Das andere Weltzentrum
Ehrenamtliche des Deutschen Harmonikamuseums auf den Spuren der sächsischen Harmonikageschichte
Ehrenamtliche des Harmonikamuseums reisen nach Klingenthal.
TROSSINGEN (pm) - Dass die Musikstadt Trossingen dank der Harmonikaindustrie Weltgeltung erlangte, ist in der Region wohlbekannt. Aber es gab noch eine andere deutsche Stadt, die dasselbe von sich behaupten konnte: Klingenthal im sächsischen Vogtland. Die Ehrenamtlichen des Deutschen Harmonikamuseums haben sie sich angeschaut.
Ein volles Programm hatte die 16köpfige Gruppe des Deutschen Harmonikamuseums bei ihrer viertägigen Exkursion. Hauptziel war die Musikstadt Klingenthal, aber auch deren Umgebung. Wie in Trossingen entstand dort im 19. Jahrhundert eine Harmonikaindustrie mit Weltgeltung, die über Generationen hinweg tausenden von Menschen Brot und Arbeit gab. Die Ehrenamtlichen unter Leitung von Martin Häffner begaben sich auf die Spuren der sächsischen Harmonikageschichte und -gegenwart.
Gleich am Anfang stand ein Empfang beim Bürgermeister Klingenthals, Thomas Hennig (CDU). Dieser berichtete in lebhafter Weise über die vielen positiven Trends in der Entwicklung der Musik- und Wintersportstadt; auch in Sachen Wiederbelebung der Harmonikaszene. Nebenbei erwähnte er ein bevorstehendes rundes Jubiläum: 2019 kann Klingenthal 100 Jahre Verleihung der Stadtrechte feiern.
Museumsleiter Martin Häffner überreichte ein Gastgeschenk der Stadt Trossingen samt Schreiben von Bürgermeister Clemens Maier und verlieh der Hoffnung Ausdruck, der Austausch zwischen den beiden einstigen Harmonika-Weltzentren möge sich künftig intensiver gestalten. Er verwies darauf, dass der württembergische Staat 1927 die Stadtrechte an Trossingen nicht zuletzt im Hinblick auf die bereits mit Stadtrechten versehene Konkurrentin Klingenthal verliehen habe. Intensives Programm Dem Empfang schloss sich unter der Leitung von Thomas Böhm, einem Nachfahre der namhaften Mundharmonikafabrik F. A. Böhm, ein intensives Besuchsprogramm an: Kurzführung durch die Stadt und die außergewöhnliche Rundkirche, und nach der Mittagspause am 900 Meter hohen Aschberg wurde die Mundharmonikafabrik C. A. Seydel Söhne besichtigt. Geschäftsführer Lars Seifert präsentierte die kleine, aber feine reprivatisierte Firma persönlich. „Konkurrenz belebt das Geschäft“mag sich manch einer der Trossinger Gäste gedacht haben. Spannender Hintergrund: Die Inhaber von Seydel sind Schwaben, die ihr Glück einst bei Hengstler in Aldingen beziehungsweise dessen Abspaltung Interflex machten.
Am zweiten Tag führte Thorald Meisel, Redakteur der Lokalzeitung „Freie Presse“und vielfältig in der Klingenthaler Harmonikaszene aktiv, durch das Harmonikamuseum im Teilort Zwota. Danach ging es weiter nach Markneukirchen in das Zentrum des sogenannten Musikwinkels. Dort befindet sich im sogenannten „Paulus-Schlösschen“ein renommiertes Musikinstrumentenmuseum, das selbstverständlich auf dem Besuchsprogramm stand. Highlight für die Trossinger Gäste: Das größte - allerdings nicht spielbare - Piano-Akkordeon der Welt.
Danach stand das Programm ganz im Zeichen des gebürtigen Trossingers Hans-Peter Messner, Ehrenmitglied des Deutschen Harmonikamuseums. Mittels Kleinbus ließ er seine Landsleute nach Adorf holen, präsentierte dort im Werk 2 sein weltweit aufgestelltes Unternehmen Gewa. Der Gesamtkatalog über Musikinstrumente und Zubehör von Gewa beeindruckte schon durch sein Gewicht.
Auf Einladung Hans-Peter Messners ging es zur abendlichen Einkehr in den Landgasthof „Heiterer Blick“. Dort wurden anregende Gespräche geführt, vogtländische Gerichte genossen und nicht zuletzt wie an den Abenden zuvor musiziert und gesungen. Vor allem Franz Kraus, Ehrenamtlicher und Vollblutmusiker, brachte sich ein.
Am letzten Tag wurde vor der Rückfahrt noch eine Zwischenstation in Carlsfeld im Erzgebirge eingelegt, wo Bandoneonspieler und -bauer Robert Wallschläger seine Heimat und seine bestens ausgestattete Werkstatt zeigte. Die legendären Arnold-Bandoneons stammen aus dem kleinen Carlsfeld. Wallschläger belebt diese Tradition; sogar zahlreiche Kinder und Jugendliche sind im dortigen „Bandionorchester“aktiv.