Das Verschwinden der Buchkäufer
Branche will neue Wege gehen
FRANKFURT (dpa) - Der Alltag wird immer schnelllebiger, zugleich nehmen neue Medienangebote wie das Internet immer mehr Zeit des einzelnen in Anspruch. Eine Folge: Menschen lesen heute weniger – und fallen damit als Buchkäufer weg.
Diese Entwicklung hat die Buchbranche in eine Krise gestürzt. Im vergangenen Jahr lag das Umsatzminus bei 1,6 Prozent, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mitteilte. 6,4 Millionen Käufer – 18 Prozent der Kunden – hat die deutsche Buchbranche im Publikumsmarkt (ohne Schul-und Fachbücher) zwischen 2013 und 2017 verloren. Über alle Generationen hinweg, den stärksten Schwund gibt es aber in den Altersgruppen von 20 bis 50 Jahren. Erste dramatische Zahlen über den Käuferschwund waren zwar schon Anfang des Jahres bekannt geworden. Jetzt hat die Branche aber erstmals in einer umfassenden Befragung von Konsumenten nach den Ursachen geforscht – und zugleich Strategien entwickelt.
Ein Ergebnis der aktuellen Studie: Beliebte neue Serien wie etwa bei Netflix sind zur großen Konkurrenz fürs Buch geworden. Sie können zusammen mit anderen angeschaut werden – und sie bieten Anlass zur Entspannung und zum Gespräch am nächsten Tag mit anderen.
Diese Funktion hat früher das Buch übernommen. Aber Bücher sind heute „kein großes Gesprächs- thema“mehr, stellt die Studie fest. Dies wiederum erschwert den Menschen den Zugang zum Buch – und macht Nicht-Lesen generell akzeptabel. Außerdem fehle den Menschen am Buchmarkt mit seiner immer noch gigantischen Flut von jährlich mehr als 70 000 Titeln die Orientierung, heißt es weiter. Lesen als emotionales Erlebnis Wie können die Abwanderer zurückgewonnen werden? „Das Buch muss zum Konsumenten kommen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. Bücher könnten an unerwartete Orte gebracht werden, wie Fitnessclubs. Vielversprechender klingen Vorschläge, spezielle Leseorte in öffentlichen Räumen wie Parks einzurichten. Das Lesen eines Buchs soll wieder als „emotionales Erlebnis“und Erweiterung des Horizonts wahrgenommen werden. Mut macht der Branche, dass sich der Studie zufolge viele Menschen angesichts einer immer kürzer getakteten Welt nach Entschleunigung sehnen. Die Hoffnungen auf das E-Book als UmsatzTreiber haben sich dagegen nicht erfüllt. Im vergangenen Jahr lag dessen Anteil am Umsatz der verkauften Bücher bei lediglich 4,6 Prozent – und war ebenfalls rückläufig.
Trotz des Käuferschwunds ist die Branche in den vergangenen Jahren aber noch mit einem blauen Auge davongekommen. Der Umsatz ist mit etwas mehr als neun Milliarden Euro einigermaßen stabil geblieben.