Warum Zahnspangen in der Kritik stehen
Bundesrechnungshof sieht Verschwendung– Gesundheitsministerium verteidigt die Praxis
RAVENSBURG - Zahnspangen sind unbeliebt: bei Teenagern, die sie tragen müssen, bei den Eltern, die sich an den Kosten dafür beteiligen. Und beim Bundesrechnungshof. Die unabhängige Behörde, die über die Finanzen des Bundes wacht, nimmt in einer Ergänzung zum Jahresbericht 2017 kieferorthopädische Behandlungen ins Visier. Dabei geht es dem Rechnungshof vor allem um drei Probleme: die hohen Kosten für Zahnspangen, ihre angeblich zweifelhafte Wirksamkeit – und die hohen privaten Zuzahlungen, die gesetzlich versicherte Patienten inzwischen leisten. Erstens: Das Kostenproblem Über eine Milliarde Euro geben gesetzliche Krankenkassen jährlich für kieferorthopädische Behandlungen aus, stellt der Rechnungshof fest. Die Kosten pro Fall hätten sich zwischen 2008 und 2016 ungefähr verdoppelt. Es sei fraglich, ob die Krankenkassen hier ihrer gesetzlichen Pflicht nachkämen, Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen.
Das Bundesgesundheitsministerium sieht das anders. Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“erklärt ein Sprecher des Hauses von Jens Spahn (CDU), nach 2002 hätten sich die Abrechnungsfälle für kieferorthopädische Behandlungen halbiert. Die Kosten für die Krankenkassen seien – trotz Preissteigerung – selbst im Jahr 2015 noch unter dem Niveau vor 2002 gelegen. Damals wurde das System der „kieferorthopädischen Indikationsgruppen“(KIG) eingeführt. Seither stufen Zahnärzte anhand einer fünfgradigen Skala ein, wie gravierend die Fehlstellung des Kiefers oder der Zähne bei einem Patienten ist. Nur bei einer Fehlstellung ab Grad 3 muss die gesetzliche Krankenkasse die Behandlung bezahlen. Zweitens: Die Wirksamkeit Wie viele Menschen werden mit einer Zahnspange behandelt? Was bringt eine solche Behandlung eigentlich? Der Bundesrechnungshof bemängelt, dass es dazu keine verlässlichen Daten gibt. Schon 2001 hätte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen darauf hingewiesen, dass zu wenig über die Wirksamkeit kieferorthopädischer Behandlungen bekannt sei. 2008 hätte das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information beschrieben, es gebe keine Studien zur langfristigen Wirkung. Und trotzdem würden weiterhin massenhaft Zahnspangen verschrieben.
Die Antwort des Gesundheitsministeriums: Eine Studie über die langfristigen Wirkungen von Zahnspangen sei quasi nicht machbar, da diese von vielen Faktoren abhingen – darunter Alter und Gebissreife der Betroffenen, aber auch ihre Mundhygiene und ihre Kooperationsbereitschaft bei der Behandlung. Obwohl also nicht wissenschaftlich festzustellen sei, wie wirksam Zahnspangen langfristig sind, sei es richtig, dass die Krankenkassen weiter für sie bezahlen. Denn unbehandelte Fehlbildungen an Kiefer und Zähnen könnten gravierende Auswirkungen haben – von Atembeschwerden über Probleme beim Essen bis hin zu Entstellungen im Gesicht. Und wenn die Krankenkassen nicht mehr für Spangen aufkämen, dann könnten sich nur noch Menschen aus Familien mit entsprechendem Einkommen die Behandlung leisten. Drittens: Die Zuzahlungen Dem Bundesrechnungshof stößt zudem sauer auf, dass inzwischen die Mehrheit der Kieferorthopädie-Patienten zu ihrer Behandlung privat zuzahlen. Der Rechnungshof zitiert die Studie einer Krankenkasse, nach der das bei drei Viertel der gesetzlich versicherten Patienten der Fall ist. Kieferorthopäden würden offensiv für Zusatzleistungen werben – und die Patienten könnten nicht objektiv überprüfen, ob die Zusatzleistungen wirklich nötig seien.
