Museum zeigt Schmuckes und Kurioses
Sommerausstellung widmet sich ab 2. Juni vor allem der Geschichte der Unterwäsche
SPAICHINGEN - Im Spaichinger Gewerbemuseum geht es derzeit „Drunter & Drüber“: So ist die neue Ausstellung betitelt, die am Samstag, 2. Juni, um 17 Uhr eröffnet wird. Sie bietet eine kleine Kulturgeschichte der Unterwäsche. Konkret der in Spaichingen, denn sämtliche der rund 60 Exponate stammen aus der Stadt. Die Bandbreite der chronologisch aufgebauten Ausstellung reicht von robuster Wäsche aus Sackleinen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu exklusiven Kleidern, die bis 1986 in der Spaichinger Firma Sora geschneidert wurden.
So manche Skurrilität beinhaltet die Schau: etwa drei „Stehbrunzhosen“von Bäuerinnen des 19. Jahrhunderts – diese waren im Schritt offen, so dass sie den Acker fürs kleine Geschäft nicht verlassen mussten. Oder eine Turnhose, die in den 1920er-Jahren aus einer Tischdecke geschneidert worden war – erkennbar am Weinranken-Muster. „Das waren Notzeiten – wo es nichts zu kaufen gab, haben sich die Leute so beholfen“, erläutert Museumsleiterin Angelika Feldes. Die Tischdecken-Hose ist eines der Stücke, die die Einrichtung in den 90er Jahren von der inzwischen verstorbenen Irma Marquart bekommen hatte.
Derlei Kuriositäten und schmucke Wäschestücke stauten sich in den Schränken des Gewerbemuseums – Anlass für Feldes, diese eigentlich „höchst privaten“Kleidungsstücke hervorzuholen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Den Ausschlag gab eine ganze Kiste mit Weißwäsche, die 2017 die Spaichingerin Luise Kopp dem Museum gab. „Ich habe gleich diesen tollen Schatz erkannt.“Marta Schumacher vom Heimatverein wusch den Wäscheberg, und Teile davon, aus dem Fundus und von weiteren Spendern, sind nun zu sehen – bis auf ein grobes Leinenhemd sämtliche zum ersten Mal: Eine ganze Reihe fein, etwa mit Klöppelspitze verzierter Stücke sind darunter. Bisweilen „handwerklich herausragend“, befindet Feldes; etwa Weißwäsche, die um 1900 in der seinerzeit im heutigen Museumsgebäude untergebrachten Frauenarbeitschule entstand. Oder hübsch anzuschauende Verzierungen, die die bereits 24-jährig verstorbene Magdalena Merkt in den 1920er-Jahren fertigte.
„Unterwäsche gibt es erst seit Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts“, erläutert Feldes. Zuvor hätten Frauen „mehrere Lagen Unterröcke“getragen. Wäsche sei erst in Mode gekommen, „als die Damen der höheren Gesellschaft begannen, Reifröcke zu tragen – und das konnte bei Windstößen gefährlich werden, weil die Beine freigelegt wurden“. Stilecht mit Nierentisch Zu den Exponaten zählen einige Bettjacken aus feinen Stoffen. „Schlafzimmer wurden früher nicht geheizt, es war ordentlich kalt“, sagt Feldes. Nur wenig männliche Wäsche ist zu sehen, so ein BubenNachthemd von 1925 mit gehäkeltem blauen Rand am Kragen, „um diesen vor Abstoß zu schützen“. Stilecht mit Nierentisch zeigt sich Damen-Unterwäsche der 50er Jahre im seinerzeit angesagten lachsfarbenen Ton. An einer Stellwand ist historische Bademode zu sehen, so ein Prachtstück aus den 30er/40er-Jahren: „Die hat meinem Großvater gehört“, lacht Angelika Feldes.
Walter Merkt vom Heimatverein hat 30 Kleiderbügel mit Kopfsilhouetten versehen zwecks gediegener Präsentation der Objekte. Die Vorbereitung hat laut Feldes ein halbes Jahr in Anspruch genommen, „intensiv war es in den vergangenen vier Wochen“. Etwas kleiner ausgefallen ist der Part „Drüber“mit Oberbekleidung: Ins Auge fällt ein Ballkleid, das Regina Wenzler in den 70er Jahren getragen hat. Den zeitlichen Rahmen schließen ein halbes Dutzend schön bunt ausgefallener Kleider der Damenoberbekleidungsfirma Sora, die von den 60er bis 80er Jahren eigens in Italien erworbene Stoffe verarbeitete. Bei der Eröffnung am Samstag, 2. Juni, 17 Uhr, sprechen Thomas Steidle vom Heimatverein, Gemeinderat Karsten Frech und Museumsleiterin Angelika Feldes. Der Heimatverein bewirtet, für Musik sorgen Samuel Fehrenbacher (Klavier) und Alissa Hergenröder (Violine). Die Sommerausstellung ist bis 7. Oktober sonntags von 14 bis 17 Uhr zu sehen, Voranmeldungen Gruppen Telefon 07424/501445.