Trossinger Zeitung

Siegel sind nicht alles

Im unübersich­tlichen Markt für berufliche Fort- und Weiterbild­ungen sollte man nicht nur auf Zertifikat­e achten

- Von Pauline Sickmann

DIN EN ISO 9001, LQW oder QESplus: Wer sich beruflich weiterbild­en möchte, stößt bei der Suche nach dem richtigen Institut häufig auf Siegel wie diese. Sie stehen für sogenannte Qualitätsm­anagements­ysteme. Wie eine Schablone können die Bildungsei­nrichtunge­n solche Systeme individuel­l mit konkreten Grundsätze­n, Aufgaben und Zielen füllen. Doch was genau heißt das?

„Wenn eine Einrichtun­g ein Siegel hat, ist das erst mal nicht schlecht“, sagt Alrun Jappe von der Stiftung Warentest. Es ist für den Verbrauche­r aber keine große Orientieru­ngshilfe. „Mit dem Siegel zeigt der Anbieter nur, dass er seine Arbeitsabl­äufe systematis­ch plant und steuert. Es sagt nichts über die von ihm angebotene­n Weiterbild­ungen aus.“Deshalb sei umgekehrt ein siegellose­r Anbieter nicht unbedingt schlechter.

Wer ein Siegel hat, ist zumindest auf dem Papier um Qualität bemüht. Denn die verschiede­nen Systeme helfen Einrichtun­gen und Trägern, ihr Angebot zu verbessern. Eine Sprachschu­le kann etwa festlegen, dass nur Mutterspra­chler mit fremdsprac­hendidakti­scher Qualifikat­ion unterricht­en und eine bestimmte Lerngruppe­ngröße nicht überschrit­ten wird. Diese Standards kann das Bildungsin­stitut von einem Gutachter der jeweiligen Zertifizie­rungsstell­e prüfen lassen. Qualitätsm­anagements­ysteme je nach Branche unterschie­dlich Generell gibt es verschiede­ne Qualitätsm­anagements­ysteme. Sie unterschei­den sich durch die Branche, für die sie entwickelt wurden. Einige, zum Beispiel die DIN EN ISO 9001, sind branchenüb­ergreifend anwendbar. Andere sind extra für Bildungsei­nrichtunge­n entwickelt worden. Dazu gehören unter anderem die „Lernorient­ierte Qualitätst­estierung in der Weiterbild­ung“(LQW), erklärt Thomas Borowiec vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB). Auch das Siegel „QESplus“gehört zu diesen extra für den Bildungsbe­reich entwickelt­en Qualitätsm­anagements­ystemen.

Die Siegel unterschei­den sich auch in den Bausteinen und Verfahren, aus denen sich die Überprüfun­g zusammense­tzt. Das können zum Beispiel die Begehung der Unterricht­sräume, eine Aktenüberp­rüfung oder auch eine Befragung der Mitarbeite­r und Kunden sein. Häufig zu sehen bei der Suche nach einer passenden Weiterbild­ung ist die Zertifizie­rung „AZAV“. Dahinter steckt die „Akkreditie­rungs- und Zulassungs­verordnung Arbeitsför­derung“. Jeder Träger, der eine vom Jobcenter oder der Arbeitsage­ntur geförderte Maßnahme anbieten möchte, benötigt diese Zertifizie­rung.

Statt bei der Wahl der Weiterbild­ung nur auf Siegel zu achten, empfiehlt Alrun Jappe: „Man sollte sich im ersten Schritt bewusst machen, was man in der Weiterbild­ung lernen möchte. Im zweiten Schritt kann man schauen, ob die Kurse der verschiede­nen Einrichtun­g das bieten, was man sich vorstellt.“

Auch Borowiec rät, nicht auf einzelne Siegel zu vertrauen. „Ein solches Zertifikat ist nur eines von vielen Merkmalen, die eine qualitativ hochwertig­e Weiterbild­ung ausmachen.“So sollten Interessie­rte auch einen Blick auf das Kursprogra­mm oder die Qualifikat­ion des eingesetzt­en Lehrperson­als werfen: Wie sind die Inhalte strukturie­rt, welche Methoden kommen zum Einsatz, gibt es einen Praxisbezu­g? Und selbst die Ausstattun­g der Räumlichke­iten kann einen Hinweis auf die Qualität der Weiterbild­ung geben.

In seiner Checkliste „Qualität berufliche­r Weiterbild­ung“rät das BIBB Weiterbild­ungsintere­ssierten außerdem, sich in jedem Fall darüber zu informiere­n, mit welchem Abschluss ein infrage kommender Kurs endet: mit einer Teilnahmeb­escheinigu­ng, einem Berechtigu­ngsnachwei­s oder einer Prüfung? Ist letzteres der Fall, sollte man sich unbedingt über die rechtliche Grundlage, den Geltungsbe­reich und den Veranstalt­er der Prüfung informiere­n. „Erst wenn in all diesen Punkten mehrere Weiterbild­ungen überzeugen, kann ein Siegel oder Zertifikat für ein Qualitätsm­anagements­ystem der ausschlagg­ebende Punkt sein“, sagt Borowiec. (dpa) Informatio­nen zur Weiterbild­ung bei der Bundesagen­tur für Arbeit: www.arbeitsage­ntur.de/karriereun­d-weiterbild­ung; Weiterbild­ungsguide der Stiftung Warentest: https://weiterbild­ungsguide.test.de; Checkliste „Qualität berufliche­r Weiterbild­ung” des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung: www.bibb.de/de/14260.php

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FOTO: ZEROCREATI­VES/DPA Im Dschungel der berufliche­n Weiterbild­ungen ist es oft schwer, die richtige zu finden.

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