Eine digitale Strategie für Spaichingen
Gewerbe- und Handelsverein macht mit bei Ideenwettbewerb für lokale Online-Marktplätze
SPAICHINGEN - Der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) Spaichingen will fortan voll auf die digitale Schiene setzen. Das war die Quintessenz der gut besuchten Generalversammlung am Donnerstagabend im Gasthaus „Engel“. Citymanagerin Simone Stoffel stellte das Projekt „Spaichingen goes digital“vor, bei dem Geschäftsleute, Stadtverwaltung, Vereine und Unternehmen an einem Strang ziehen sollen.
Geradezu euphorisch wirkte Stoffel bei der Präsentation der „potenziellen Möglichkeiten mit dem Ziel, den Standort Spaichingen zu stärken“. Benötigt werde eine „gemeinsame Plattform“mit den Zielgruppen Einwohner, Besucher, Arbeitnehmer und Unternehmer. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir zusammen etwas digital aufbauen“, sagte die Citymanagerin. Sie denkt an eine Plattform mit einer Mischung aus Information und Unterhaltung, auf der Unternehmen etwa mit Videoclips für sich werben oder einen Geschäftsumzug kommunizieren, Fachgeschäfte und Freibad ihre Öffnungszeiten präsentieren oder Online-Bezahlsysteme verankert werden – um nur einige der Ideen zu nennen.
Partner, die der GHV gewinnen wolle, seien Stadt, Ärzte, Vereine, Gastronomen, Industrie, Handwerk sowie Handel/Dienstleistung. Mit der Initiative bewerbe man sich um die Teilnahme an einem Ideenwettbewerb des Landes für lokale Online-Marktplätze, bei der im Herbst Modell-Kommunen ausgewählt werden. Für Mitglieder organisiert der GHV im Herbst mit der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg eine Schulungsreihe: Bei der können diese lernen, wie sie einen eigenen Webauftritt gestalten, Filme mit dem Smartphone drehen oder bei Facebook posten. Frage der Finanzierung ist noch offen „Natürlich kostet das Geld“, sagte GHV-Vorsitzender Hermann Früh. Etwa für denjenigen, der sich um den Online-Auftritt kümmert. „Der GHV ist bereit, dieses Geld zu investieren – aber wir bräuchten auch die Stadt.“Der Verein will wegen der Finanzierung nun in die Diskussion mit Stadtverwaltung und Gemeinderat einsteigen. Ein Begriff, der bei der Präsentation nicht einmal fiel, war übrigens „Datenschutz“.
Beim Blick in die Vergangenheit vor rund 40 Zuhörern, darunter neben Geschäftsleuten einige Gemeinderäte, vermeldete Früh ein Defizit von 4200 Euro beim letztjährigen „Winterzauber“. Zu wenige Händler hätten sich beteiligt, etwa bei Bandenwerbung und Flyern. „Wir haben überlegt, ob wir den Winterzauber weitermachen – ich erwarte vom Einzelhandel, dass dieses Jahr mehr mitmachen.“Stoffel nannte einen weiteren Grund für geschrumpfte Einnahmen: „Wir verdienen nichts mehr am Verleihen von Schlittschuhen, weil inzwischen alle Spaichinger Kinder welche haben“. Allein dies sei doch „Verpflichtung weiterzumachen“, scherzte Früh.
Neu im Programm hat der GHV einen „Unternehmerstammtisch“: Mit der Premiere am 28. Juni auf dem Dreifaltigkeitsberg will der stabil 132 Mitglieder zählende Verein laut Früh eine „Plattform zum Austausch schaffen“– ganz analog.
Rund 4000 Besucher seien zum Weihnachtsmarkt 2017 gekommen, 2500 Leute hätten auf der Eisbahn ihre Runden gedreht, berichtete Stoffel. 35 000 Euro seien 2017 durch den Spaichinger Geschenkgutschein eingenommen worden, insgesamt nun knapp 100 000 Euro in gut drei Jahren. Kassierer Rainer Kübler berichtete von einer „guten Vermögenslage“des Gewerbevereins – das Guthaben liege seit Jahren zwischen 50 000 und 60 000 Euro. Die Entlastung des Vorstands, die Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher herbeiführte, fiel einstimmig aus. Finger in die Wunde Das Stadtoberhaupt legte hernach seine „Finger in offene Wunden“. Etwa bei der weiteren Sanierung der Spaichinger Hauptstraße. „Kümmern sie sich drum, dass sie die Innenstadt so befruchten“, dass die Geschäfte die Baustelle überstehen könnten, appellierte Schuhmacher. Man müsse „intensiv einsteigen bei der Frage nach der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt“. „Professioneller“soll in jedem Fall die Beschilderung für Verkehrsteilnehmer während der Bauphase werden, kündigte Früh an.
Grundsätzlich sei es „nicht fair, wenn man sagt, die Stadt muss da und da finanzieren“, meinte der Bürgermeister zum Defizit des Winterzaubers 2017. Und er wiederholte die Idee einer „Mall“in der Innenstadt, in der Geschäfte konzentriert werden könnten. „Wenn es keine gibt, wird der Spaichinger Einzelhandel aussterben – die Händler sind dann in fünf, sechs Jahren nicht mehr da.“