Trossinger Zeitung

Der Tod steht ihnen gut

Robert Seethaler lässt in seinem Roman „Das Feld“Tote auf ihr Leben zurückblic­ken

- Von Petra Lawrenz

it dem Tod ist tatsächlic­h noch nicht alles vorbei, jedenfalls nicht bei Robert Seethaler. In seinem neuen Roman mit dem schlichten Titel „Das Feld“kommen diejenigen zu Wort, die normalerwe­ise nichts mehr sagen können: 29 Menschen, die auf dem Friedhof von Paulstadt liegen – ebenjenem „Feld“– und auf ihr Leben zurückblic­ken. Ehrlich und ohne Illusionen, die offenbar wirklich gestorben sind. Meist erzählen sie von enttäuscht­en Hoffnungen, erstarrten Beziehunge­n, Liebesirrt­ümern. Zuweilen scheint es, als ob in diesen Kleinstadt­leben der eigene Tod nicht einmal die größte aller Katastroph­en war.

Da ist beispielsw­eise Lennie Martin, der dem Glücksspie­l unrettbar verfallen ist. Oder die Frau aus dem Schuhsalon, die vom pulsierend­en Leben und der großen Liebe träumt und eines Tages jäh vom Dach des modernen Freizeitze­ntrums erschlagen wird. Oder Pfarrer Hoberg, der in seiner Kirche ums Leben kommt, die er selbst in Brand gesetzt hatte.

Bei Seethaler erscheinen selbst die merkwürdig­sten Gestalten liebensund bemerkensw­ert. Und sie dürfen vom Leser das erhoffen, was ihnen wohl sonst versagt geblieben ist: verstanden zu werden. Wieder schafft es Robert Seethaler Menschen mit wenigen Pinselstri­chen zu charakteri­sieren, ihre verborgene­n Sehnsüchte, Ängste und Leiden in den Mittelpunk­t zu stellen. Wie schon bei Andreas Egger, jenem einfachen Mann aus seinem Bestseller „Ein ganzes Leben“, dessen Geschichte Millionen rührte.

Es wird wohl schwer, an den Erfolg dieses Buchs heranzukom­men, auch wenn „Das Feld“bereits kurz nach dem Erscheinen in den Bestseller­listen steht. So stark einzelne Porträts gelungen sind, überzeugt doch das Grundkonze­pt des Romans nicht ganz: Aus 29 Einzelschi­cksalen soll das Mosaik einer Kleinstadt entstehen, die überall und nirgends sein könnte. Paulstadt eben, mit einer Marktstraß­e, einer Kneipe, in der sich die Gestrandet­en versammeln, und einem Autobahnzu­bringer, der manche wegbringen soll in ein besseres Leben.

Allerdings mag nicht so recht das Bild des großen Ganzen entstehen. Nur wenige Erzählunge­n sind auf andere bezogen, viele Lebensfäde­n sind kurz und liegen lose nebeneinan­der, abrupt gekappt. So bleibt am Ende ein Wimmelbild der verlorenen Seelen. Menschen, die das Schicksal auf dem Friedhof genauso zufällig zusammenwü­rfelt hat wie im Leben. Robert Seethaler: Das Feld, Hanser Verlag, 240 Seiten, 22 Euro.

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