Reminiszenzen an eine Bewegung
Ausstellung erinnert an Hermann Schittenhelm und die Akkordeon-Orchesterbewegung
TROSSINGEN (pm) - Unter dem Titel „Wer musiziert hat mehr vom Leben – Die Akkordeon-Orchesterbewegung“widmen sich das Deutsche Harmonikamuseum in einer Sonderausstellung vom 18. Mai bis 7. Oktober einem Massenphänomen aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, das sich bis heute auswirkt: der Akkordeon-Orchesterbewegung.
Anlass für die Sonderschau ist der 125. Geburtstag des Akkordeonvirtuosen Hermann Schittenhelm aus Boll bei Oberndorf. Über Jahrzehnte hinweg war er der Star der Szene, Gründer und Dirigent des vorbildhaften Hohner-Akkordeon-Orchesters 1927, kurz: die Galionsfigur der Orchesterbewegung.
„Wer musiziert hat mehr vom Leben“– Diesen Slogan nutzte die Matth. Hohner AG in den Jahren um 1930. „…wer Hohner spielt greift nie daneben“wurde in Spielerkreisen spöttisch ergänzt.
Tatsächlich entwickelte sich gegen Ende der 1920er-Jahre die bereits vorhandene Beliebtheit des Handharmonika-Spiels in der Gruppe zu einem Massenphänomen, zunächst in der Schweiz und im Südwesten Deutschlands, dann aber – von der Hohner-Propaganda mächtig befeuert – auch weit darüber hinaus. Die Euphorie hielt Jahrzehnte lang an und hatte einen Namen: Hermann Schittenhelm (1893-1979).
Am 10. September 2018 wäre der in Boll bei Oberndorf aufgewachsene Vollblutmusiker 125 Jahre alt geworden. Dieses Jubiläum bietet den Anlass, die rund hundertjährige Orchesterbewegung näher zu beleuchten. Gallionsfigur einer Massenbewegung Bisher ungehobene Schätze – aus dem Nachlass Schittenhelms und aus dem Fotoarchiv des Museums – werden erstmals präsentiert. Sie untermauern die Rolle des höchst populären Meisterspielers Schittenhelm als Galionsfigur einer Massenbewegung mit tausenden von Orchestern. Als Virtuose, Gründer und Dirigent des Hohner-Orchesters 1927 überstrahlte der volkstümliche Schwarzwälder die besten Jahrzehnte der Orchesterbewegung. Er und sein „Schittenhelm-Orchester" waren „Werbelokomotive" und Vorbild für viele.
Die Ausstellung behandelt jedoch nicht nur die langen Blütezeiten, sondern auch den Wandel der Szene seit dem Ende des Massenphänomens Akkordeon-Orchester.
Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten, speziell seit der Jahrtausendwende, geändert. Die Orchesterszene lebt, ist aber nach und nach kleiner geworden. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde sie von der Trossinger Firma Hohner stark dominiert.
Unabhängig geworden, behauptet sich derDHV(Deuts ch er–Harmonikav er band) als zweitgrößter Laien musik verband in Deutschland bestens und entfaltet im 21. Jahrhundert neue Initiativen.
Die Vernissage zur Ausstellung findet am Donnerstag, 17. Mai, um 19.30 Uhr im Saal der Tanz-und Musikschule Trossingen, Löhrstraße 32, statt. Die Vernissage wird musikalisch mitgestaltet vom Hohner-Akkordeon-Orchester 1927 unter der Leitung von Johannes Baumann.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag sowie an Sonn- und Feiertagen, 13.30 – 17 Uhr; Pfingstmontag, 21. Mai, 11 – 17 Uhr: Kaffeebewirtung mit Live-Musik.