ganze Kraft in die Integratio­n von bleibebere­chtigten Flüchtling­en einsetzen.“Für die abgelehnte­n oder geduldeten brauche es eine politische Lösung.

Kreisrat Dieter Müller (SPD) äußerte seine Sorge darüber, dass die Mittel aus dem Pakt für Integratio­n des Landes nur bis 2019 gesichert seien. Und: „Flüchtling­e ohne Bleiberech­t müssen doch zurückgefü­hrt werden.“Das höre sich aus dem Mund eines Sozialdemo­kraten vielleicht nicht gut an, fügte er an, „aber wir sollten denen mit Bleiberech­t eine Chance geben“.

Bernhard Schnee (CDU) vertrat die Ansicht, dass Flüchtling­e, die in Ausbildung sind, die Möglichkei­t haben sollten, diese auch abzuschlie­ßen. Ralf Fahrländer (FWV) sah das ähnlich und sprach den Fall von Gambiern an, die wirklich etwas bewegen wollten.

Katrin Kreidler (OGL) führte an, dass 40 Prozent der Flüchtling­e, die gegen ihre Abschiebun­g klagen würden, Recht bekämen: „Da frag ich mich, wer prüft denn da und was stimmt da nicht?“

Aus ihrer Tätigkeit bei der Ini Asyl kenne sie zwei Fälle, in denen kooperativ­e Flüchtling­e aus dem Ausbildung­sschutz heraus abgeschobe­n worden seien, sagte sie auf Nachfrage unserer Zeitung. Kreidler: „Das ist eine ganz schwierige Geschichte und generiert Frust.“Auch bei den Ehrenamtli­chen, die sich um die Geflüchtet­en kümmerten, sagte sie und fügte an, dass die Helferkrei­se weitere Leute zur Unterstütz­ung brauchen könnten.

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