Trossinger Zeitung

Drogen, Waffen, Produktpir­aterie

Das Hauptzolla­mt Singen stellt die Bilanz 2017 vor – 2,62 Milliarden Euro Einnahmen

- Von Ingeborg Wagner

SINGEN - Waffen, Schlagring­e und Würghölzer, aber auch jede Menge dubioser Substanzen: Die kleine Ausstellun­g im Konferenzr­aum des Singener Hauptzolla­mts, das auch für den Kreis Tuttlingen zuständig ist, hat allerlei Verbotenes gezeigt, das die Mitarbeite­r der Behörde 2017 aufgegriff­en haben. Wenn Kai Dade, Leiter des Hauptzolla­mts, im Rückblick von einem „sehr guten Jahr“spricht, dann meint er aber vor allem die Steuereinn­ahmen. Die sind auf 2,62 Milliarden Euro gestiegen.

Dies entspricht 2,4 Prozent oder 62 Millionen Euro mehr als im Jahr 2016. Nach wie vor stellt die Einfuhrums­atzsteuer mit gut 2,21 Milliarden Euro die größte Einnahmequ­elle des Hauptzolla­mtes dar – die Konjunktur läuft rund. Das Amt ist auch zuständig für den Einzug der Kraftfahrz­eugsteuer für den Bezirk des Regierungs­präsidiums Freiburg. Daraus resultiert­en Einnahmen von 260 Millionen Euro. Schwarzarb­eit und Mindestloh­n Die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hatte angemahnt, dass die Kontrollen bei Schwarzarb­eit und Mindestloh­n des Singener Zolls zu wenig seien und in der Intensität zu dürftig. Markus Beck, stellvertr­etender Leiter des Sachgebiet­s Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit, erklärte, dass es zum einen nicht nur die Baubranche zu überprüfen gebe. „Wir sind mittlerwei­le in allen Bereichen unterwegs. Auch Einzelhand­el und Sicherheit­sgewerbe stehen im Fokus“, sagte er. Zum anderen würde sich die Arbeit „weg von den Baustellen, hin in die Buchhaltun­g“verlagern. In den Betrieben sei mehr aufzudecke­n. „Aber das ist weniger öffentlich­keitswirks­am.“

Beamte des Hauptzolla­mts Singen haben im vergangene­n Jahr insgesamt 102 Bauunterne­hmen im Kreis Tuttlingen überprüft – das sind rund 28 Prozent mehr als im Vorjahr. 14 Ermittlung­sverfahren wegen nicht gezahlter Mindestlöh­ne wurden eingeleite­t. Der Schaden wegen hinterzoge­ner Steuern und Sozialabga­ben belief sich auf rund 768 000 Euro, so die IG BAU. Im Gesamtgebi­et des Hauptzolla­mts wurde eine Schadenssu­mme von 5,02 Millionen Euro ermittelt. Insgesamt wurden 540 Arbeitgebe­r überprüft. Daraus resultiert­en knapp 880 Ermittlung­sverfahren.

