Größter Wunsch ist ein normales Leben
Elias Kohl hat eine seltene Form von Rheuma – Hoffnung liegt auf amerikanischer Ärztin
SEITINGEN-OBERFLACHT - Auf den ersten Blick ist Elias ein ganz normaler neunjähriger Junge, der gern mit Legosteinen spielt und auf seinem Euphonium musiziert. Und doch ist „ganz viel anders“, sagt seine Mutter Bianca Kohl. Elias hat von klein auf Rheuma. Eine Spende an den Förderverein Föhre-Kids soll den Alltag von Kindern wie Elias erleichtern.
Mit Freunden im Garten Fußball spielen, mit dem Fahrrad in den nächsten Ort radeln oder zur Schule laufen – solche alltäglichen Dinge bereiten Elias Schwierigkeiten. „Er braucht morgens eine halbe Stunde, bis seine steifen Gelenke in Bewegung sind“, berichtet seine Mutter. Oftmals schaffe er es nicht, alleine ein Schnitzel zu schneiden, und wenn er viele Hausaufgaben zu erledigen habe, gehe das nicht ohne Pausen.
Elias ist eines von etwa 20 000 Kindern in Deutschland, das Rheuma hat. Seine Gelenke und Sehnen sind entzündet. Hinzu kommen Fieberschübe mit 40 Grad über Tage hinweg. „Dann ist gar nichts mehr möglich“, beschreibt Bianca Kohl, wie es Elias dann geht. Ein Dauerzustand ist das aber nicht. Es gibt gute und schlechte Tage. Die Beschwerden kommen im Rhythmus von zwei Wochen und dauern mal drei Tage, mal eine Woche. Und wenn sich das Fieber nicht senken lässt, muss Elias nach Tübingen in die Kinderklinik. Fieberschübe im Kleinkindalter Das schränkt den Alltag der Familie ein, zu der auch Elias’ elfjähriger Bruder Linus gehört. „Richtig planen können wir nicht“, sagt Bianca Kohl. Ihr Mann Francis ergänzt: „Wir versuchen, das Beste draus zu machen.“Unterkriegen lässt sich der Neunjährige nicht. „Elias ist ein Kämpfer durch und durch. Er lässt sich nichts anmerken. Sein größter Wunsch ist es, ein ganz normales Kind zu sein“, berichtet seine Mutter.
Regelmäßig fehlt er in der Grundschule in Seitingen-Oberflacht, wo er die dritte Klasse besucht. Aber der Lehrer bringe viel Verständnis und Geduld für Elias auf, berichtet Bianca Kohl. Aber: „Man merkt die Defizite von der ersten und zweiten Klasse“, ergänzt ihr Mann.
Dass irgendetwas mit dem Jungen nicht stimmt, merkten die Kohls schon als Elias noch ein Baby war. „Die Fieberschübe begannen, als er ein knappes Jahr alt war“, erinnert sich Bianca Kohl. „Selbst Kinderärzte dachten nicht an Rheuma. Man hat alles abgeklopft, aber das hat man außer acht gelassen“, erzählt ihr Mann. Die Ärzte seien von einem Virusinfekt ausgegangen.
Als das Fieber aber nicht mehr besser wurde, wurden die Kohls an die Klinik nach Tübingen weiterverwiesen. Nach vier Wochen bekamen sie die Diagnose: Morbus Still – eine seltene Autoimmun-Erkrankung, die Entzündungen hervorruft. Sie betreffen sowohl Organe als auch Gelenke. Regelmäßige Klinikaufenthalte Bis die Diagnose gestellt war, verging fast ein ganzes Jahr. Bianca Kohl sagt, dass sie eigentlich froh gewesen seien, endlich zu wissen, wo man anpacken könne. „Aber es war auch niederschmetternd“, fügt sie hinzu. Denn Morbus Still sei die seltenste Form von Rheuma, das den Lebensalltag erheblich beeinträchtigt. Seither wird Elias im Rheumazentrum Tübingen behandelt. Bis er auf die richtigen Medikamente eingestellt war, dauerte es ein halbes Jahr.
Inzwischen bekommt der Neunjährige alle vier Wochen über eine Infusion Antikörper, die das Immunsystem blockieren und somit die Entzündungsprozesse stoppen sollen. Das bedeutet zwei Tage Klinikaufenthalt. Eine teure Behandlung, die derzeit die Krankenkasse übernimmt.
Die Familie und die Ärzte glauben aber, dass die Behandlung nicht die richtige ist. „Keine Therapie hat so richtig angeschlagen. Elias’ Beschwerden passen nicht in das Bild. Da muss mehr dahinterstecken“, vermutet Bianca Kohl und ihr Mann sagt: „Die Ärzte sagen, Elias ist austherapiert.“Es werde vermutet, dass die Krankheit genbedingt sei.
Hinnehmen will das die Familie nicht. Sie setzt nun ihre ganze Hoffnung in die Arbeit einer amerikanischen Ärztin, die Patienten mit ähnlichen Symptomen wie denen von Elias behandelt und den Neunjährigen schon kurz untersucht hat. Eine Genuntersuchung in Tübingen habe zwar keine Ergebnisse gebracht, aber: „In Amerika gibt es mehr Untersuchungsmöglichkeiten, die in Deutschland nicht zugelassen sind“, sagt Francis Kohl.
Bereits vergangenes Jahr im Herbst wurden Elias’ Blutproben nach Amerika zur Untersuchung geschickt. Eine Rückmeldung haben die Kohls bis heute nicht bekommen. „Genuntersuchungen dauern lange“, erklärt sich Bianca Kohl die lange Wartezeit. Im Mai wäre die Familie sogar nach Amerika geflogen. Doch der Termin wurde verschoben – voraussichtlich auf Ende des Jahres.
Erst wenn die Familie den Nachweis hat, dass Elias eine seltene Genkrankheit hat, würde er andere Medikamente bekommen, die die Krankenkasse bezahlen würde, glaubt Vater Francis Kohl.
Die Familie hofft, dass mit einer neuen Therapie „alles besser“wird, sagt die Mutter, „und Elias bei normalen Dingen mitmachen kann, die für andere Kinder selbstverständlich sind“.
„Elias ist ein Kämpfer durch und durch.“sagt Bianca Kohl über ihren Sohn, der an Rheuma erkrankt ist.