Trump versteht nur Stärke
Anerkennung erhält Donald Trump, aber es melden sich weltweit fast ebenso viele Zweifler. Tatsächlich stellt sich mit Blick auf das historische Treffen zwischen ihm und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un die Frage, ob Staaten diesem US-Präsidenten erst massiv drohen müssen, damit sie von ihm dann irgendwann ernst genommen werden. Trump geht mit Brachialgewalt gegen alles vor, was sich ihm in den Weg stellt und was ihm kurzfristig keinen Vorteil verspricht. Ohne Not hat er am vergangenen Wochenende die wichtigsten westlichen Industriestaaten verprellt. Verbündete und Freunde erklärt er plötzlich zu Gegnern, die laut US-Regierungsberatern auch einen „speziellen Platz in der Hölle“verdienten.
Nordkoreas Machthaber hingegen, der 120 000 Häftlinge in Straflagern misshandeln lässt, bezeichnet der rechte Populist als „talentierten Mann“, dem er vertraue. Wer als Kabarettist diese unfreiwilligen Kalauer vor einem Jahr vorhergesagt hätte, dem wären die Zuschauer vor der Pause weggerannt. Diplomatie à la Trump bleibt rätselhaft.
Die EU muss aus den aktuellen Ereignissen Konsequenzen ziehen. Es ist klar, dass Trump nur die Sprache der Stärke versteht. Das sehen viele in Europa, doch Maßnahmen bleiben aus. Der frühere CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz fordert nun exakt dies. Merz ist Vorsitzender der Atlantik-Brücke, einem Netzwerk, das sich seit Jahrzehnten mit Herzblut um das deutsch-amerikanische Verhältnis bemüht. Im Deutschlandfunk platzte ihm der Kragen. Er rechnete mit Trump ab und forderte energisch die Neujustierung der europäischen und der deutschen Politik.
Merz verlangt Klartext im Umgang mit der amerikanischen Seite. Darunter versteht der frühere Politiker, der auch als möglicher Bundeskanzler gehandelt wurde, eine konsequente und einheitliche europäische Position in Wirtschafts- und Handelsfragen wie auch in der Außenund Sicherheitspolitik. Das fordert auch Frankreichs Präsident und stößt damit bei Teilen von CDU und CSU auf Skepsis. Die Union sollte auf ihren Ex-Fraktionschef hören. h.groth@schwaebische.de