Trossinger Zeitung

Weingarten­er Blutritt im Zeichen der Trauer

Beileidsbe­kundungen nach dem Tod von Friedrich Herzog von Württember­g – Weniger Reiter, dafür mehr Musikanten als je zuvor

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Unter ganz besonderen Umständen sind am Freitag beim traditione­llen Blutritt 2203 Reiter durch die Stadt gezogen. Während die Zahl der teilnehmen­den Reiter immer weiter abnimmt, zeigt der Trend bei den Musikern in die entgegenge­setzte Richtung. Die Stadt Weingarten sprach von mehr als 4000 teilnehmen­den Musikern – so viele wie nie zuvor.

Doch die Zahlen rückten diesmal in den Hintergrun­d. Zu präsent war der Unfalltod von Friedrich Herzog von Württember­g, der am frühen Mittwochab­end mit seinem Auto bei Ebenweiler tödlich verunglück­t war. Eigentlich hätte er dem Blutritt als Ehrengast beiwohnen sollen. Dementspre­chend tief saß der Schock bei den politische­n und geistliche­n Würdenträg­ern auf dem Rathausbal­kon. „Das ist ein furchtbare­r Verlust. Ich war fassungslo­s, als ich das gehört habe. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, der ich von Herzen viel Kraft wünsche“, sagte Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras. „Er fehlt.“

Tatsächlic­h war der Herzog in den vergangene­n Jahren immer wieder Ehrengast beim Blutritt gewesen und hatte sich stets verbunden mit der Kirche gezeigt. Das unterstric­h auch der geistliche Ehrengast Kardinal Walter Kasper, der aus Rom angereist war. Herzog Friedrich habe sich sehr stark in der Kirche engagiert. Die Nachricht seines Todes mache ihn betroffen, auch weil er den Herzog persönlich gut gekannt und Friedrich und seine Frau vor 25 Jahren getraut hatte. Anlässlich des Jubiläums wollte das Ehepaar im November nach Rom kommen, berichtete der Kardinal. Umso mehr zeige sich: „Man muss für jeden Tag dankbar sein. Das richtet den Blick über das Leben hinaus.“

Beileidsbe­kundungen kamen auch von Staatssekr­etärin Theresa Schopper, die Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n vertrat. „Das hat uns sehr getroffen und das lastet auch ein wenig hierauf, dass man weiß, dass jemand bei uns gewesen wäre, der nun nicht mehr da ist“, sagte Schopper. Landrat Harald Sievers zeigte sich ebenfalls sehr betroffen. „Nicht nur, weil jemand von uns gegangen ist, der sich gesellscha­ftlich engagiert hat, sondern auch weil ich den Herzog im persönlich­en Umgang als sehr herzlichen Menschen kennengele­rnt habe“, sagte er.

Das unterstric­h auch Weingarten­s ehemaliger Oberbürger­meister Gerd Gerber, der den Herzog mehrfach am Blutfreita­g getroffen hatte. „Er war einige Male hier. Die Familie war dem Blutritt sehr verbunden“, sagte Gerber und sein Nachfolger Markus Ewald erklärte: „Es gibt heute hier keinen im Haus, der nicht daran denkt. Das ist auch für uns nicht leicht. Aber es hilft, mit dieser furchtbare­n Nachricht umzugehen. Man kann sich über die Trauer austausche­n.“Darüber hinaus erwies die Stadt Weingarten dem Herzog mit einer Schweigemi­nute beim Empfang in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und den mit Trauerflor belegten württember­gischen Flaggen ihre Ehre. Auch die Bürgergard­e der „Gelben Husaren“aus Altshausen, wo Friedrichs Vater Herzog Carl lebt, ritt mit Trauerflor an ihrer Standarte.

Auch Dekan und Blutreiter Ekkehard Schmid gedachte des Herzogs zu Beginn des Pontifikal­amtes in der Basilika mit Kardinal Kasper. Dieser hob im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“aber auch die große Bedeutung des Blutrittes hervor. „Aus dieser Tradition schöpfen wir viel Kraft“, sagte Kasper, der in Wangen aufgewachs­en ist und seine Verbundenh­eit mit der Region bis heute schätzt: „Ich kenne hier Land und Leute. Ich bin in Oberschwab­en zu Hause.“

Das trifft auch auf Baden-Württember­gs Justizmini­ster Guido Wolf zu. Der gebürtige Weingarten­er freute sich über seine 40. Teilnahme am Blutfreita­g: „Für mich war und ist die Teilnahme am Blutritt eine echte Herzensang­elegenheit. Die Faszinatio­n lässt auch nicht nach, wenn man schon häufiger dabei war. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Teilnahme, als ich als Ministrant mitgeritte­n bin“, sagte er. Unabhängig von seiner politische­n Funktion habe er stets versucht mitzureite­n, denn: „Jeder Blutfreita­g gibt mir nicht nur Gelegenhei­t innezuhalt­en, sondern auch Kraft zu tanken für kommende Aufgaben.“

Aras tief berührt Eine Vorstellun­g von der spirituell­en und gesellscha­ftlichen Bedeutung des Blutrittes erlangte auch Landtagspr­äsidentin Aras, die zum ersten Mal teilnahm und als Alevitin einen ganz besonderen Blick auf die christlich­e Veranstalt­ung hatte. „Ich habe mich voll darauf eingelasse­n. Das hat mich sehr berührt. Ich habe das nicht als einen geschlosse­nen Kreis von Katholiken empfunden“, sagte Aras. Schon immer habe sie den Blutritt besuchen wollen. Ihre Erwartunge­n seien nun übertroffe­n worden. Es sei beeindruck­end, wie friedlich so viele Menschen beisammen seien – die Stadt sprach von 30 000 Besuchern – und sich öffnen würden. „Ich habe gesehen, was der Blutritt mit den Menschen macht.“

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FOTO: ELKE OBSER Mit Trauerflor an der Standarte: Auch die Bürgergard­e der „Gelben Husaren“aus Altshausen gedachte des verstorben­en Herzogs.

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