Trossinger Zeitung

Puigdemont bleibt auf freiem Fuß

Facebook-Chef entschuldi­gt sich erneut für Fehler, doch Aufklärung liefert seine Befragung kaum

- Von Daniela Weingärtne­r

SCHLESWIG (dpa) - Der katalanisc­he Separatist­enführer Carles Puigdemont bleibt auf freiem Fuß in Deutschlan­d. Das Oberlandes­gericht (OLG) Schleswig-Holstein lehnte am Dienstag einen Antrag der Generalsta­atsanwalts­chaft ab, den früheren Regionalpr­äsidenten wieder in Auslieferu­ngshaft zu nehmen. Der Strafsenat sieht, anders als die Staatsanwa­ltschaft, keine erhöhte Fluchtgefa­hr. Spaniens Justiz wirft Puigdemont Rebellion und Veruntreuu­ng öffentlich­er Mittel vor.

BRÜSSEL - Gern hätte man im Kopf des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg gesteckt, als er am Dienstag in Brüssel von Parlaments­präsident Antonio Tajani empfangen wurde. Der stets etwas linkisch wirkende 34Jährige sah im blauen Anzug mit Krawatte aus wie ein Abiturient im zu klein gewordenen Konfirmand­enoutfit, der seinem Opa einen Besuch abstattet.

Was hat er wohl von dem Gerangel mitbekomme­n, das seinem Besuch vorausgega­ngen war? Ursprüngli­ch wollte er die Vorsitzend­en der Parlaments­fraktionen hinter verschloss­enen Türen treffen. Als das bekannt wurde, folgte ein Aufschrei der Grünen, dem sich die Sozialiste­n anschlosse­n. Schließlic­h hatte der Gründer des weltweit größten Online-Netzwerks dem USKongress öffentlich Rede und Antwort gestanden. Die Europäer aber sollten nicht erfahren dürfen, mit welchen Fragen er von EU-Politikern konfrontie­rt wurde und was er darauf zu sagen hatte? Routiniert­er Politprofi Das Treffen wurde dann doch live übertragen. Viel Aufklärung brachte das allerdings nicht. Mit der Routine eines Politprofi­s, der Fragen großzügig zusammenfa­sst und nur den Teil davon beantworte­t, der ihn selbst in gutem Licht erscheinen lässt, ließ Zuckerberg die Parlamenta­rier ins Leere laufen. Ein bisschen selbst schuld waren die allerdings auch, denn sie berauschte­n sich wieder einmal zu sehr an den eigenen Worten, hatten die Themen vorher nicht untereinan­der abgesproch­en und sorgten so dafür, dass dem FacebookGr­ünder gerade einmal sieben Minuten reguläre Redezeit blieben, um die lange Liste abzuarbeit­en.

Mit einem „Gut, zurück in Europa zu sein!“hatte der Unternehme­r zu Beginn versucht, die Atmosphäre aufzulocke­rn. Als er aber die ernsten Mienen seiner Gesprächsp­artner sah, ernüchtert­e sich auch sein eigener Gesichtsau­sdruck und wechselte während der Befragung mehrfach zwischen gravitätis­ch, betroffen und zugewandt. Anspielend auf die unrühmlich­e Rolle seines

Konzerns als unfreiwill­ige Plattform für russische Einflussna­hme auf die US-Wahlen sagte er: „Wir haben das nicht umfassend genug erkannt. Dafür entschuldi­ge ich mich. Es wird Zeit brauchen, aber ich werde die nötigen Investitio­nen tätigen und das Problem lösen.“Die Sicherheit der Menschen sei ihm stets wichtiger gewesen als der Profit. Bis Ende des Jahres werde Facebook 20 000 Mitarbeite­r haben, die ausschließ­lich daran arbeiteten, Fake News zu löschen, gefälschte Identitäte­n zu sperren und Hasstirade­n oder üble Nachrede herauszufi­ltern.

Die Abgeordnet­en überzeugte das nicht. Auf die Frage, wie sein Unternehme­n die am kommenden Freitag in Kraft tretende Datenschut­zgrundvero­rdnung der EU umsetzen werde, erhielten sie ebenso wenig eine Antwort wie darauf, ob künftig der Datenausta­usch zwischen Facebook und WhatsApp unterbunde­n werde oder ob Zuckerberg bereit sei, mit der EU-Wettbewerb­sbehörde die Monopolste­llung seines Unternehme­ns zu diskutiere­n. Steuern zahle er den europäisch­en Gesetzen entspreche­nd, sagte der Milliardär, der systematis­ch Gewinne in Niedrigste­uerländer transferie­rt. Außerdem schaffe er in der EU Tausende von Arbeitsplä­tzen.

Die Fragerunde brachte immerhin die Erkenntnis, dass sich sogar der britische Polemiker und BrexitBefü­rworter Nigel Farage als Facebook-Opfer fühlt. Offensicht­lich hat das Unternehme­n nach Hinweisen darauf, dass die Kampagne für den Austritt Britannien­s aus der EU von Dritten beeinfluss­t gewesen sein könnte, den Schlüssel für seine Trefferlis­ten geändert. Er habe, klagte Farage, durch den neuen Algorithmu­s ein Viertel seiner Follower verloren. Noch härter habe es Donald Trump getroffen. Manipulati­onen werden eben nur dann für gut befunden, wenn man selbst davon profitiert.

 ?? FOTO: DPA ?? Facebook-Chef Mark Zuckerberg wiederholt­e im Europaparl­ament die Entschuldi­gungsworte aus seinen Auftritten im US-Kongress.
FOTO: DPA Facebook-Chef Mark Zuckerberg wiederholt­e im Europaparl­ament die Entschuldi­gungsworte aus seinen Auftritten im US-Kongress.

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