Ein letztes Mal Jupp! Jupp! Jupp!
Jupp Heynckes will sich mit seinem dritten Pokalsieg von der Fußballbühne verabschieden
BERLIN - Das reine Double hat Jupp Heynckes noch nie gewonnen. Okay, ein Korinthenkacker-Gag, schließlich gewann der Trainer 2013 das in Bayerns Vereinshistorie einmalige Triple. Am Samstag trifft der Abomeister in Berlin auf Eintracht Frankfurt, um mit einem Erfolg im Pokalfinale (20 Uhr, ARD und Sky live) das Double dingfest zu machen.
Für Heynckes wäre es – was, erst? – der dritte Pokalcoup seiner Karriere. 1973 als Spieler mit seinem Heimatverein Borussia Mönchengladbach und eben 2013 als Coach mit seinem Wahlheimatverein FC Bayern.
Nach einem knappen halben Jahrhundert im Profifußball als Spieler und Trainer, mit sieben großen Titeln als Coach (neben dem 2013erTriple mit Bayern wurde er 1989, 1990 und 2018 Meister, gewann mit Real Madrid 1998 die Champions League) heißt es nun also: Servus, Jupp! Es ist das Abschiedsspiel für den 73-Jährigen, diesmal endgültig, unwiderruflich – und garantiert resistent gegen Uli Hoeneß’ nächsten Hilferuf. Akribisches Videostudium Akribisch hat Heynckes die Mannschaft auf ihren letzten Gegner der Saison und seinen letzten überhaupt vorbereitet. Dass dies mit Eintracht Frankfurt einer der Clubs war, bei denen er auch eine Vergangenheit hat, ist dabei sicher die kleinere Pointe als die Tatsache, dass der Trainer seines letzten Gegners gleichzeitig sein Nachfolger ist. Per Videostudium beschäftigte sich Heynckes intensiv mit dem Fußball, den Niko Kovac spielen lässt.
Künftig schaut Heynckes Fußball nur noch zum Vergnügen – wenn überhaupt. „Vielleicht mache ich nachmittags auch mal ein Nickerchen, wenn ich müde bin.“Dafür war an seinen letzten Arbeitstagen an der Säbener Straße keine Zeit. Mit seiner Erfahrung aus knapp vier Jahrzehnten Trainerleben forderte er von seinen Spielern und der kompletten Belegschaft, alles auf das Ziel Pokalsieg auszurichten. Medientermine der Spieler wurden gestrichen. „Wir müssen den Kopf da haben, wo es notwendig ist: in unserem Kerngeschäft“, betonte Heynckes.
Hier zeigt sich eine seiner großen Stärken: Eine Mannschaft – mehr noch: einen ganzen Verein – auf eine gemeinsame Sache einzuschwören, Menschen auf seinen Weg mitzunehmen und für das gemeinsame Ziel zu begeistern. Ein Höchstmaß an Disziplin und Professionalität lebte Heynckes seinen Spielern vor und
„Vielleicht mache ich nachmittags auch mal ein Nickerchen, wenn ich müde bin.“
Jupp Heynckes verlangte dies auch umgekehrt. Dazu gegenseitigen Respekt, Pünktlichkeit, Sauberkeit und ab und an ein Verzicht aufs Smartphone – etwa auf den Massageliegen. Wer sich an seine Regeln hielt, erntete Zuwendung und Zuspruch, Menschlichkeit und Wärme.
Dieser Heynckes war anders als der in seiner ersten Amtszeit (1. Juli 1987 bis 8. Oktober 1991), viel offener und lockerer. Seine Attitüde änderte sich von Engagement zu Engagement. Ab 28. April 2009 sprang er für sechs Wochen bis Saisonende ein, um die Scherben von Jürgen Klinsmanns Arbeit aufzukehren. Vom 1. Juli 2011 an führte er Bayern in der Ära nach Louis van Gaal erst zum Vizetriple 2012 und endlich im Jahr darauf zum Triple. Spätestens seitdem wird sein Name von den Bayernfans immer im Plural gerufen: „Jupp! Jupp! Jupp!“.
Schließlich holte ihn Präsident Uli Hoeneß, einer seiner Freunde fürs Leben, letzten Oktober aus dem Ruhestand zurück. „2013 war eigentlich der große Abschluss meiner Profikarriere“, sinnierte Heynckes und ordnete seine aktuelle Rettermission als Nachfolger von Carlo Ancelotti ein. Die acht Monate bezeichnet er als „Zubrot“, dank seines „Helfersyndroms“. Nun geht er mit „ein bisschen Wehmut“– und dem Pott? Als Legende sowieso. Am Freitagmittag sagte er in Berlin: „Es werden natürlich Emotionen hochkommen. Das Pokalendspiel ist sicher noch einmal ein Highlight.“
Nach dem Pokalwochenende und dem traditionellen Empfang am Sonntag auf dem Münchner Rathausbalkon haben die Spieler frei. Heynckes wird noch einige Tage in München bleiben, sein Büro räumen, Abschlussgespräche führen, auch mit Spielern, falls gewünscht, „wenn sie ein Problemchen haben“. Danach möchte er „wieder in die Anonymität zurückfinden, in die Normalität des Alltags abtauchen“. Auf seinem Bauernhof im Schwalmtal, bei seiner Frau Iris, Schäferhund Cando und dem „Stubentiger“.
Er will „das Leben wieder genießen – ganz ohne Termine“, wie er betonte. „Ich werde keine Langeweile haben, keine Entzugserscheinungen, kann mich beschäftigen, habe meine Hobbys.“Die Waldspaziergänge, der Sport im eigenen Fitnesskeller, die Musik. Auch in seiner Suite im Münchner Nobelhotel Mandarin Oriental, in dem er knapp acht Monate lebte, hörte er Rolling Stones, Led Zeppelin oder Dire Straits.
Ein Rücktritt vom Rücktritt – denkbar, Herr Heynckes? Er lacht entsetzt. „Um Gottes Willen! Nein!“