Zur falschen Zeit an der falschen Schule
Elternbeirat der Schildrainschule reagiert auf Lehrermangel mit weiterem Brandbrief
TUTTLINGEN - Es rumort weiter bei den Eltern der Grundschüler der Schildrainschule in Tuttlingen. In den vergangenen Monaten ist das Staatliche Schulamt in Konstanz bei der besseren Versorgung der Schule mit Pädagogen nicht wirklich weitergekommen. Die Eltern befürchten, dass sich die Situation zum Schuljahr 2018/19 weiter verschärfen wird. Deswegen haben sie einmal mehr einen Brandbrief unter anderem an Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), den leitenden Konstanzer Schulamtsdirektor Karlheinz Deußen und ans Regierungspräsidium Freiburg geschrieben.
Rektor Frank Stender ist seit September 2017 wegen seines Sabbatjahres vor dem Ruhestand nicht mehr im Dienst, Konrektorin Heidi Buggle, die die Schulleitung kommissarisch übernommen hat, geht zum Ende des Schuljahrs ebenfalls in den Ruhestand. Ein neuer Schulleiter für die mehr als 250 Kinder ist weit und breit nicht in Sicht. Dazu fehlen laut Uwe Preiß vom Staatlichen Schulamt für das nächste Schuljahr fünf Lehrer – also im Prinzip fünf Klassenlehrer.
„Mit großer Sorge beobachten wir die personelle Entwicklung an der Schule. Im Sommer beginnt für unsere Kinder bereits das dritte Schuljahr mit Einschränkungen. Es gibt Kürzungen in den Bereichen Englisch, Musik, Textiles Werken, Sport und Schwimmen, es gibt keinerlei Förderunterricht“, schreiben die beiden Elternbeiratsvorsitzenden Hans-Thomas Volzer und Oliver Kreutter im Namen des Elternbeirats und der „aktuellen und künftigen Eltern“der Schüler der Grundschule. Angesichts des Lehrermangels schreibt der Elternbeirat von 149 Stunden, die fehlen, um den Pflichtbereich abzudecken. Nicht tolerabel „Wir können dies nicht länger tolerieren. Unsere Kinder sollen nicht das Pech haben, zur falschen Zeit zur falschen Schule gehen zu müssen“, schreibt der Elternbeirat weiter. Er fordert die „lückenlose Erfüllung des Bildungsauftrags und die Erhaltung des Bildungsniveaus des Landes Baden-Württemberg“. Den Eltern ist bekannt, dass der Markt an Lehrern derzeit wie leergefegt ist: „Deshalb bitten wir Sie zum einen, auch weiterhin für kreative Lösungen offen zu sein – etwa fachfremdes Personal und Lehrkräfte anderer Schularten an den Grundschulen zuzulassen und dies auch weiterhin zu fördern.“Der Elternbeirat fordert eine gerechte Verteilung der Lehrer unter den Grundschulen. Das Land sollte von der Möglichkeit Gebrauch machen, Abordnungen auszusprechen. Auch für die Vakanz in der Schulleitung fordern die Eltern eine abgeordnete Fachkraft, die „als feste Größe vor Ort“die Geschicke der Schule leitet.
Die Probleme an der Schule sind dem Schulamt bekannt. Erst am Donnerstag war Preiß bei der Gesamtlehrerkonferenz vor Ort. Die fünf Stellen seien ausgeschrieben, doch niemand habe sich beworben. Er bestätigt, dass zwei Lehrer mit befristeten Verträgen die Schule verlassen. „Das sind alles andere als gute Bedingungen“, sagt er auch angesichts der drohenden Vakanz in der Schulleitung. Er geht aber davon aus, dass angesichts eines „guten und gefestigten Kollegiums“die Schule die Probleme meistern wird.
Ihm bleiben zwei Möglichkeiten: Über die Listeneinstellung Lehrkräfte nach Tuttlingen zu bringen, oder Lehrer mit Stundenpotenzial nach Tuttlingen zu schicken. Doch: „Die gibt es kaum.“Das Schulamt sei aktuell noch in der Planung, Preiß hofft, in vier, fünf Wochen mehr sagen zu können.
Einen kleinen Lichtblick in Sachen Schulleitung gibt es. So habe sich die Kollegin einer anderen Schule bereiterklärt, als Ansprechpartnerin da zu sein. Auch sei es denkbar, eine Grundschule als Patenschule für die Schildrainschule zu benennen. Auch über Abordnungen mache er sich Gedanken, allerdings „müsse das auch passen“. Lehrer wollen nicht in den Kreis Ähnlich wie beim Ärztemangel im Landkreis Tuttlingen sehe es laut Preiß bei den Lehrern aus. Im Geltungsbereich des Konstanzer Schulamts gebe es mehrere Einrichtungen, denen es wie der Schildrainschule gehe. Dennoch hält Preiß nichts davon, die Grundschulbezirke jetzt aufzuweichen: „Das würde nicht funktionieren.“So könnte es sein, dass deswegen an einer anderen Schule ein Klassenteiler notwendig wird und sich dann nur dorthin das Problem verlagert.
Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck teilt die Verärgerung der Eltern. Die Lage an der Schildrainschule hält er nach wie vor für alles andere als zufriedenstellend, zumal sich seit seinem Schreiben an das Schulamt vom April nichts geändert hat.