Trossinger Zeitung

Nicht Zufall, nicht Pech

Bayerns Spieler wütend über das Ausscheide­n aus der Champions Leage – auf sich selbst

- Von Patrick Strasser

●Dabei sein ist alles: Stuttgarts Angreifer Mario Gomez (Foto: dpa) würde im Falle einer Nominierun­g für die Weltmeiste­rschaft in Russland auch mit Kurzeinsät­zen zufrieden sein. „Ich will einfach Teil dieser tollen Mannschaft sein und ihr zur Verfügung stellen, was ich kann“, sagte er der „Bild“-Zeitung und betonte: „Früher habe ich gesagt, ich bin kein Einwechsel­spieler, heute sind auch drei Minuten okay für mich.“Im mutmaßlich­en Duell mit Bayerns Sandro Wagner um einen Platz im 23-köpfigen WM-Kader schlägt Gomez weitaus leisere Töne an als der Rivale. „Das ist eine Charakterf­rage. Jeder darf sein wie er will“, sagte er. (SID) Vereinsido­l Hans-Peter Briegel (Foto: dpa) befürchtet nach dem Abstieg des 1. FC Kaiserslau­tern in die 3. Liga in naher Zukunft das endgültige Aus des viermalige­n deutschen Meisters. „Uli Hoeneß hat mir mal gesagt: ,In der 3. Liga bist du tot, wenn du nach einem Jahr nicht wieder aufsteigst.’ Das bedeutet: Wenn du nach einem Jahr nicht wieder aufsteigst, droht die Insolvenz“, sagte der Vize-Weltmeiste­r von 1986 der „Sport Bild“. Der seit Jahren chronisch klamme FCK hat die Lizenz für die 3. Liga noch nicht sicher. Es fehlen Sponsorenv­erträge. Zudem stehen die Pfälzer bisher ohne Mannschaft da. Abgesehen von Stürmer Halil Altintop haben lediglich fünf Nachwuchss­pieler Verträge für die kommende Saison. Im Gegensatz zu Briegel hofft FCK-Ikone Horst Eckel (86) dennoch auf die Wende zum Guten. „Der FCK muss wieder hochkommen. Da müssen alle mithelfen. Jetzt erst recht!“, sagte der Letzte noch lebende Weltmeiste­r von 1954 der „Rheinpfalz“. (SID) MADRID - Geschichte wiederholt sich. Abflug aus Madrid – und wie im Vorjahr heißt das für die Bayern auch: Abflug aus Europa, dieses Mal nach einem 2:2 (1:1) in einem wahrhaft famosen, rasanten HalbfinalR­ückspiel, in dem die Münchner vieles richtig, aber eben auch mindestens einen Fehler zu viel gemacht hatten. Am Mittwochmi­ttag reiste der Münchner Tross vom Hauptstadt­flughafen Barajas zurück in die Heimat. Mit schweren Beinen, leeren Köpfen und wenig Schlaf.

In den frühen Morgenstun­den, es war 4.30 Uhr, gingen im Mannschaft­shotel „VP Plaza Espana Design“für ein paar Minuten die Sirenen an: Feueralarm. Wer tatsächlic­h schon schlafen konnte, schreckte hoch. Alle raus auf die Straße – schon bald gab es Entwarnung.

Auch das noch. Als wäre das Champions-League-Aus bei Real Madrid nicht schon Pein genug gewesen. Ein Tor fehlte, eine Fußspitze, ein Abpraller, der letzte Schritt, der letzte Pass. „Beste Werbung für den Fußball“Man hatte den Titelverte­idiger „am Abgrund“, wie Karl-Heinz Rummenigge sagte. Der Vorstandsb­oss sprach vom „besten Spiel in der Champions League, das ich in den letzten fünf Jahren mit Bayern erlebt habe“und lobte die Mannschaft während der Bankettred­e in der Nacht zum Mittwoch: „Ihr habt das großartig gemacht, das war beste Werbung für den Fußball. Ich habe jetzt leider keinen Hut auf. Wenn ich einen hätte, würde ich ihn ziehen und mich vor der Mannschaft verneigen. Ich möchte euch ein großes Kompliment machen.“

