Ende für den Echo
Musikpreis wird nach Eklat abgeschafft – Neuanfang mit neuen Regeln geplant
BERLIN (dpa/dg) - Aus für den Echo. Den Musikpreis wird es nach dem Eklat um die Ehrung für die Rapper Kollegah und Farid Bang nicht mehr geben. Das teilte der Bundesverband Musikindustrie am Mittwoch in Berlin mit. Er reagierte damit auf die Empörung über die Preisvergabe an das als antisemitisch kritisierte RapAlbum „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“.
Die Marke Echo sei so stark beschädigt worden, dass ein vollständiger Neuanfang notwendig sei, heißt es in der Mitteilung des Verbandes. Das ziehe auch eine Neuaufstellung beim Echo Klassik und beim Echo Jazz nach sich. Die anstehenden JazzPreise sollen am 31. Mai in Hamburg in kleinerem Kreis ohne TV-Inszenierung verliehen werden. Keine Plattform bieten Deutschland brauche als drittgrößter Musikmarkt der Welt „zur genreund generationsübergreifenden Auszeichnung von Künstlerinnen und Künstlern“weiterhin „Musikpreise mit Leuchtturm-Charakter“. Man wolle jedoch keinesfalls, dass dieser Musikpreis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen werde.
Das um die Echo-Verleihung herum Geschehene, wofür der Vorstand sich entschuldigt habe, könne zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, man werde aber dafür sorgen, dass sich ein solcher Fehler in Zukunft nicht wiederhole, heißt es in der Mitteilung des Verbandes.
Nach der umstrittenen Echo-Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang hatten zahlreiche Musiker ihre Echos zurückgegeben – darunter Stardirigent Daniel Barenboim und Sänger Marius MüllerWesternhagen. Das Album der Rapper enthält Textzeilen wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“und „Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow“. Bei der EchoGala in Berlin hatte Sänger Campino von den Toten Hosen auf der Bühne angeprangert, dass eine Grenze überschritten worden sei. Ein EchoSponsor sprang ab.
Die Bertelsmann Music Group (BMG) hat sich inzwischen von den Rappern Farid Bang und Kollegah getrennt. Das geht aus einer aktuellen Erklärung der Bertelsmann-Tochter hervor. In der vergangenen Woche hatte BMG noch angekündigt, die Zusammenarbeit mit den Rappern vorerst ruhen zu lassen.
Der Deutsche Musikpreis Echo wurde seit dem Jahr 1992 verliehen. Die Gewinner wurden überwiegend auf Grundlage ihrer verkauften Alben ermittelt. Der Bundesverband Musikindustrie erklärte, für einen Neuanfang habe der Vorstand bereits erste konkrete Schritte benannt. Er werde die drei Preise in eine eigene Struktur überführen.
„Im Zuge dessen werden auch die bisher involvierten Gremien ihre Tätigkeit einstellen. Die Kriterien der Nominierung und Preisvergabe werden dabei vollständig verändert.“Wie beim Echo Klassik und Echo Jazz, die von Beginn an reine JuryPreise gewesen seien, solle beim neuen Musikpreis auch für den Popbereich die Jury stärker in den Vordergrund rücken.
„Das ist ein richtiger Schritt“, sagt Matze Ihring, Musikchef bei Radio 7, zur „Schwäbischen Zeitung“. Ihring war zuletzt selber in der Jury für den Echo, allerdings nicht für die Kategorie Hip-Hop/Urban National, in der die Rapper geehrt wurden. Der Echo, so Ihring, sei zwar eine tolle Veranstaltung mit tollen Auftritten gewesen. „Der Preis hat aber immer auch ein Geschmäckle gehabt, weil er sich lange ausschließlich und zuletzt vorwiegend an Verkaufszahlen orientiert hat“, sagt der Radio-7-Musikchef. Wird den Einschätzungen von Branchenexperten künftig mehr Gewicht zuteil, so Ihring, könnte ein neuer Preis auch die nötige Glaubwürdigkeit erreichen.