Nicht Zufall, nicht Pech
Bayerns Spieler wütend über das Ausscheiden aus der Champions Leage – auf sich selbst
●Dabei sein ist alles: Stuttgarts Angreifer Mario Gomez (Foto: dpa) würde im Falle einer Nominierung für die Weltmeisterschaft in Russland auch mit Kurzeinsätzen zufrieden sein. „Ich will einfach Teil dieser tollen Mannschaft sein und ihr zur Verfügung stellen, was ich kann“, sagte er der „Bild“-Zeitung und betonte: „Früher habe ich gesagt, ich bin kein Einwechselspieler, heute sind auch drei Minuten okay für mich.“Im mutmaßlichen Duell mit Bayerns Sandro Wagner um einen Platz im 23-köpfigen WM-Kader schlägt Gomez weitaus leisere Töne an als der Rivale. „Das ist eine Charakterfrage. Jeder darf sein wie er will“, sagte er. (SID) Vereinsidol Hans-Peter Briegel (Foto: dpa) befürchtet nach dem Abstieg des 1. FC Kaiserslautern in die 3. Liga in naher Zukunft das endgültige Aus des viermaligen deutschen Meisters. „Uli Hoeneß hat mir mal gesagt: ,In der 3. Liga bist du tot, wenn du nach einem Jahr nicht wieder aufsteigst.’ Das bedeutet: Wenn du nach einem Jahr nicht wieder aufsteigst, droht die Insolvenz“, sagte der Vize-Weltmeister von 1986 der „Sport Bild“. Der seit Jahren chronisch klamme FCK hat die Lizenz für die 3. Liga noch nicht sicher. Es fehlen Sponsorenverträge. Zudem stehen die Pfälzer bisher ohne Mannschaft da. Abgesehen von Stürmer Halil Altintop haben lediglich fünf Nachwuchsspieler Verträge für die kommende Saison. Im Gegensatz zu Briegel hofft FCK-Ikone Horst Eckel (86) dennoch auf die Wende zum Guten. „Der FCK muss wieder hochkommen. Da müssen alle mithelfen. Jetzt erst recht!“, sagte der Letzte noch lebende Weltmeister von 1954 der „Rheinpfalz“. (SID) MADRID - Geschichte wiederholt sich. Abflug aus Madrid – und wie im Vorjahr heißt das für die Bayern auch: Abflug aus Europa, dieses Mal nach einem 2:2 (1:1) in einem wahrhaft famosen, rasanten HalbfinalRückspiel, in dem die Münchner vieles richtig, aber eben auch mindestens einen Fehler zu viel gemacht hatten. Am Mittwochmittag reiste der Münchner Tross vom Hauptstadtflughafen Barajas zurück in die Heimat. Mit schweren Beinen, leeren Köpfen und wenig Schlaf.
In den frühen Morgenstunden, es war 4.30 Uhr, gingen im Mannschaftshotel „VP Plaza Espana Design“für ein paar Minuten die Sirenen an: Feueralarm. Wer tatsächlich schon schlafen konnte, schreckte hoch. Alle raus auf die Straße – schon bald gab es Entwarnung.
Auch das noch. Als wäre das Champions-League-Aus bei Real Madrid nicht schon Pein genug gewesen. Ein Tor fehlte, eine Fußspitze, ein Abpraller, der letzte Schritt, der letzte Pass. „Beste Werbung für den Fußball“Man hatte den Titelverteidiger „am Abgrund“, wie Karl-Heinz Rummenigge sagte. Der Vorstandsboss sprach vom „besten Spiel in der Champions League, das ich in den letzten fünf Jahren mit Bayern erlebt habe“und lobte die Mannschaft während der Bankettrede in der Nacht zum Mittwoch: „Ihr habt das großartig gemacht, das war beste Werbung für den Fußball. Ich habe jetzt leider keinen Hut auf. Wenn ich einen hätte, würde ich ihn ziehen und mich vor der Mannschaft verneigen. Ich möchte euch ein großes Kompliment machen.“
Die VIPs und Sponsoren klatschten aufmunternd, die Spieler starrten bedient auf ihre Teller. „Das einzig Traurige ist, dass wir es nicht geschafft haben, Real in den Abgrund hineingestürzt zu haben“, fügte Rummenigge an. Eben. Die Königlichen waren am Boden, doch die Gäste verpassten den Knock-out, den Todesstoß. Im Boxen würde man sagen: Nach Punkten hätte Bayern das Duell gewonnen, doch als man beim 1:2 im Hinspiel (Rafinhas orientierungsloser Abspielfehler) und im Rückspiel (Sven Ulreichs Blackout nach Tolisso-Rückpass) zweimal fahrlässig die Deckung herunternahm, schlug Real eiskalt zu. Wer beide Male besser ist und dennoch nicht weiterkommt, hat es nicht verdient. Fußball ist eben auch ein Fehlerspiel. Und Bayern machte die entscheidenden. Real dagegen die entscheidenden Tore. Zynismus als Qualität.
Das fünfte Aus seit dem historischen Triple 2013, immer gegen spanische Vereine, viermal im Halbfinale (nur 2017 kam der K.o. im Viertelfinale), ist kein Zufall, kein Pech. Der Spanien-Fluch offenbart die fehlende Qualität auf diesem Niveau, das aktuelle Versagen hinterließ bei den Profis Frust und Wut – auf sich selbst. In ihren Analysen waren die Bayern-Spieler erfrischend ehrlich. „In den Spielen, in denen wir ausgeschieden sind, leisten wir uns zu viele individuelle Fehler“, schimpfte Kapitän Thomas Müller. Man müsse sich die Frage stellen, „warum es in diesen Spielen nicht reicht“. Mats Hummels war ebenfalls selbstkritisch: „Da ist auch Unvermögen dabei, wenn man beide Tore zum 2:1 für Real sieht. Auf diesem Niveau ist das eklatant.“ Heynckes’ feuchte Augen Für Jupp Heynckes war es die letzte große europäische Bühne seiner Karriere. Wehmut komme bei ihm nicht auf, beteuerte der 72-Jährige, er sei „nur enttäuscht über das Ergebnis, besonders für meine Spieler“. Doch wer genau hinsah, konnte leicht feuchte Augen erkennen. „Natürlich weiß ich jetzt: Es ist endgültig, dass ich nie mehr auf die Trainerbank zurückkehre bei einem Champions-League-Spiel – und ich finde, das ist auch gut so“, sagte er: „Nicht viele gehen mit 72 so ein Abenteuer noch mal ein.“Sein erstes Resümee der Saison: „Wir haben in den neun Monaten eine wunderbare Atmosphäre, eine tolle Zusammenarbeit gehabt. Das ist eine Gruppe, die Charakter hat. Schade, dass sie nicht belohnt wurde.“In der Fehleranalyse war Heynckes gewohnt klar. Man habe „Geschenke verteilt“und „krasse Fehler gemacht“. Andererseits: „Wir haben im Bernabéu zwei Treffer erzielt. Normalerweise muss das für einen Sieg reichen, das ist das Problem.“
Noch in der Kabine sagte Heynckes den Spielern: „Wir haben noch ein DFB-Pokalfinale.“Das Double soll es dann schon sein zu seinem Abschied am 19. Mai in Berlin gegen Eintracht Frankfurt. Rummenigge redete den Stars ins Gewissen: „Ich glaube, es ist jetzt in unserer Verantwortung und das Ziel, dass wir zumindest das Double gewinnen und eine Saison abrunden, die ihresgleichen sucht.“Die Spieler sind es einem schuldig: ihrem Jupp.