Wie immer China
Die deutschen Tischtennisspieler sind – auch aus Verletzungsgründen – im WM-Finale von Schweden chancenlos
HALMSTAD (dpa) - Am Ende lief alles wie immer. Die deutsche TischtennisNationalmannschaft spielte eine herausragende Team-Weltmeisterschaft – und war im Endspiel gegen den großen Favoriten China chancenlos. Ohne den angeschlagenen World-CupSieger Dimitrij Ovtcharov verloren Timo Boll, Ruwen Filus und Patrick Franziska am Sonntag gegen den Titelverteidiger und Olympiasieger mit 0:3. Die Chinesen gewannen im schwedischen Halmstad ihren neunten WM-Titel in Serie und den 21. WM-Titel insgesamt. Schon 2010, 2012 und 2014 hatten sie im Finale die deutsche Mannschaft geschlagen.
Das Endspiel war für die Deutschen quasi schon verloren, ehe es überhaupt richtig begann. Der Weltranglisten-Dritte Ovtcharov musste passen, weil Form und Trainingsrückstand nach seiner schmerzhaften Verletzung am Schenkelhals einen Einsatz nicht zuließen. Zu Beginn verlor der Weltranglisten-Zweite Boll dann mit 4:11, 8:11, 3:11 gegen den EinzelWeltmeister Ma Long. 20 Stunden zuvor hatte der 37-Jährige das deutsche Team mit zwei Siegen zum 3:2-Halbfinal-Erfolg gegen Südkorea überhaupt erst in dieses Endspiel gebracht.
Der für Ovtcharov ins Team gerückte Fuldaer Ruwen Filus hatte gegen den Weltranglisten-Ersten Fan Zhendong ebenfalls keine Chance (0:3). Franziska vom 1. FC Saarbrücken, der gegen Südkorea das entscheidende fünfte Match gewonnen hatte, holte zum Abschluss gegen Xu Xin immerhin einen Satz (1:3).
Um außer Japan oder Südkorea auch die Tischtennis-Weltmacht China schlagen zu können, kam das Turnier für die Deutschen zum falschen Zeitpunkt. Im Herbst 2017 hatten Ovtcharov und Boll die besten Chinesen noch besiegt und dadurch den World Cup, die China Open und die neue Asien-Pazifik-Liga T2 gewonnen. Genau in der Zeit, in der erst Ovtcharov und danach auch noch einmal Boll sogar vorübergehend zur Nummer 1 der Weltrangliste aufstiegen, änderten sich die Verhältnisse jedoch wieder. Die Deutschen bekamen Verletzungsprobleme, die Chinesen fanden zu alter Stärke zurück. Spätestens im WM-Finale rückten sie die Machtverhältnisse im Tischtennis wieder zurecht, im ganzen Turnier blieben sie ohne Matchverlust. „Wenn wir über das ganz große Ding sprechen, dann brauchen wir einen Ovtcharov in 100-prozentiger Form, einen Boll in 100-prozentiger Form und alle anderen in 100-prozentiger Form“, sagte Boll vor der WM. Genau das war am Sonntag nicht der Fall.
Trotzdem spielte die Mannschaft von Bundestrainer Jörg Roßkopf immer noch eine ganz starke WM – auch, wenn man ihre Leistungen mit denen anderer Top-Nationen vergleicht. Frankreich um den Ochsenhausener Simon Gauzy schied – allerdings extrem unglücklich aufgrund des Satzverhältnisses im Dreiervergleich mit Österreich und Kroatien – schon in der Vorrunde aus. Japan verlor in der Gruppenphase gegen England und im Viertelfinale dann gegen Südkorea. Die große Überraschung dagegen war Gastgeber Schweden, das mit den Düsseldorfer Youngsters Anton Källberg und Kristian Karlsson ins Halbfinale einzog. „Wir sind eine gesamte Einheit und stehen da, wo wir vor dem Turnier auch mindestens stehen wollten: im WM-Finale“, sagte Patrick Franziska vor dem Endspiel.
Dort aber war Endstation gegen ein Land, das nun seit 18 Jahren bei der WM ungeschlagen ist. Mit den Frauen, die ebenfalls ihr 21. Mannschaftsgold gewannen, feierten die Chinesen ihren 17. Doppelsieg der WM-Geschichte. Angesichts dieser einzigartigen Dominanz war von Enttäuschung im deutschen Lager kaum etwas zu spüren. Obwohl das DTTB-Team vor China an Position eins gesetzt war, glaubten nur die kühnsten Optimisten tatsächlich an einen Triumph.
Die Gelegenheiten dazu werden weniger, das Ende von Bolls großer Karriere rückt näher. Bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio wolle er auf jeden Fall weiterspielen, sagt Boll. Doch er muss damit rechnen, am letzten Level zu scheitern. Der Endgegner China dürfte unüberwindbar bleiben. Finale: China – Deutschland 3:0. - Ma - Boll 3:0 (11:4, 11:8, 11:3), Fan Filus 3:0 (11:4, 11:5, 11:4), Xu - Franziska 3:1 (9:11, 12:10, 11:7, 11:5); Halbfinale: Deutschland – Südkorea 3:2; Franziska - Lee 1:3 (11:5, 5:11, 8:11, 5:11), Boll - Jeoung 3:1 (12:10, 10:12, 11:4, 11:5), Ovtcharov Jang 0:3 (6:11, 5:11, 6:11), Boll - Lee 3:2 (9:11, 11:8, 3:11, 13:11, 12:10) Franziska - Jeoung 3:1 (11:6, 11:8, 4:11, 11:9); China – Schweden 3:0; Bronze: Südkorea und Schweden.