Terzett lässt seinen Gefühlen freien Lauf
Studenten der Trossinger Hochschule glänzen bei „Kultur & Klinik“
SPAICHINGEN - Was sich hinter dem Konzerttitel „B&B“verbirgt, löst Dr. Albrecht Dapp, der Organisator der Reihe „Kultur & Klinik“, schon bei der Begrüßung zum Konzert am Sonntagabend auf: Neben einem Klarinetten-Trio von Ludwig van Beethoven gibt’s in der Kapelle des Gesundheitszentrums Spaichingen heute ein zweites Klarinettentrio von Wilhelm Berger.
Dass die Musik des deutschen Komponisten, Pianisten und Dirigenten Wilhelm Berger (1861 – 1911) nach dessen frühem Tod schlichtweg in einem langen Dornröschenschlaf vergessen wurde, ist jammerschade. Denn Berger ist ein verkanntes Genie. Eine gute Portion seiner Geniali- tät lässt sein „Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 94“aufblitzen. Die drei Master-Studenten der Trossinger Hochschule für Musik Emerald Sun (Klarinette) aus China, Martin Roberts (Violoncello), geboren in Neuseeland und aufgewachsen in Frankreich, sowie Stefanie Ruth Berger (Klavier) aus Wehr (Baden) ließen mit ihrem kongenialen Spiel die Bergersche Komposition in vier Sätzen in all ihren Facetten glänzen.
Den langen ersten Satz gehen die drei Musiker betont leidenschaftlich an, geben sich mit ihren Instrumenten den spätromantischen, teilweise dissonanten Harmonien hin, die stark nach Brahms und ein bisschen auch nach Reger klingen. Auch in den drei nächsten kürzeren Sätzen lässt das Musiker-Terzett seinen Gefühlen freien Lauf, schwelgt in ständiger Dynamik zwischen heftigen Eruptionen und kurzen Ruhephasen. Nicht umsonst setzt Wilhelm Berger „con passione“(mit Leidenschaft) und „con fuoco“(mit Feuer) in die Bezeichnungen des dritten und vierten Satzes. Und die drei spielen in seinem Sinne mit geballter Energie bis zum furiosen Ende.
Das andere B gehört Beethovens „Trio B-Dur op. 11“, das als „Gassenhauer-Trio“in die Musikgeschichte eingegangen ist. Auch hier gehen die drei Musiker mit viel Biss zu Werke, schließlich hat auch der große Meister ein „con brio“(mit Schwung, Lebhaftigkeit und Feuer) als Vorgabe für die Interpretation vorgegeben. Nach den Sätzen eins und zwei, die ihrerseits schon ein Füllhorn an Beethovenschen Ideen in virtuosem Tonfall beinhalten, und die die drei mit Empathie über ihre Zuhörer ausschütten, wartet man gespannt auf den dritten Satz mit dem Gassenhauer, der dem Trio einst seinen Namen gab. Ein reißerisch-freches Thema gibt den Anstoß zu neun eigenwilligen Variationen, wo eine Überraschung die nächste jagt. Die Melodie stammt aus der Oper „L’amor marinaro“(Der Korsar aus Liebe) von Joseph Weigl, einem erfolgreichen Zeitgenossen Beethovens.
Interessant fällt das Fazit einiger Musikfreunde aus, die sich nach dem Konzert über das soeben Erlebte unterhalten. Sie zeigten sich so fasziniert von der geballten Leidenschaft, die Berger in sein Trio gepackt hat, dass sie sein Werk dem Beethovenschen Gassenhauer vorziehen.