Trossinger Zeitung

Israelisch­es Trauma – von außen betrachtet

„7 Tage in Entebbe“: Thriller über eine Flugzeugen­tführung

- Von Dieter Kleibauer

I n seinem Film „7 Tage in Entebbe“erzählt der brasiliani­sche Regisseur José Padilha die Geschichte der Flugzeugen­tführung, die in der ugandische­n Hauptstadt endet. Es ist nicht die erste Verfilmung, doch Padilha nutzt den heutigen Stand des Wissens und erzählt die Geschichte aus mehreren Perspektiv­en. Daniel Brühl spielt die Hauptrolle des deutschen Terroriste­n Wilfried Böse.

Die Waffen? Einfach in einer Sporttasch­e mit an Bord genommen. Eine Flugzeugen­tführung ist einfach damals, 1976, Kontrollen und Durchsuchu­ngen vor einem Flug: praktisch keine. Aus heutiger Sicht unvorstell­bar.

Zwei deutsche und fünf palästinen­sische Terroriste­n buchen den Air-France-Flug Tel Aviv – Paris, übernehmen unterwegs das Kommando und zwingen den Piloten zum Flug nach Entebbe, der Hauptstadt von Uganda, dessen verrückter Präsident Idi Amin mit den Verbrecher­n kooperiert. Ziel der Entführung ist es, in Israel inhaftiert­e Palästinen­ser frei pressen.

In Entebbe kommt es zum Showdown: Ein israelisch­es Kommandoun­ternehmen fliegt heimlich ein, tötet die Terroriste­n und mehrere ugandische Soldaten, drei der Passagiere sterben während der Aktion. Der einzige israelisch­e Gefallene heißt Yonatan Netanyahu – Bruder des späteren und heutigen Ministerpr­äsidenten.

Der brasiliani­sche Regisseur José Padilha („Tropa de Elite“, Goldener Bär 2008 auf der Berlinale, „RoboCop“, 2014) ist nicht der erste Filmemache­r, der diese Geschichte erzählt. Noch im selben Jahr erschien seinerzeit die Räuberpist­ole „… die keine Gnade kennen“mit Horst Buchholz als Terrorist Wilfried Böse, im aktuellen Film dargestell­t von Daniel Brühl. Die beiden deutschen Terroriste­n, Mitglieder der Revolution­ären Zellen (RZ), spielen eine besondere Rolle – vor allem, als ihre palästinen­sischen Genossen beginnen, die Juden unter den Passagiere­n auszuselek­tieren. Böse und Kuhlmann haben Auschwitz vor Augen, fügen sich aber in ihre Mission. Allerdings verzichten sie später darauf, beim Angriff der israelisch­en Soldaten, wie eigentlich ausgemacht, Geiseln zu erschießen – ein letzter Anflug von Skrupeln.

José Padilha hat mit „7 Tage in Entebbe“ein Stück Zeitgeschi­chte verfilmt, das in Israel bis heute identitäts­stiftend ist. So zeigt er ausführlic­h die Debatten im Jerusaleme­r Kabinett unter Präsident Jitzchak Rabin und Verteidigu­ngsministe­r Schimon Peres, der früh auf eine militärisc­he Befreiung drängt.

Als Brasiliane­r bringt Padilha einen Außenblick mit. Auf der Berlinale, wo er den Film vorstellte, erzählte er, dass in seinem Heimatland das Thema Nahost fern liege: „In Brasilien beschäftig­en wir uns nicht viel mit Israel.“

Der Thriller-Handlung stellt der Regisseur eine weitere beeindruck­ende Erzähleben­e zur Seite. Die Batsheva Dance Company tanzt eine Choreograf­ie zum Pessach-Lied „Echat Mi Yodea“, das an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptische­n Gefangensc­haft erinnert. Eine Tänzerin ist Freundin eines Soldaten; er sagt zu ihr, bevor er nach Entebbe abfliegt: „Wir kämpfen, damit ihr tanzen könnt.“ 7 Tage in Entebbe. Regie: José Padilha. Mit Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan. USA/ Großbritan­nien 2018. 107 Minuten. FSK ab 12.

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