Geschäftsführer handeln arg blauäugig
Bewährungsstrafen wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung, Bankrott und Veruntreuung
SPAICHINGEN - Wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung, Bankrott und Veruntreuung von nicht abgeführten Sozialbeiträgen in sechsstelliger Höhe haben sich die beiden Geschäftsführer einer Handwerksfirma im Raum Spaichingen vor dem Amtsgericht verantworten müssen. Den Vorwurf des Bankrotts wegen nicht erstellter Bilanz behandelte der Anklagevertreter großzügig, da sich der verantwortliche kaufmännische Leiter auf „Unkenntnis“der Gesetzeslage berufen hat. Das Urteil fiel milde aus: Beide bekamen Bewährungsund Geldstrafen.
Beide Angeklagten gaben zum Auftakt der Verhandlung unumwunden zu, dass sie bis zuletzt glaubten, das „Rad noch herum reißen“zu können, obwohl sich die finanzielle Schieflage schon jahrelang abgezeichnet hatte. Erst im Mai 2017 habe man erkannt, „dass die Katze den Baum hinauf“sei. Der jüngere Bruder, der den kaufmännischen Teil des bundesweit tätigen Betriebs leitete, hatte wohl ziemlich blauäugig darauf gehofft, dass die säumigen Kunden die Rechnungen voll bezahlen würden.
Hier hakte die Richterin nach, was wohl der Grund für die schlechte Zahlungsmoral im Baugewerbe sei; der Angeklagte sagte, dass öfter angebliche Baumängel zu den Außenständen geführt hätten. Und weil die Banken bei einer Kreditaufnahme den Darlehenszweck wissen wollten, habe man für die Begleichung der Krankenkassenforderungen keine Schulden aufgenommen.
Ziemlich verworren stellte sich das bisherige Firmenkonstrukt dar. Die Geschäftsführer hatten eine Kommanditgesellschaft und eine GmbH parallel nebeneinander her betrieben. Dabei diente die GmbH als eine Art Subunternehmen, welches von der KG ihre Aufträge bekam. Allerdings konnten weder das Gericht noch der Insolvenzverwalter die unprofessionelle Buchführungspraxis der beiden Betriebe erhellen. Denn in den meisten Fällen erfolgten die finanziellen Transaktionen pauschal ohne ordnungsgemäße Belege und Rechnungen. Und weil die GmbH beinahe keine Vermögenswerte hatte, waren die versuchten Pfändungen der Gerichtsvollzieherin erfolglos. Obwohl der Insolvenzverwalter mit dem kaufmännischen Geschäftsführer schon im August 2016 über die Möglichkeit eines eigenen Insolvenzantrags gesprochen hatte, steckten die Brüder offensichtlich ihre „Köpfe in den Sand“. Und so spitzte sich die Situation immer mehr zu bis zur Zahlungsunfähigkeit.
Der Staatsanwalt beantragte gegen das Duo differenzierte Freiheitsstrafen und Geldbußen, verbunden mit der kritischen Frage nach der Fähigkeit in der kaufmännischen Betriebsfortführung.
Die beiden Verteidiger plädierten für ein mildes Urteil, denn die Angeklagten seien bisher ohne ein Vorstrafenregister, hätten mit dem Insolvenzverwalter kooperiert, die Löhne für die Beschäftigten weiter bezahlt und bereits ein fünf Jahre dauerndes Verbot in der Geschäftsführung erhalten. Günstige Sozialprognose Im Urteil berücksichtigte die Richterin auch die günstige Sozialprognose und stufte die Veruntreuungen, die Insolvenzverschleppung und den Bankrott wegen der Nichtbilanzierung als nur fahrlässige Taten ein: Für den älteren Bruder, der viel auf Baustellen unterwegs ist, gab es eine zehnmonatige Freiheitsstrafe mit einer Geldbuße von 3000 Euro, für den Kaufmann eine einjährige Freiheitsstrafe mit derselben Geldstrafe, wobei die Freiheitsstrafen jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Gegen das verhängte Urteil ist Revision möglich, die Gerichtskosten sind von den Verurteilten zu tragen.