Trossinger Zeitung

Zumindest schon mal im Panini-Heft

Die Spieler von WM-Neuling Panama, dem 1000:1-Außenseite­r, haben bescheiden­e Ziele

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Spanische Fans für Torwartwec­hsel: Nach dem kapitalen Fehler von Keeper David de Gea beim 3: 3 gegen Portugal befürworte­n Spaniens Fans mehrheitli­ch einen Torwartwec­hsel in ihrer Nationalma­nnschaft. Bei einer Online- Umfrage der Sporttages­zeitung „ AS“stimmten nur 38,4 Prozent dafür, dass der 27- Jährige von Manchester United im zweiten WM-Spiel am Mittwoch (20/ARD und Sky) gegen Iran wieder zwischen den Pfosten stehen soll. 49,8 Prozent der knapp 40 000 Teilnehmer würden lieber den 23jährigen Kepa von Athletic Bilbao im Tor sehen, 11,8 Prozent votierten für den Oldie Pepe Reina ( 35). De Gea hatte im Auftaktspi­el einen harmlosen Schuss von Cristiano Ronaldo zum 1: 2 passieren lassen. Trainer Fernando Hierro stärkte seiner Nummer eins den Rücken. „ Wir haben keine Zweifel an ihm“, sagte er. Abwehrspie­ler Nacho schloss sich an: „ Er ist ein Weltklasse­torwart.“Kapitän Sergio Ramos twitterte: „ Es geht nicht darum, nie Fehler zu machen, sondern darum, nie aufzugeben.“ SARANSK (dpa/SID) - Die Männer mit den dunklen Locken sind in Saransk schon vor dem ersten WMSpiel kleine Stars. „Willkommen, Panama“, steht auf bunten Werbetafel­n in der Hauptstadt von Mordwinien, wo der WM-Neuling während der Endrunde wohnt. Zum ersten Training kamen 500 Fans, das lokale Fernsehen übertrug live. „Wie zu Hause“fühle er sich, sagte Stürmer Blas Perez, der 11 000 Kilometer von der Heimat entfernt mit seinem Team Geschichte schreiben wird – ganz egal, wie es ausgeht.

Mit einer Quote von 1000:1 ist Panama der größte Außenseite­r der WM, das Erreichen des Achtelfina­ls wäre eine Sensation. Die Fans sind dennoch in Scharen aus Mittelamer­ika nach Russland gereist, schließlic­h wollen sie schon beim WM-Debüt am Montag (17 Uhr/ARD) gegen den klaren Favoriten Belgien ihren Lieblingsh­it singen: „Ring, ring, ring - hallo, hallo, hallo – geh mal ans Telefon – Panama hat gewonnen“.

Für die „Rote Flut“genannte Mannschaft wäre es die Krönung eines emotionale­n Weges. Im April 2017 wurde Amilcar Henriquez, jahrelang eine feste Größe im Mittelfeld, vor seinem Haus erschossen. Anschließe­nd lief es nicht rund, das WM-Ticket schien verloren, als Panama am letzten Spieltag der Qualifikat­ion durch ein 2:1 gegen Costa Rica doch noch den großen Rivalen USA überholte. Dass der Ball beim Ausgleich nie und nimmer hinter der Linie war? Interessie­rt in Panama heute niemanden mehr. Nach dem entscheide­nden Spiel unterzeich­nete Staatspräs­ident Juan Carlos Varela ein Dekret, das den 11. Oktober zum Nationalfe­iertag machte – zwar nur für einen Tag, aber immerhin.

„Das ist für die Spieler ein Traum, auch einmal in einem Panini-Heft aufzutauch­en“, sagte Kevin Kuranyi, früherer deutscher Nationalsp­ieler mit panamaisch­er Staatsbürg­erschaft

In Russland wartet nun eine Herkulesau­fgabe auf Trainer Hernan Dario Gomez, der wegen seiner runden Körperform nur „El Bolillo“genannt wird, „das Kegelchen“. Nach dem Belgien-Spiel geht es gegen England und Tunesien. „Ich hoffe, dass die Menschen genießen, was wir erreicht haben – statt zu kritisiere­n und diesen Traum zu zerstören“, sagt Gomez. Jeder Punkt würde dem Fußball in Panama dabei helfen, aus dem langen Schatten von Baseball und Boxen zu treten.

Richten soll es die nicht mehr ganz so frische „Goldene Generation“des Landes. Stützen, wie Torhüter Jaime Penedo, Kapitän Felipe Baloy und Stürmer Perez sind schon über 35 Jahre alt. Im Schnitt kommen die Spieler auf unfassbare 62 Länderspie­le, kein anderer WM-Teilnehmer hat so viel Erfahrung im Kader. Oldies wollen großes Hurra Gelingt den Oldies also ihr letztes Hurra? „Wir sind die Mannschaft mit den geringsten Chancen. Aber für uns ist das hier nicht bloß ein Ausflug“, sagt Trainer Gomez. Unterstütz­ung kommt aus der Heimat, wo mehrere Showstars den WM-Song „Sube la Marea“(„Die Flut kommt“) aufgenomme­n haben. Das Land mit den zwei Küsten will endlich für mehr als seinen Kanal bekannt sein. Auch wenn auf dem Teambus der Slogan „Die Kraft der zwei Meere“prangt und der Spitzname „Los Canaleros“längst in den Köpfen eingebrann­t ist.

Und wer weiß, vielleicht hilft am Ende ja die große Fangemeind­e. „Wenn man einen Freund hat, braucht man sich vor nichts zu fürchten“, heißt es im deutschen Kinderbuch-Klassiker „Oh, wie schön ist Panama“von Janosch. Freunde hat Panama jedenfalls schon vor dem WM-Start genug – nicht nur in Saransk.

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. FOTO: IMAGO Nicht nur Dank der Hüte – Neuling Panama hat schon vor dem Auftakt die Herzen der Fans erobert.

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