Kluges Verschieben
Eigentlich wollten ihn die beiden CSU-Minister gemeinsam vorstellen: ihren Masterplan Migration. Doch wie hätte das gewirkt: Kanzlerin Merkel empfängt Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, um über ein gemeinsames europäisches Asylrecht zu sprechen – und eine Stunde zuvor hätten Horst Seehofer und Gerd Müller ihren nationalen Plan zur Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze vorgestellt. Bei diesem Punkt hat Seehofer vor allem Deutschland im Auge – und ein bisschen bestimmt auch den bayerischen Wahlkampf. Recht und Ordnung in der Asylpolitik stur durchzusetzen, das kommt schließlich gut an. Doch hilft es auch auf lange Sicht?
Die Lehre des G7-Gipfels ist doch klar: Europa muss mehr zusammenhalten. Dazu gehört eine gemeinsame Sicherheitspolitik, Dreh- und Angelpunkt ist ein gemeinsames europäisches Asylrecht. Allzu lange hat Europa Italien die Drecksarbeit machen lassen nach dem Motto, da kämen Flüchtlinge doch als Erstes an. Das hat weder dem Zusammenhalt in Europa noch der Asylpolitik genutzt. Es hat auch nicht davor geschützt, dass sich Flüchtlinge den Weg nach Deutschland gebahnt hätten.
Sicher, wenn Horst Seehofer seinen Masterplan vorgestellt hätte, wäre der alte CDU-CSU-Konflikt noch heftiger wieder hochgekocht. Das „Grenzen zu“der CSU gegen das „alles im Auge behalten“der Kanzlerin. Doch spätestens seit dem G7-Gipfel ist klar: Diesmal geht es um mehr als um den Streit der Schwesterparteien. Seehofer könnte die europäische Lösung behindern. Nicht von ungefähr ist er schon von EU-Kommissar Günther Oettinger ermahnt worden, dass nationale Alleingänge nicht weiterhelfen. Wann, wenn nicht jetzt, besteht eine Chance zu einem gemeinsamen Vorgehen?
Das heißt aber nicht, dass Seehofer seinen ganzen Masterplan begraben müsste. Gute Ansätze zur Verfahrensbeschleunigung, zur schnelleren Rückschiebung vor allem auch krimineller Migranten und zur besseren Eingliederung jener, die bleiben wollen und dürfen, sind weiterhin gefragt.