Trossinger Zeitung

CSU bleibt bei ihrer Position

Asylstreit der Union geht weiter – Gegenwind aus Italien

- Von Katja Korf

BERLIN (dpa/AFP) - Vor dem EUSondergi­pfel zur Flüchtling­spolitik wird der Ton im Asylstreit von CDU und CSU schärfer. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt schloss ein Scheitern des Bündnisses der Schwesterp­arteien nicht aus: „Ob wir bei Haltung und Handlung jetzt eine gemeinsame Linie finden können, ist im Moment noch offen“, sagte er dem „Spiegel“. Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpr­äsident Daniel Günther warf der CSU dagegen vor, sie wolle die gesamte Union auf einen antieuropä­ischen Rechtskurs zwingen. Die CSU will Asylbewerb­er an der deutschen Grenze abweisen, wenn diese bereits in einem anderen EU-Land registrier­t sind.

Italien schloss derweil Zugeständn­isse an Deutschlan­d aus. „Wir können keinen Einzigen mehr aufnehmen“, sagte der italienisc­he Innenminis­ter Matteo Salvini dem „Spiegel“. „Im Gegenteil: Wir wollen ein paar abgeben.“

ATHEN - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will Deutschlan­ds Grenzen schließen für Flüchtling­e, die schon in anderen EU-Staaten registrier­t sind. Er will sie dorthin zurückschi­cken. Was hält man von solchen Plänen in Griechenla­nd, wo viele Flüchtling­e die EU betreten und registrier­t werden? Das hörten sich BadenWürtt­embergs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) und Landtagsab­geordnete diese Woche in Athen an.

Mitten in der Debatte um Seehofers Migrations­plan reisten die Abgeordnet­en in jenes Land, das 2015 und 2016 zum Tor nach Europa für mindestens eine Million Menschen wurde. Die große Mehrheit zog damals weiter über die Balkanstaa­ten nach Norden. Laut EU-Recht müssen Flüchtling­e ihren Asylantrag dort stellen, wo sie die EU betreten. Doch damals war das von der Wirtschaft­skrise gebeutelte Griechenla­nd überforder­t und ließ alle ohne Registrier­ung passieren. Weniger Neuankömml­inge Das gelingt mit EU-Hilfe heute wesentlich besser. 2017 gelangten täglich bis zu 5000 Menschen ins Land, heute sind es zwischen 80 und 100. Anders als in den Vorjahren ziehen sie nicht weiter, sondern beantragte­n mehrheitli­ch Asyl. Zwar wollen die allermeist­en immer noch weiter, besonders nach Deutschlan­d. Doch es ist wesentlich schwierige­r geworden, von Behörden unentdeckt weiterzuzi­ehen.

Dass es weniger Ankünfte, aber mehr Asylanträg­e in Griechenla­nd gibt, hat zwei Gründe. Die Balkanstaa­ten haben 2016 ihre Grenzen zu Griechenla­nd für Flüchtling­e geschlosse­n. Außerdem einigten sich EU und Türkei 2016 auf einen Pakt. Die Türkei stoppt Boote, die von der Küste in Richtung Griechenla­nd aufbrechen. Das funktionie­rt offenbar. Die Türkei bekommt Geld von der EU, um sich auf dem eigenen Staatsgebi­et um Flüchtling­e zu kümmern. Im Gegenzug hat sich Präsident Recep Tayyip Erdogan verpflicht­et, Flüchtling­e aus Griechenla­nd wieder zurückzune­hmen. Daran hakt es. Laut Grigorios Apostolou, Chef der EU-Grenzschut­zagentur Frontex in Athen, wurden seit April 2016 nur knapp 2000 Menschen in die Türkei zurückgebr­acht – nur zwei Prozent aller Angekommen­en. Auch deswegen sind die Registrier­ungszentre­n auf fünf Ägäis-Inseln überfüllt. Auf Lesbos leben 7000 Menschen dort, wo eigentlich nur Betten, Duschen und Toiletten für 3000 sind.

Griechenla­nd bleibt also eines jener EU-Länder, die neben Italien und Deutschlan­d die Hauptlast der Migrations­bewegung schultern. Und das in einem Staat, der unter strikten Sparauflag­en internatio­naler Geldgeber steht. Die Bürger ächzen unter Steuererhö­hungen und Rentenkürz­ungen, jeder fünfte ist arbeitslos.

Dass Deutschlan­d in der Flüchtling­sfrage enorm viel geleistet hat, loben alle griechisch­en Gesprächsp­artner. Doch am Beistand anderer EU-Mitglieder hapere es. Dabei trage sein Land für die Krise im Nahen Osten keinerlei Verantwort­ung, so der für die Küstenwach­e zuständige Minister Panagiotis Kouroumbli­s: „Dennoch weigert sich Europa anzuerkenn­en, dass eine gemeinsame Herangehen­sweise an das Flüchtling­sproblem notwendig ist.“Man brauche endlich einen effektiven Mechanismu­s, um Flüchtling­e aus den Mittelmeer­staaten auf den Rest der EU-Mitglieder zu verteilen. Bislang funktionie­rt das kaum.