Auf diesen Vorwurf entgegnet die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. Ein Sprecher erklärt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, die Zunahme bei Zusatzleistungen habe vor allem damit zu tun, dass Patienten höhere Ansprüche bei Ästhetik und Komfort hätten und etwa kleinere und weniger sichtbare Geräte wünschten. Alle gesetzlich Versicherten hätten beim Kieferorthopäden auch ohne Zuzahlung Anspruch auf eine „zeitgemäße Vertragsleistung“, die „gute Behandlungsergebnisse“ermögliche. Was privat zugezahlt werden könne, sei für den Patienten transparent. Seit November 2016 müssen Kieferorthopäden in einer Vereinbarung, die der Patient unterschreibt, getrennt auflisten, welche Leistungen die Kasse übernimmt – und was er zuzahlt.
George Bush senior im Krankenhaus
WASHINGTON (AFP) - Kurz nach der Beerdigung seiner Frau ist der frühere US-Präsident George H.W. Bush ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der 93-Jährige werde wegen einer „Infektion“behandelt, „die sich auf das Blut ausgeweitet hat“, erklärte Bushs Sprecher Jim McGrath. Die Behandlung schlage an, Bush scheine auf dem Weg der Besserung zu sein. Der Ex-Präsident kam demnach am Sonntag in die Klinik in Houston im Bundesstaat Texas. Erst einen Tag zuvor war seine Frau Barbara beerdigt worden. Sie war im Alter von 92 Jahren gestorben.
Syrien: UN fordert mehr Geld für humanitäre Hilfe ein
BRÜSSEL (epd) - Die Vereinten Nationen haben zu neuen Hilfen für die Opfer des Syrien-Krieges aufgerufen. Während die Zahl der Menschen in akuter Not weiter steige, „haben die UN ihre Mittel, um darauf zu reagieren, erschöpft“, sagte UN-Hilfskoordinator Mark Lowcock am Dienstag zum Auftakt einer zweitägigen Syrien-Geberkonferenz in Brüssel. Die Vereinten Nationen und ihre humanitären Partner erwarteten 3,5 Milliarden US-Dollar (rund 2,9 Milliarden Euro) in diesem Jahr, um 13 Millionen Syrern lebensrettende Hilfe und Schutz zu spenden, sagte UNUntergeneralsekretär Lowcock. Von dieser Summe sei erst knapp ein Viertel eingegangen.
Trumps Kandidat Pompeo nimmt wichtige Hürde
WASHINGTON (dpa) - Der von Präsident Donald Trump für das Amt des US-Außenministers nominierte CIA-Chef Mike Pompeo hat eine wichtige Hürde im Senat genommen. Der Auswärtige Ausschuss empfahl dem Senat am Montag mit hauchdünner Mehrheit, Trumps Personalvorschlag zu akzeptieren. Damit ist der Weg für den scheidenden CIA-Direktor und früheren Kongressabgeordneten als Nachfolger des entlassenen Rex Tillerson geebnet. Der Senat wird voraussichtlich am Donnerstag über Pompeo abstimmen.
Iran droht Israel mit „Bestrafung“
TEHERAN (dpa) - Der Iran hat Vergeltung für den israelischen Raketenangriff auf den Militärflugplatz T4 nahe Homs in Syrien angedroht. Dabei waren Anfang April angeblich sieben iranische Soldaten getötet worden. „Die Strafe ist definitiv, wann und wo werden wir aber noch bestimmen“, sagte Ali Schamchani, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats. Ein Regime, das ein souveränes Land illegal angreife und dabei auch Soldaten, die dort legal gegen Terroristen kämpften, töte, muss laut Schamchani mit Konsequenzen rechnen.