Weiße Baumwollhandschuhe, vierte WM
Schiedsrichter Marcel Eckardt ist der einzige Deutsche bei den Snooker-Titelkämpfen
SHEFFIELD (dpa) - Marcel Eckardt ist ohne Queue zur Snooker-Weltmeisterschaft nach England gereist. Der 28-Jährige aus Gera ist der einzige Deutsche, der am Turnier teilnimmt. Doch seine wichtigsten Gepäckstücke sind andere: „Was ich auf keinen Fall vergessen sollte, sind mein Anzug, mein Dinner-Jacket, weiße Baumwollhandschuhe – und mein Schiedsrichter-Dreieck.“
Der junge Snooker-Referee aus Thüringen ist dieses Jahr zum vierten Mal bei der WM dabei, hat also schon etwas Erfahrung gesammelt, obwohl er auch weiterhin bei den meisten Turnieren der jüngste Spielleiter ist. „Die Schiedsrichter bekommen in Deutschland eine sehr gute Ausbildung“, sagt Marc Eckardt. „Das unterscheidet sich zu anderen nationalen Verbänden.“
Bei den Spielern sieht das dagegen völlig anders aus. Snooker ist in Deutschland eine Randsportart – und wer sich dennoch für das komplexe und knifflige Spiel an den mehr als drei Meter langen Tischen begeistert, findet keine guten Trainingsmöglichkeiten vor. Die im Vergleich zum Poolbillard riesigen Tische sind sperrig und teuer, der Zugang zum Schulsport ist höchstens ein kühner Traum.
Außerdem sei Snooker vor allem für Anfänger sehr frustrierend, sagt Michael John, Präsident der Deutschen Billard Union: „Man sieht lange gar keinen Erfolg.“Dafür ist das Spiel mit den 21 Bällen zu sehr von Präzision und von taktischer Finesse geprägt.
Johns Verband schätzt, dass es derzeit rund 750 aktive Spieler in Deutschland gibt. Snooker macht damit nur einen sehr kleinen Anteil des Verbands aus. Pool ist in Deutschland weitaus beliebter. Gerade mal fünf Prozent der Billardspieler spielen die Variante Snooker. In der 1. Bundesliga spielen derzeit exakt sieben Teams. Das Interesse vor dem Fernseher ist da schon deutlich größer: Rund 190 000 Zuschauer haben etwa am Montag die WM-Übertragung bei Eurosport verfolgt.
Die deutsche Hoffnung unter den Spielern ist Lukas Kleckers. Der 21-Jährige hatte sich im vergangenen Jahr für die Main Tour der Profis qualifiziert. Seitdem kämpft er darum, auch langfristig auf der Tour bleiben zu können. Bisher läuft das aber alles andere als erfolgreich: Bei den meisten Turnieren verlor er bereits seine Erstrundenpartie. Auch in der WMQualifikation musste er sich, gleich in der ersten Begegnung, dem Thailänder Sunny Akani klar mit 4:10 geschlagen geben.
Also vertreten seit Jahren höchstens die Schiedsrichter die deutschen Farben im Crucible Theatre zu Sheffield. Marcel Eckardt hat es auf diesem Weg schon bis ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft geschafft. Seit acht Jahren leitet der Student nun schon Spiele der Profis. „Ich hatte inzwischen jeden sicher mehr als 20-mal am Tisch und bin bisher mit allen gut klar gekommen.“