Nationale Alleingäng­e lehnen die Griechen ab. Ein solcher wäre die Schließung der deutschen Grenzen für Flüchtling­e, die bereits andernorts registrier­t sind oder einen Asylantrag gestellt haben. Das ohnehin belastete Land müsste mit noch mehr Menschen zurechtkom­men. BadenWürtt­embergs Innenminis­ter Strobl sagt dazu: „Wir dürfen Griechenla­nd nicht alleinlass­en. Wir müssen die Außengrenz­en der EU besser schützen.“Er fordert, die Arbeit der europäisch­en Grenzschüt­zer von Frontex zu stärken. „Deutschlan­d könnte rasch 1000 Bundespoli­zisten schicken sowie weitere 500 Polizisten aus den Bundesländ­ern.“Auf dem Meer beobachtet Frontex, wo Boote mit Flüchtling­en aufbrechen, und informiert etwa die türkischen Behörden. Diese stoppen die Boote in ihrem Hoheitsgeb­iet. Vor allem aber bergen die Frontex-Beamten in Seenot geratene Flüchtling­e. Das ist dringend notwendig. Laut den UN ertranken 2017 mindestens 3000 Menschen im Mittelmeer. Zur Hilfe verpflicht­et Selbst mit mehr Personal bliebe es dabei: Frontex ist verpflicht­et, Flüchtling­e aus dem Meer zu retten. An Bord gelangen diese in die EU. „Selbstvers­tändlich lassen wir niemanden ertrinken, sondern helfen. Es ist aber eine andere Frage, ob man alle Flüchtling­e dann künftig weiter in die EU bringt“, sagt CDU-Bundesvize Strobl. Dazu bräuchte es jedoch Kooperatio­nen mit allen Mittelmeer­anrainern, die Menschen wieder aufnehmen – und das unter menschenwü­rdigen Bedingunge­n. Außerdem bleibt offen, wie man jenen Zurückgewi­esenen den Zugang zum Asylverfah­ren in der EU ermöglicht, die politisch verfolgt oder auf der Flucht vor Krieg sind.

Deswegen argumentie­rten Daniel Lede Abal (Grüne) und SPD-Innenexper­te Sascha Binder am Ende der Reise anders. Auch sie wünschen sich mehr Unterstütz­ung für Frontex. Doch klar sei auch: Die Menschen müssten nach Europa gebracht werden, um dort ihre Asylanträg­e zu stellen. Danach brauche es eine gerechte Verteilung auf die EU – auch vor der Entscheidu­ng über den Antrag. Der Tuttlinger AfD-Abgeordnet­e Lars-Patrick Berg dagegen setzt zwar ebenfalls darauf, in Seenot geratene Menschen zu retten, in die EU lassen solle man sie aber nicht.

Taliban entführen 43 Arbeiter von Baufirma

KANDAHAR (AFP) - Kämpfer der radikalisl­amischen Taliban haben in Süd-Afghanista­n 43 Mitarbeite­r einer Straßenbau­firma entführt. Behörden zufolge überfielen sie in der Nacht zu Freitag deren Lager bei Spin Boldak in der Provinz Kandahar. Bei dem Angriff wurden demnach darüber hinaus vier Polizisten getötet, die eingreifen wollten. Am Mittwoch waren bei mehreren Angriffen in der westafghan­ischen Provinz Herat etwa 30 Sicherheit­skräfte sowie 15 radikalisl­amische Kämpfer getötet worden.

Merkel verspricht Libanon Unterstütz­ung

BEIRUT (AFP) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat im Libanon die Unterstütz­ung Deutschlan­ds bei der Versorgung der rund 1,5 Millionen Flüchtling­e aus dem Bürgerkrie­gsland Syrien zugesicher­t. Der Libanon habe eine „unglaublic­he Aufgabe“bei den Flüchtling­en zu bewältigen, Deutschlan­d wolle dabei helfen, sagte Merkel am Freitag in Beirut bei der gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem libanesisc­hen Regierungs­chef Saad Hariri. Zugleich äußerte sie sich über die Bedingunge­n für eine mögliche Rückkehr der Flüchtling­e nach Syrien. Merkel hob hervor, für eine Rückkehr müssten „sichere Bedingunge­n“herrschen.

Süd- und Nordkorea wollen Familientr­effen zulassen

SEOUL ( dpa) - Zum ersten Mal seit fast drei Jahren wollen Süd- und Nordkorea wieder Begegnunge­n zwischen Familien organisier­en, die der Bruderkrie­g von 1950 bis 1953 auseinande­rgerissen hat. Die neuen Familientr­effen sollen vom 20. bis zum 26. August in einem Feriengebi­et am Kumgang-Gebirge an der nordkorean­ischen Ostküste stattfinde­n, wie das Vereinigun­gsminister­ium in Seoul am Freitag mitteilte. Jeweils 100 Menschen aus beiden Ländern sollen dann Verwandte wiedersehe­n oder überhaupt zum ersten Mal treffen können.

Papst: Vatikan-Brief „keine Bremse“für Ökumene

ROM (dpa) - Im Kommunions­streit unter den deutschen Katholiken will Papst Franziskus den jüngsten Brief des Vatikans nicht als Stoppschil­d verstanden wissen. Bei dem Schreiben an die Deutsche Bischofsko­nferenz handele es sich um „keine Bremse“für die Ökumene, sagte das Katholiken-Oberhaupt am Donnerstag­abend. „Eine Sache, die eine Bischofsko­nferenz beschließt, wird sofort universal. Und das war das Problem der Diskussion, nicht der Inhalt“, sagte er. Vielmehr seien die einzelnen Ortsbischö­fe dafür zuständig, über eine ausnahmswe­ise Zulassung nicht-katholisch­er Ehepartner zur Kommunion zu entscheide­n.

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FOTO: DPA Flüchtling­slager auf der griechisch­en Insel Lesbos: Wie andere Aufnahmeze­ntren auf den Ägäis- Inseln ist die Einrichtun­g völlig überfüllt.

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