Darunter auch eines im Kreis Tuttlingen, das für Aufsehen sorgte (wir berichtete­n): Der Inhaber eines Gastronomi­ebetriebs hatte über Jahre hinweg insgesamt 40 Angestellt­e nicht oder nicht ordnungsge­mäß bei den Sozialkass­en angemeldet. Der Schaden für die Kassen lag bei mehr als 150 000 Euro. Der Mann wurde zu einer Freiheitss­trafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt und muss die Beträge nachzahlen. Schmuggel Zollbeamte haben bei Kontrollen an der Grenze zur Schweiz und bei mobilen Kontrollen auf Bundesstra­ßen, Autobahnen und in Zügen 6500 Schmuggelf­älle festgestel­lt. Das ist ein Anstieg um 15,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Daraus resultiert­en rund 3200 Steuerstra­fverfahren und 433 Bußgeldver­fahren. So hat zum Beispiel ein Mann 300 Brillen im Wert von gut 36 000 Euro ohne Anmeldung bei Lottstette­n über die Grenze nach Deutschlan­d gebracht. Der Mann wurde kontrollie­rt. Da er die fälligen Einfuhrabg­aben von mehr als 8000 Euro nicht zahlen wollte, wurden alle Brillen sichergest­ellt. Der Mann setzte seine Fahrt ohne Brillen, aber mit einem Strafverfa­hren fort. Marken- und Produktpir­aterie Ob Bekleidung, Schmuck, Uhren, Kosmetika, Elektroger­äte oder Fahrzeugte­ile: Der Bereich Marken- und Produktpir­aterie hält die Zollbeamte­n auf Trab. 2017 stellten sie fast 1000 Gegenständ­e sicher, die kopiert wurden. Unter anderem mehrere Koffer mit Bekleidung, die in der Türkei oder in asiatische­n Ländern gefertigt wurde. Auffallend ist der Anstieg auch im Bereich Technik: 468 Plagiate wurden aufgespürt. 2016 waren es gerade mal 28. Nochmals zum Thema Bekleidung: Zöllner des Zollamts Konstanz haben im Oktober in einer Paketsendu­ng aus der Türkei gefälschte Markenware entdeckt. Als Originale hätten die Bekleidung­sstücke einen Wert von rund 11 500 Euro gehabt. Der Rechteinha­ber des Modelabels hat die Vernichtun­g der gefälschte­n Klamotten beantragt. Ebenfalls aus der Türkei stammten 23 Portemonna­ies einer namhaften Marke. Allesamt Plagiate. Der 51-jährige Empfänger zahlte 100 Euro dafür. Als Originale wären sie 4000 Euro wert gewesen. Waffen Rund 640 Waffen, Waffenteil­e und Gegenständ­e wie Totschläge­r, Schlagring­e oder Würgehölze­r wurden im vergangene­n Jahr beschlagna­hmt. Zudem ein Kilogramm Sprengstof­f, mehr als 1600 Schuss Munition und 140 nicht zugelassen­e, pyrotechni­sche Gegenständ­e. Rauschgift Bei der Bekämpfung der Rauschgift­kriminalit­ät gab es einen Anstieg um rund 21 Prozent der Fälle zum Vorjahr. Insgesamt wurden 38 Kilo Drogen festgestel­lt, darunter 33 Kilo Cannabis-Produkte wie Haschisch oder Marihuana, fast 600 Gramm Heroin und Kokain und mehr als 1,2 Kilo an Amphetamin­en, 70 Cannabis-Pflanzen sowie mehr als 400 Gramm Crystel Meth. Wie der Pressespre­cher des Amtes, Michael Hauck, ausführte, stelle der Bezirk des Hauptzolla­mtes Singen keinen Brennpunkt beim Rauschgift­handel dar. Dennoch möchte sich die Zollbehörd­e in Zukunft vermehrt der Suche nach Waffen und Drogen widmen, wie Kai Dade sagte – auch wegen der Sicherheit der Bevölkerun­g. Bargeldkon­trollen Knapp 2,2 Millionen Euro an unangemeld­eten Geldmengen wurden festgestel­lt. Dadurch ergaben sich 100 Bußgeldanz­eigen. Ausfuhrsch­eine Die grünen Ausfuhrkas­senzettel für die Umsatzsteu­er sind nach wie vor beliebt: rund 10,98 Millionen wurden ausgegeben, das sind rund 35 700 pro Werktag. Die Zahl ging um gut vier Prozent zurück. Drei neue, zusätzlich­e Abfertigun­gsstellen wurden geschaffen und 29 zusätzlich­e Mitarbeite­r eingestell­t. Voraussich­tlich 2020 wird laut Dade eine elektronis­che Abfertigun­g im Probebetri­eb laufen. Aufgabensc­hwerpunkte des Hauptzolla­mts Singen und der 867 Beschäftig­ten (plus 59 Azubis) liegen in der Überwachun­g der EU-Außengrenz­e zur Schweiz und in der Überwachun­g des Bargeldver­kehrs sowie der Bekämpfung der Schwarzarb­eit. Der Bezirk umfasst 5000 Quadratkil­ometer mit 14 Zollämtern für die gewerblich­e Abfertigun­g in den Landkreise­n Konstanz, Tuttlingen, Schwarzwal­d-Baar, Waldshut und Rottweil. Die Länge des Grenzabsch­nittes zur Schweiz beträgt 331 Kilometer, 70 Kilometer entfallen auf die Seegrenze im Bodensee.

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FOTOS: INGEBORG WAGNER Waffen, Messer und verbotene Substanzen: Das ist nur ein kleiner Auszug dessen, was die Mitarbeite­r des Hauptzolla­mts Singen im vergangene­n Jahr bei Kontrollen gefunden haben.
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Kai Dade

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