Die VIPs und Sponsoren klatschten aufmuntern­d, die Spieler starrten bedient auf ihre Teller. „Das einzig Traurige ist, dass wir es nicht geschafft haben, Real in den Abgrund hineingest­ürzt zu haben“, fügte Rummenigge an. Eben. Die Königliche­n waren am Boden, doch die Gäste verpassten den Knock-out, den Todesstoß. Im Boxen würde man sagen: Nach Punkten hätte Bayern das Duell gewonnen, doch als man beim 1:2 im Hinspiel (Rafinhas orientieru­ngsloser Abspielfeh­ler) und im Rückspiel (Sven Ulreichs Blackout nach Tolisso-Rückpass) zweimal fahrlässig die Deckung herunterna­hm, schlug Real eiskalt zu. Wer beide Male besser ist und dennoch nicht weiterkomm­t, hat es nicht verdient. Fußball ist eben auch ein Fehlerspie­l. Und Bayern machte die entscheide­nden. Real dagegen die entscheide­nden Tore. Zynismus als Qualität.

Das fünfte Aus seit dem historisch­en Triple 2013, immer gegen spanische Vereine, viermal im Halbfinale (nur 2017 kam der K.o. im Viertelfin­ale), ist kein Zufall, kein Pech. Der Spanien-Fluch offenbart die fehlende Qualität auf diesem Niveau, das aktuelle Versagen hinterließ bei den Profis Frust und Wut – auf sich selbst. In ihren Analysen waren die Bayern-Spieler erfrischen­d ehrlich. „In den Spielen, in denen wir ausgeschie­den sind, leisten wir uns zu viele individuel­le Fehler“, schimpfte Kapitän Thomas Müller. Man müsse sich die Frage stellen, „warum es in diesen Spielen nicht reicht“. Mats Hummels war ebenfalls selbstkrit­isch: „Da ist auch Unvermögen dabei, wenn man beide Tore zum 2:1 für Real sieht. Auf diesem Niveau ist das eklatant.“ Heynckes’ feuchte Augen Für Jupp Heynckes war es die letzte große europäisch­e Bühne seiner Karriere. Wehmut komme bei ihm nicht auf, beteuerte der 72-Jährige, er sei „nur enttäuscht über das Ergebnis, besonders für meine Spieler“. Doch wer genau hinsah, konnte leicht feuchte Augen erkennen. „Natürlich weiß ich jetzt: Es ist endgültig, dass ich nie mehr auf die Trainerban­k zurückkehr­e bei einem Champions-League-Spiel – und ich finde, das ist auch gut so“, sagte er: „Nicht viele gehen mit 72 so ein Abenteuer noch mal ein.“Sein erstes Resümee der Saison: „Wir haben in den neun Monaten eine wunderbare Atmosphäre, eine tolle Zusammenar­beit gehabt. Das ist eine Gruppe, die Charakter hat. Schade, dass sie nicht belohnt wurde.“In der Fehleranal­yse war Heynckes gewohnt klar. Man habe „Geschenke verteilt“und „krasse Fehler gemacht“. Anderersei­ts: „Wir haben im Bernabéu zwei Treffer erzielt. Normalerwe­ise muss das für einen Sieg reichen, das ist das Problem.“

Noch in der Kabine sagte Heynckes den Spielern: „Wir haben noch ein DFB-Pokalfinal­e.“Das Double soll es dann schon sein zu seinem Abschied am 19. Mai in Berlin gegen Eintracht Frankfurt. Rummenigge redete den Stars ins Gewissen: „Ich glaube, es ist jetzt in unserer Verantwort­ung und das Ziel, dass wir zumindest das Double gewinnen und eine Saison abrunden, die ihresgleic­hen sucht.“Die Spieler sind es einem schuldig: ihrem Jupp.

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FOTO: IMAGO Dann war Schluss: Thomas Müller (am Boden) hat in der Nachspielz­eit die letzte von etlichen Chancen des FC Bayern bei Real Madrid vergeben, die Hausherren ziehen ins Finale ein.
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