Reisender in Sachen Demokratie
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet das Thomas-Mann-Haus in Los Angeles
BERLIN - Bundespräsident FrankWalter Steinmeier ist am Sonntagabend zum ersten Besuch seiner Amtszeit in die USA gereist. Der Anlass: Das von der Bundesrepublik Deutschland erworbene Wohnhaus von Thomas Mann in Los Angeles wird nach einem Umbau eröffnet.
Es ist einer der symbolträchtigsten Orte des deutschen Exils, an dem sich der Schriftsteller Mann von 1942 bis 1952 aufhielt, umgeben von vielen anderen berühmten Literaten. Zu den regelmäßigen Gästen der Mann-Villa zählten Künstler und Wissenschaftler, von Albert Einstein und Lion Feuchtwanger bis hin zu Bertolt Brecht. Fast zehn Jahre lebte Thomas Mann in Los Angeles, nachdem er vor den Nazis geflohen war. Schon 1939 stellte er dort fest, „dass es ein Irrtum deutscher Bürgerlichkeit gewesen war, zu glauben, man könne ein unpolitischer Kulturmensch sein“.
Künftig soll das 500-Quadratmeter große Wohnhaus bis zu 15 Stipendiaten aufnehmen. Frank-Walter Steinmeier sorgte als Außenminister dafür, dass die Bundesrepublik die verfallene Villa vor zwei Jahren für rund 13 Millionen Dollar kaufte und mithilfe unter anderem der Berthold- Leibinger-Stiftung sanierte. Neben einigen Bundestagsabgeordneten wird Steinmeier auf der Reise von Frido Mann, dem 77-jährigen Enkel Thomas Manns, begleitet. Frido verbrachte dort einen Teil seiner Kindheit und schreibt derzeit ein Buch über das „Weiße Haus des Exils“, das im Herbst erscheinen soll. In seiner Villa soll künftig über Flucht und Exil, über Demokratie und transatlantische Beziehungen gesprochen werden. Zu einem passenderen Zeitpunkt könnte eine Reise in die USA kaum kommen. „Anliegen und Fragen, die durch Thomas Mann damals besprochen wurden, sind von beklemmender Aktualität“, sagte Stifter Berthold Leibinger. Von „Erschütterungen, die neues Nachdenken erfordern“hat Steinmeier in der vergangenen Woche in seiner Rede zum 95. Geburtstag des ehemaligen USAußenministers Henry Kissinger gesprochen. Kein Signal gegen Trump Dass Steinmeier nicht nach Washington zu US-Präsident Donald Trump, sondern an die demokratisch dominierte Westküste der USA fährt, will man im Präsidialamt aber nicht als „Anti-Trump-Signal“verstanden wissen. Die Reise zur Eröffnung der Mann-Villa sei lange geplant gewesen und dient der Refeflektion über die Demokratie, die den Westen zusammenhält. „Die Welt wird ihre Probleme nicht ohne Amerika, erst recht nicht gegen Amerika lösen“, sagte Steinmeier.
Der Kampf für die Demokratie, „struggle for democracy“, ist das Motto der Konferenz in Los Angeles, an der Steinmeier teilnimmt, bevor er weiter nach San Francisco reist. Der zweite Teil der Reise befasst sich mit der Demokratie der Zukunft und Gemeinsamkeiten auf beiden Seiten des Atlantiks. In San Francisco führt Steinmeier Gespräche zu den Herausforderungen der Digitalisierung, er trifft den demokratischen Gouverneur von Kalifornien, den TrumpGegner Jerry Brown, und die ehemalige US-Außenministerin Condoleezza Rice, die er noch aus seiner Zeit als Außenminister gut kennt.