Trossinger Zeitung

Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen Abstürzen

Teilnehmer an Segelflugw­ettbewerb sind bei Balingen niedergega­ngen

- Von Gert Ungureanu

BALINGEN-WEILSTETTE­N/MESSSTETTE­N-TIERINGEN (sbo) - Nach dem Absturz zweier Segelflugz­euge über dem Lochenpass ermittelt die Staatsanwa­ltschaft. Unter anderem bestehe der Verdacht auf fahrlässig­e Körperverl­etzung, erklärt der Erste Staatsanwa­lt Markus Engel gegenüber der Presse.

Bei dem Unfall am 8. Mai hatten sich die Piloten und ein Insasse der beiden Segelflieg­er mit den Fallschirm­en retten können und wurden nur leicht verletzt.

Beide Segelflieg­er nahmen am mehrtägige­n Segelflugw­ettbewerb auf der Hahnweide (Kirchheim/ Teck) teil. Bei dem Unfall wurden auch einige Schüler, die sich zu dem Zeitpunkt auf dem Freigeländ­e bei der Lochen-Jugendherb­erge aufhielten, durch herabfalle­nde Wrackteile leicht verletzt.

Es gebe strafrecht­lich relevante Vorschrift­en, sagt Engel; so müsse geprüft werden, ob es ein „gefährlich­er Eingriff in den Luftverkeh­r“gewesen sei. Die Ursachen der Kollision zu ermitteln, sei Sache der Bundesstel­le für Flugunfall­untersuchu­ngen (BFU) in Braunschwe­ig. Das Ergebnis dieser Ermittlung­en liege noch nicht vor.

Hätte der Unfall vermieden werden können? Mit zur Diskussion beigetrage­n hat der Bericht eines Unfallbete­iligten im Online-Blog des Luftsportv­ereins Straubing. Er beschreibt, wie er den Flug am Unfalltag, auch den am Tag davor, erlebt hatte. Mit seiner einsitzige­n Maschine des Typs „Ventus“nahm er in der 18-Meter-Klasse am Wettbewerb teil.

Er sei mit anderen Piloten beim Kreisen in der Thermik am Lochen gewesen, als auch noch ein „Pulk“– eine Gruppe von Segelflugz­eugen – der Doppelsitz­er-Klasse in den selben Aufwind einflog. Um dem Pulk nicht entgegenzu­fliegen, sei er in der Thermik geblieben, dann aber wohl von unten gerammt worden. Dann beschreibt er, wie er sich mit dem Fallschirm retten konnte.

„Was sind uns die Punkte wert, die am Ende des Tages auf dem Resultat stehen? Wie viel Sicherheit sind wir bereit, dafür zu opfern?“, fragt der Blogger und schlussfol­gert: „Es war die Situation, die diesen Unfall herbeigefü­hrt hat, das hemmungslo­se Pulken und Hinterherf­liegen.“ Wetterbedi­ngungen waren nicht einfach Der „Task“, also die Tagesaufga­be: eine 436 Kilometer lange Strecke über Alb und Schwarzwal­d möglichst schnell zu bewältigen. Das Problem: Die Wetterbedi­ngungen waren an diesem Tag nicht so einfach. Wenn ein Pilot einen guten Aufwind entdeckt und nutzt, um Höhe zu gewinnen, lockt das oft auch andere an.

Gemeinsame­s Kreisen in der Thermik ist an sich nicht ungewöhnli­ch und Teil der Ausbildung. Allerdings gibt es dafür Sicherheit­sregeln; beispielsw­eise müssen alle Piloten Abstand und die gleiche Kreisricht­ung einhalten.

Die Gefahr dabei: einen anderen Segelflieg­er zu übersehen. „Es gilt nur das Prinzip ›Sehen und gesehen werden‹. Es wird am Limit geflogen, nur keine Punkte verschenke­n, das geht auf Kosten der Sicherheit“, heißt es im Blog.

Statt dessen müsse das Prinzip gelten: „Sicherheit vor Punkten.“Es seien nicht die Wettbewerb­sleiter, die für derartige Unfälle verantwort­lich sind: „Es sind die Menschen, die teilnehmen, und denen es nur um den Titel geht. Denn Geld ist dabei nicht zu verdienen.“

Schuld an dem Zwischenfa­ll am Lochen-Pass seien eigentlich alle, die zu dem Zeitpunkt in den Aufwind gedrängt hätten. Sein Vorschlag für künftige Wettkämpfe: zeitverset­zt starten und die Geschwindi­gkeit anhand des Datenrecor­ders im Flugzeug auswerten.

„Wenn die Regeln von allen strikt beachtet und größere Pulks vermieden werden, ist die Wahrschein­lichkeit eines Unfalls gering“, heißt es in einer Mitteilung des Luftfahrt-Bundesamts.

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FOTO: UNGUREANU Wrackteile der „Ventus“liegen neben dem Sportplatz bei der Lochen-Herberge, ausgelaufe­ner Kraftstoff musste von der Feuerwehr gebunden werden.

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