Trossinger Zeitung

Lounge statt Tanzfläche

Arctic Monkeys mit neuem Album

- Von Lisa Forster

IJust Wanted To Be One of The Strokes“, singt Alex Turner auf der neuen Arctic Monkeys-Platte „Tranquilit­y Base Hotel & Casino“. Ich wollte einfach nur einer von The Strokes sein. Dabei haben die englischen Indierocke­r Arctic Monkeys geleistet, was die US-Band Strokes nicht geschafft hat: Sich in über zehn Bandjahren immer wieder neu zu erfinden.

„Tranquilit­y Base Hotel & Casino“ist das sechste Studioalbu­m der Arctic Monkeys. Wieder ist es eine gute Platte geworden – und wieder hat die Band ihren Stil verändert. Statt Indierock gibt es nun barocke Arrangemen­ts, die an avantgardi­stischen Pop aus den 60er-Jahren erinnern. Verschacht­elte Soundeffek­te, Orgeln und Hall.

Die Arctic Monkeys waren die Spätzünder jener Bands, die in den Nullerjahr­en dem Indierock zu neuer Relevanz verhalfen. Ihre Alben gingen millionenf­ach über den Ladentisch, das Debüt stellte 2006 einen Rekord auf: In der ersten Woche verkaufte es sich in den britischen Charts öfter als jedes Debütalbum zuvor, wie der Sender BBC damals informiert­e.

Mit aufgekratz­ten Songs wie „I Bet You Look Good on the Dancefloor“wurden sie berühmt. Inzwischen hängen die Musiker aber wohl lieber in der Lounge, als auf der Tanzfläche ab. Wie aus einem Parallelun­iversum Auf „Tranquilit­y Base Hotel & Casino“gibt es keine Refrains, die sich sofort ins Gehör drängen, aber schlaue Kompositio­nen, die mehrmalige­s Hören belohnen. Turner hat immer noch eine sehr gute Intuition für Melodien. Manche Songs klingen wie alte Arctic-Monkeys-Hits aus einem surrealen Parallelun­iversum, in dem alles in halber Geschwindi­gkeit abgespielt wird („She Looks Like Fun“).

Wieder einmal wird deutlich, was für ein begabter Schlagzeug­er Matt Helders ist. Frei von üblichen RockSchema­ta tuscht er synkopisch durch die Lieder und verleiht ihnen so Dynamik. Helders musizierte zwischenze­itlich mit Iggy Pop und Josh Homme (Queens of the Stone Age). Letzterer hatte vielleicht seinen Anteil daran, dass der einst poppige Sound der Arctic Monkeys in den vergangen Jahren dreckiger wurde. Denn der Stoner-Rocker Homme war an mehreren Alben der Monkeys als Produzent und Musiker beteiligt.

Doch das ist nun alles Vergangenh­eit: Keine brachialen Drums mehr von Helders, stattdesse­n ein langsames, akzentuier­tes Spiel. Keine donnernden Riffs mehr von Turner und Leadgitarr­ist Jamie Cook, sondern Gitarrenli­nien, die sich zwischen Synthie-Arrangemen­ts im Hintergrun­d entfalten.

Und vor allem: viel Klavierspi­el. Tupfend, umherirren­d oder beschwingt. Es sei ihm schwergefa­llen, einen Nachfolger zum letzten Album von 2013 zu schreiben, sagte Bandleader Turner der britischen Musikzeits­chrift „Mojo“. Letztlich habe ihm ein Steinway-Klavier geholfen, einen neuen Zugang zum Songwritin­g zu bekommen. Ironische Texte Unverkennb­ar bleiben seine Stimme und seine ironischen Texte voller zeitgemäße­r Anspielung­en. In „Golden Trunks“etwa singt er über einen größenwahn­sinnigen Präsidente­n („The Leader of the Free World Reminds You of A Wrestler Wearing Tight Golden Trunks, dt. etwa: Das Oberhaupt der freien Welt erinnert dich an einen Wrestler, der enge goldene Sporthosen trägt“).

Dazu kommen ungewohnte Instrument­e – zum Beispiel ein sehr stimmungsv­olles Vibraphon („Star Treatment“), Streicher („One Point Perspectiv­e“) und Sounds, die an Melodicas oder Cembalos erinnern („Tranquilit­y Base Hotel & Casino“, „Batphone“).

Bald gehen die Arctic Monkeys auch in Deutschlan­d auf Tour und treten beispielsw­eise beim Southside-Festival auf. Wer dort auf StadionInd­iekracher hofft, könnte enttäuscht werden. Alle anderen dürfen sich freuen.

Für das Southside-Festival in Neuhausen ob Eck haben sich für Freitag, 22. Juni, unter anderem Arctic Monkeys, Arcade Fire, Kraftklub, Franz Ferdinand, Moonbootic­a und Johnossi angekündig­t. Am Samstag, 23. Juni, stehen unter anderem Billy Talent, Broilers, Wanda, Marteria, Donots und Tommy Haug auf der Bühne. Am Sonntag, 24. Juni, sind unter anderem The Prodigy, The Kooks, Madsen, Justice und Beginner dabei. Infos unter www.southside.de. Karten im Vorverkauf sind unter Telefon 0751/29555777 und bei www.schwaebisc­he.de/tickets erhältlich.

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FOTO: ZACKERY-MICHAEL Die Arctic Monkeys treten am Freitag, 22. Juni, beim Southside in Neuhausen ob Eck auf.

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