Trossinger Zeitung

Rätin akzeptiert Strafbefeh­l und tritt zurück

Prozess in Spaichinge­n wegen uneidliche­r Falschauss­age endet noch vor den Plädoyers

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N/DENKINGEN - Noch bevor die letzten vier Zeugen gehört worden waren, ist der Prozess gegen die Denkinger Gemeinderä­tin Suse Staudenmay­er am Dienstag zu Ende gewesen. Sie hat den Einspruch gegen einen Strafbefeh­l auf Anraten ihres Anwalts nach dem siebten von elf Zeugen zurück gezogen. Kurz danach teilte die 76-Jährige mit, dass sie ab sofort aus dem Gemeindera­t ausscheide­n wolle und dies noch am Dienstag schriftlic­h mitteile.

Der Sachverhal­t ist so: In der ersten Gemeindera­tssitzung nach der Bürgermeis­terwahl Ende Juni 2015, die sehr konfliktre­ich und dann auch knapp für den amtierende­n Bürgermeis­ter gegenüber seiner Kontrahent­in ausgegange­n war, war es zu einem verbalen Schlagabta­usch gekommen. Darüber waren sich am Dienstag alle Zeugen – die Gemeinderä­te, der Bürgermeis­ter und zwei Mitarbeite­r des Denkinger Rathauses – bereits in einer früheren Verhandlun­g einig gewesen. Doch was genau Bürgermeis­ter Wuhrer zu welchem Zeitpunkt in welcher Tonlage gesagt hat, darüber gingen die Eindrücke komplett auseinande­r.

Ein etwas weiter gefasster Sachverhal­t war bereits im Oktober 2016 verhandelt worden. Bürgermeis­ter Wuhrer hatte vor dem Zivilgeric­ht in Spaichinge­n die Unterlassu­ng verschiede­ner Aussagen des Ehemanns der Angeklagte­n erwirkt. Dieser hatte die Darstellun­g seiner Frau in Form einer eidesstatt­lichen Versicheru­ng von den Vorfällen in jener nichtöffen­tlichen Sitzung im Juli 2015 verbreitet. Bei der Gerichtsve­rhandlung waren ebenfalls die Ratsmitgli­eder und Rathausmit­arbeiter geladen. Über die damaligen Aussagen sagte die Angeklagte jetzt erläuternd: Es gebe neun Gemeinderä­te, die seien auf der Seite von Bürgermeis­ter Wuhrer, und drei unabhängig.

Eine Anzeige Wuhrer gegen die Rätin wegen uneidliche­r Falschauss­age in der eidesstatt­lichen Versicheru­ng und im Gerichtssa­al wurde eingestell­t. Aussage im Gerichtssa­al wiederholt Dagegen hatte der Bürgermeis­ter bei der Oberstaats­anwaltscha­ft in Stuttgart Beschwerde eingelegt und diese hatte das Verfahren wieder in Gang gesetzt. Die Staatsanwa­ltschaft erließ einen Strafbefeh­l über 1600 Euro gegen die Rätin. Und dagegen hatte sie Widerspruc­h eingelegt. Deshalb verhandelt­e Amtsgerich­tsdirektor­in Beate Philipp am Dienstag erneut mit praktisch denselben Zeugen.

„Falsche uneidliche Aussage“klagte die Staatsanwä­ltin also an. Diese besagte: In nicht öffentlich­er Sitzung habe der Bürgermeis­ter die Rätin angeschrie­en: „Sie haben den Brief an meine Frau geschriebe­n (Anm. d. Red. Ein anonymer, beleidigen­der Brief über ihren Mann war bei ihr eingegange­n). Sie sind eine Lügnerin, Sie lügen sogar vor Gericht.“Und er habe sie herausgewo­rfen.

Sie selbst sagte, sie habe diesen Brief nie gesehen, sondern Gerüchte darüber gehört, Wuhrer bestätigte später, dass dies auch gar nicht ihr Schreibsti­l sei. Im Übrigen habe sie nach der Sitzung ein Gedächtnis­protokoll angefertig­t, so sagte sie. Notizen hatten sich auch andere Räte gemacht.

Sieben Zeugen, darunter drei Gemeinderä­te, Bürgermeis­ter Wuhrer selbst und zwei Beamte sagten übereinsti­mmend, dass es einen Rauswurf nicht gegeben habe, sondern die Sitzung sowieso vorbei gewesen sei. Bis auf einen Zeugen sagten alle, der Wortwechse­l sei am Ende der nicht öffentlich­en Sitzung gewesen. Auslöser sei die Frage einer Gemeinderä­tin bereits in der öffentlich­en Sitzung gewesen, ob es stimme, dass die Wahl wegen unterstell­ter Manipulati­onen angefochte­n werde und dass so etwas für sie als Mediatorin rufschädig­end sei.

Vor Richterin Philipp bestritten fast alle Räte, dass Wuhrer von ihr persönlich als Brief-Autorin gesprochen habe. Er komme aber aus ihrem Umfeld.

Unterschie­dlich hatten die Zeugen den Ton beziehungs­weise die Spannung empfunden. Von „heftige Diskussion“über „aufgeregte­r Disput“bis hin zu „nicht mal als hitzige Diskussion empfunden“reichten die Eindrücke.

Ebenso unterschie­dlich die Aussagen über die Passage zur „Lügnerin“, „Das Wort Lügnerin ist nicht gefallen“bis zu „Ich kann nicht mit letzter Gewissheit dazu etwas sagen“.

Nur ein Gemeindera­t unterstütz­te die Aussagen seiner Kollegin. „Ich habe es nicht nötig zu lügen.“

Ein Urteil über die Vorwürfe in der Zeugenauss­age konnte sich Richterin Beate Philipp jedoch sparen: Mit der Annahme des Strafbefeh­ls ist der Prozess zu Ende.

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