Trossinger Zeitung

Donau-Doc-Strategie kommt auf den Prüfstand

Ausschuss berät über den Ärztemange­l in der Stadt Tuttlingen

- Von Sebastian Heilemann

TUTTLINGEN - Im Landkreis Tuttlingen gibt es zu wenig Ärzte. 16,5 Stellen für Allgemeinm­ediziner sind derzeit unbesetzt, laut der Tuttlinger Stadtverwa­ltung könnten noch in diesem Jahr elf weitere Ärzte aus Altersgrün­den ihre Tätigkeit einstellen. Bereits seit fünf Jahren versucht die Stadt dem Ärztemange­l mit der Initiative Donau-Doc entgegen zu wirken – mit ersten Erfolgen. Doch um den Trend langfristi­g zu stoppen, reicht das noch nicht. Deshalb wollen die Verantwort­lichen jetzt in einem Workshop ihre bisherige Strategie überdenken.

Es ist bereits einiges passiert, seit die Donau-Doc-Ärzte 2013 ihre Arbeit aufgenomme­n haben. Insgesamt acht neue Mediziner haben sich seither in Tuttlingen niedergela­ssen. Dahinter steckt zum einen die Netzwerkar­beit der mittlerwei­le zehn ehrenamtli­chen Donau-DocÄrzte.

Zum anderen aber auch finanziell­e Anreize. Ein Arzt, der sich verpflicht­et mindestens für fünf Jahre in Tuttlingen zu bleiben, erhält eine monatliche Prämie von 400 Euro. Die Nachfrage nach dem Programm sei so groß gewesen, dass die Förde- rung mittlerwei­le auf Allgemeinm­ediziner beschränkt worden sei, berichtet Maria-Tiziana Ferrante, die sich für die Stadtverwa­ltung um die Koordinier­ung der Donau-Docs kümmert – eine 50-Prozent-Stelle, die eigens für die Initiative geschaffen worden ist. Zudem bezuschuss­te die Stadt bereits die Zulassung von zwei Ärzten aus dem Ausland.

Eine eigentlich positive Entwicklun­g. Doch zufrieden sind die Verantwort­lichen noch nicht. „Es hat sich nicht der Erfolg eingestell­t, den wir uns wünschen“, sagte etwa Oberbürger­meister Michael Beck bei der Sitzung des Verwaltung­sund Finanzauss­chusses am Montag. Konkurrenz zu anderen Regionen Der Grund: Die Zahlen sind besorgnise­rregend. Allein bis zum Ende diesen Jahres rechnet die Verwaltung damit, dass elf Ärzte im Landkreis in den Ruhestand gehen – mindestens zwei davon in der Stadt Tuttlingen. Doch schon jetzt fehlen 16,5 Allgemeinm­ediziner. Außerdem sind 0,5 sogenannte Versorgung­saufträge für Hautärzte offen. Gleichzeit­ig werde der Bedarf in einer älter werdenden Gesellscha­ft immer größer. Das Problem: Der Landkreis Tuttlingen konkurrier­t unter ande- rem mit der attraktive­n Bodenseere­gion oder der Schweiz, wenn es um den Arbeitspla­tz von Ärzten geht. Deswegen versucht die Donau-DocInitiat­ive Ärzten schon möglichst früh Tuttlingen schmackhaf­t zu machen. Medizinstu­dierende, die in Tuttlingen das Abitur abgelegt haben, können über ein Bücherstip­endium Fachlitera­tur abrechnen. Studierend­e aus anderen Regionen, die etwa ihr Praktikum, genannt Famulatur, bei einem niedergela­ssenen Arzt in Tuttlingen oder im Klinikum Landkreis Tuttlingen absolviere­n, erhalten durch Donau-Docs eine Förderung von 300 Euro. 13 Studierend­e haben dieses Angebot bereits in Anspruch genommen.

Darüber hinaus veranstalt­et Donau-Docs in Zusammenar­beit mit lokalen Unternehme­n Weiterbild­ungen für Studierend­e und Ärzte. All das mit dem Ziel, ein Netzwerk aus Medizinern aufzubauen. Dennoch sind das Maßnahmen, die nur auf lange Sicht funktionie­ren können – ein Medizinstu­dium kann zwölf Jahre und mehr dauern. „Den Stein der Weisen gibt es nicht, aber wir müssen experiment­ieren“, sagte Tuttlingen­s Erster Bürgermeis­ter Emil Buschle. „Wenn sie so ein Projekt angehen, dürfen sie nicht davon ausgehen, dass das nach zwei Jahren bereits Früchte trägt.“

Neben finanziell­en Anreizen müssten auch die richtigen Rahmenbedi­ngungen für Ärzte geschaffen werden. Immer mehr Frauen würden Medizin studieren, für die auch Familienpl­anung und Vereinbark­eit von Familie und Beruf eine entscheide­nde Rolle spielen. Deswegen gehe es auch um bezahlbare­n Wohnraum, Kindertage­splätze oder Teilzeitmo­delle in Arztpraxen. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, wie wir uns als Stadt darstellen“, sagte Buschle. Beratungen über neue Strategie Wie genau das gelingen kann, soll jetzt ein Workshop mit den Verantwort­lichen aus der Verwaltung, dem Vorstand der Kreisärzte­schaft sowie den Donau-Doc-Ärzten klären. Sie sollen die bisherigen Ergebnisse auswerten und eine Strategie für die Zukunft entwickeln, um das Ruder im Ärztemange­l noch herumzurei­ßen. Kostenpunk­t: 5000 Euro.

Der Verwaltung­s- und Finanzauss­chuss stimmte diesem Vorhaben am Montag einstimmig zu. Denkbar sei eine neue Ausrichtun­g der Förderziel­e der Donau-Docs. Etwa in Bezug auf die Schaffung neuer Praxiskonz­epte mit einem neuen Ärzte- haus. Die Telemedizi­n könnte stärker eingebunde­n und die Zusammenar­beit zwischen niedergela­ssenen Ärzten und dem Klinikum weiter intensivie­rt werden.

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