Trossinger Zeitung

„Er hatte einen irren Blick“

Wie Drazen D. die Tat von Tuttlingen aus angekündig­t und geplant haben soll

- Von Lothar Häring

ROTTWEIL - „Ganz Tuttlingen wusste, dass Drazen eine Waffe suchte und seine Freundin umbringen wollte.“Das hat dessen frühere Vermieteri­n am gestrigen sechsten Prozesstag um den Villingend­orfer Dreifachmo­rd vor dem Landgerich­t Rottweil ausgesagt.

Es gibt Situatione­n, da wird es ganz still im Gerichtssa­al. Es sind nur Momente, aber sie sind umso durchdring­ender. Die einen müssen trocken schlucken, andere gegen Tränen ankämpfen. Am Montag war wieder so ein Moment, als ein Landsmann und Mitmieter von Drazen D. in der Tuttlinger Innenstadt als Zeuge auftrat. „Ich habe schon viel Schlimmes gesehen“, sagte er. „Ich war im Jugoslawie­n-Krieg, wurde zwei Mal angeschoss­en, aber so etwas konnte ich mir nicht vorstellen.“

Drazen D. war in den Monaten vor der Tat viel unterwegs gewesen in Tuttlingen – in einem Wettbüro, in einer Pilsbar, in einer Cafébar und in einem Vereinshei­m. Durchweg berichtete­n am Montag die Zeugen, allesamt Landsleute, er habe überall offen herumgefra­gt, ob sie ihm eine Pistole besorgen könnten. Der Wirt der Pilsbar, der ihn seit rund zehn Jahren kennt, schilderte seine Eindrücke: „Er saß oft alleine da und starrte ins Leere. Er hatte einen irren Blick. Körperlich machte er einen guten Eindruck, aber im Kopf wirkte er nicht ganz richtig.“Alkohol habe Drazen D. mit dem Hinweis darauf nicht getrunken, dass er dann aggressiv werde.

Ähnliche Beobachtun­gen machten anderen Zeugen. Und wieder drängte sich die Frage auf, ob sie den Dreifachmo­rd nicht hätten verhindern können.

Eine besondere Bedeutung kommt seiner früheren Vermieteri­n zu. Er habe seinen Sohn „sehr geliebt“und sei abwechseln­d „depressiv und aggressiv“gewesen, weil er ihn nicht mehr sehen durfte, sagte die 46-Jährige. Sie bekam hautnah mit, wie der Vater die Tat plante. Der habe angekündig­t, er werde seine Freundin umbringen. Und auf die Frage, ob er das könne, habe er „ganz kalt“geantworte­t: „Ja, das kann ich!“Auf den Vorhalt von Karlheinz Münzer, dem Vorsitzend­en Richter, warum sie dann die Polizei nicht verständig­t habe, antwortete die Frau mehrfach: „Ich konnte mir das nicht vorstellen.“Den Vorwurf von Verteidige­r Bernhard Mussgnug, sie habe auch die Tatwaffe auf dem Bett von Drazen D. gesehen, wies sie energisch zurück. Auf die Frage, was sie mit „ganz Tuttlingen“meine, sagte die Frau, das beziehe sich auf ihre Landsleute. Ex-Partnerin am Arbeitspla­tz abgepasst Die Vermieteri­n bekam auch mit, wie Drazen D. herausgefu­nden hat, wo seine Ex-Partnerin wohnt: Er habe sie am Arbeitspla­tz abgepasst und sei ihr heimlich bis Villingend­orf nachgefahr­en. Danach sei er einmal in die Wohnung eingedrung­en, habe ihr Feuerzeug mitgenomme­n und es ihr Tage später bei einem Treffen in einem Tuttlinger Burger-Lokal gezeigt. Und gesagt: „Jetzt hat sie Angst!“ Der Prozess wird am Dienstag, 24. April, um 9 Uhr fortgesetz­t.

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FOTO: MURAT Der Prozess gegen Drazen D. wird am Dienstag fortgesetz­t.

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