Trossinger Zeitung

Deutsche Bank soll 10 000 Jobs abbauen

Bank-Chef Sewing will rund 10 000 Stellen – vor allem im Investment­banking – streichen

- Von Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Die Deutsche Bank plant nach Informatio­nen des „Wall Street Journal“, nahezu 10 000 Jobs zu streichen. Damit wäre etwa jeder zehnte der 97 100 Mitarbeite­r betroffen. Deutschlan­ds größtes Bankhaus wollte den Bericht am Mittwoch, am Tag vor der Hauptversa­mmlung in Frankfurt, nicht kommentier­en. Allerdings hatte der neue Bank-Chef Christian Sewing bereits drastische Einschnitt­e im Investment­banking angekündig­t, um die Kosten zu senken.

FRANKFURT (dpa) - Mit dem Abbau von nahezu 10 000 Jobs will die Deutsche Bank nach Informatio­nen des „Wall Street Journal“ihre Kosten deutlich senken. Damit wäre etwa jeder zehnte der insgesamt 97 100 Mitarbeite­r betroffen, schrieb das Blatt. Vorausgega­ngen seien monatelang­e Diskussion­en um den Umfang des Stellenabb­aus. Deutschlan­ds größtes Bankhaus wollte den Bericht am Mittwoch, einen Tag vor der Hauptversa­mmlung, nicht kommentier­en.

Der neue Bank-Chef Christian Sewing hatte bereits drastische Einschnitt­e im Investment­banking angekündig­t, das zur Bürde für das Frankfurte­r Geldhaus geworden ist. Hinzu kommt die Fusion der Deutschen Bank mit der Postbank. Auch dabei könnten zahlreiche Stellen wegfallen. In den kommenden vier Jahren sollten jeweils 1500 Mitarbeite­r über freiwillig­e Abfindungs­programme und natürliche Fluktuatio­n das Unternehme­n verlassen, hatte es in Berichten geheißen. Kern der Bank „neu definieren“Sewing, der seit Anfang April an der Spitze der Bank steht, hatte nach einem mageren ersten Quartal das Tempo beim Konzernumb­au erhöht. „Wir werden den Kurs unserer Bank jetzt ändern. Es gibt keine Zeit zu verlieren“, hatte er bei der Präsentati­on der Zwischenbi­lanz gesagt. Die Ergebnisse des ersten Quartals erforderte­n sofortiges Handeln. Der Kern der Bank müsse „neu definiert“werden.

Praktisch alle Chefs der Deutschen Bank seit Ende der 1990er-Jahre hatten das Heil im Investment­banking gesucht. Das Institut sollte im Konzert der globalen Bankkonzer­ne die erste Geige spielen. Am augenfälli­gsten wurde das 1999 mit der Milliarden­übernahme der Wall-StreetBank Bankers Trust, womit die Frankfurte­r mit einem Schlag zu einem der großen Spieler auf dem USMarkt wurden.

Das Geschäft rund um die Kapitalmär­kte war viele Jahre die Gewinnmasc­hine der Deutschen Bank. Der Bruch kam mit der großen Krise, die 2008 um ein Haar zum Kollaps des globalen Finanzsyst­ems führte und die Weltwirtsc­haft an den Rande des Abgrunds brachte. Seitdem entwickelt­e sich das Kapitalmar­kgeschäft und Investment­banking zum Problemfel­d der Deutschen Bank.

Inzwischen hat das Institut im Investment­banking Marktantei­le verloren, insbesonde­re an die USKonkurre­nz. Zudem sind die Kosten im Branchenve­rgleich sehr hoch. In Sewings Umbauplan wird deshalb das USHandelsg­eschäft mit Anleihen und voraussich­tlich auch mit Aktien am heftigsten beschnitte­n. Mit der Reduzierun­g des schwierige­n USGeschäft­s setzt Sewing eine Forderung namhafter Analysten um. Kritik vom Chefvolksw­irt Anfang der Woche war der Chefvolksw­irt des Instituts mit der früheren Bank-Führung hart ins Gericht gegangen. „Die harte Wahrheit ist, dass fundamenta­le, strategisc­he Entscheidu­ngen des Management­s und des Aufsichtsr­ates in der Zeit von Mitte der neunziger Jahre bis 2012 die Bank in diese Lage gebracht haben“, sagte David Folkerts-Landau dem „Handelsbla­tt“.

Das Hauptprobl­em aus seiner Sicht: Die damaligen Vorstandsc­hefs hätten eine unkontroll­ierte Expansion im Kapitalmar­ktgeschäft eingeleite­t, unter deren Folgen die Bank bis heute leide. „Die Führung der Bank überließ seit Mitte der 1990er Jahre die operative und strategisc­he Kontrolle des Kapitalmar­ktgeschäft­s den Händlern“, analysiert der Chefökonom. „Dadurch schlug die Bank eine Richtung ein, die uns nahezu zwangsläuf­ig dahin führen musste, wo wir heute stehen.“Bremsen müssen hätte die Führung der Bank. Doch unter Breuers Nachfolger, Josef Ackermann – Vorstandsc­hef von 2002 bis 2012 – habe das Wachstum der Investment­bank oberste Priorität gehabt.

Folkerts-Landau sieht in der Berufung Sewings einen „epochalen Wandel“. Nach 16 Jahren sei wieder ein Deutscher Chef der Deutschen Bank.

Sewing, der fast sein ganzes Berufslebe­n in der Deutschen Bank verbracht hat, war in einer Krisensitz­ung des Aufsichtsr­ates am 8. April mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger des seit Sommer 2015 amtierende­n John Cryan ernannt worden. Die Bank schrieb zuletzt drei Jahre in Folge rote Zahlen – allerdings auch deshalb, weil Cryan teure juristisch­e Altlasten bereinigte. Skandale wie die Manipulati­on von Referenzzi­nssätzen oder fragwürdig­e Deals rund um amerikanis­che Hypotheken­papiere kosteten die Frankfurte­r Milliarden. Kritiker hielten dem Briten jedoch vor, beim Konzernumb­au zuletzt zu zögerlich agiert zu haben.

Im ersten Quartal verdiente das Geldhaus unter dem Strich 120 Millionen Euro nach 575 Millionen Euro im Vorjahresz­eitraum. Die Erträge sanken zum Vorjahresz­eitraum um fünf Prozent auf knapp sieben Milliarden Euro.

Auf der Hauptversa­mmlung an diesem Donnerstag in Frankfurt dürfte allerdings weniger die Vergangenh­eit von Deutschlan­ds größtem Bankhaus als die Arbeit von Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner im Fokus stehen. Einflussre­iche Stimmrecht­sberater haben kritische Fragen an die Adresse des seit Juni 2012 amtierende­n Chefkontro­lleurs angekündig­t.

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FOTO: DPA Deutsche-Bank-Fassade am Hauptsitz in Frankfurt: Vorstandsc­hef Christian Sewing muss die Abwärtsspi­rale des Geldhauses stoppen. Er wird sich deshalb wohl von einem Zehntel der Belegschaf­t trennen.
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FOTO: DPA Christian Sewing

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