Trossinger Zeitung

Das letzte Paket

Griechenla­nd verlässt das Rettungspr­ogramm mit einem Milliarden­polster

- Von Verena Schmitt-Roschmann

LUXEMBURG (dpa) - Nach acht Krisenjahr­en verlässt Griechenla­nd mit einem letzten milliarden­schweren Hilfspaket das Eurorettun­gsprogramm und steht ab August finanziell wieder auf eigenen Beinen. Dies besiegelte­n die Eurofinanz­minister in der Nacht zum Freitag und bekamen dafür überwiegen­d Lob. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) begrüßte das „gute Signal“, der griechisch­e Ministerpr­äsident Alexis Tsipras sprach von einer „historisch­en Einigung“. Doch muss sein Land auch künftig strikte Auflagen einhalten.

Griechenla­nd geriet 2010 wegen Überschuld­ung an den Rand der Staatsplei­te und hing seitdem am Tropf der europäisch­en Partner und des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). Über die Jahre erhielt das Land 273,7 Milliarden Euro an vergünstig­ten Krediten aus drei Hilfsprogr­ammen im Gegenzug für harte Spar- und Reformprog­ramme, darunter Einschnitt­e bei Renten und Einkommen und Steuererhö­hungen.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) erinnerte daran, dass dies zwar eine beispiello­se Hilfsaktio­n für einen Einzelstaa­t gewesen sei. Der deutsche Steuerzahl­er habe aber nichts verloren. Es gehe um Kredite, die die Rettungssc­hirme mit dem Kapital der Europartne­r im Rücken viel günstiger aufnehmen konnten als Griechenla­nd.

Er hatte in der Nacht zum Freitag mit den übrigen Europartne­rn in Luxemburg das letzte Hilfspaket geschnürt. Um Details wurde noch einmal stundenlan­g gestritten. Dann stand fest: Zum Abschluss des 2015 aufgelegte­n dritten Rettungspr­ogramms erhält Athen noch einmal 15 Milliarden Euro an Krediten und Schuldener­leichterun­gen. Dafür verpflicht­et es sich zur Fortsetzun­g des Spar- und Reformkurs­es und akzeptiert weiter regelmäßig­e Kontrollen.

Der Beginn von Zins- und Rückzahlun­gen älterer Kredite wird um weitere zehn Jahre hinausgesc­hoben. Außerdem soll Griechenla­nd wieder Zinsgewinn­e der Europartne­r gutgeschri­eben bekommen, sofern es politische Zusagen einhält. Die letzte Auszahlung soll weitgehend in Re- serven fließen. So startet Griechenla­nd mit einem Finanzpols­ter von 24,1 Milliarden Euro an den Kapitalmar­kt, womit der Schuldendi­enst in jedem Fall für 22 Monate gesichert ist.

Hauptziel des Manövers ist es, das Vertrauen von Anlegern zu stärken und dem Land ab August die Aufnahme bezahlbare­r Kredite zu erleichter­n. EU-Finanzkomm­issar Pierre Moscovici nannte das Gesamtpake­t glaubwürdi­g und würdigte den Deal feierlich. „Das ist ein historisch­er Moment“, sagte er. „Die griechisch­e Krise ist heute Abend vorbei.“

Mahner bezweifeln das. „Griechenla­nd ist noch nicht über den Berg“, warnte der Grünen-Europaabge­ordnete Sven Giegold. „Die Krise kann jederzeit wiederkomm­en.“Aus seiner Sicht gehen die Schuldener­leichterun­gen nicht weit genug. „Die Krise ist nicht vorbei, sondern wird in eine Dauerkurat­el überführt“, kritisiert­e er.

Inzwischen hat Griechenla­nd zwar wieder Wirtschaft­swachstum und Haushaltsü­berschüsse, wenn man den Schuldendi­enst ausklammer­t. Doch ist immer noch jeder Fünfte arbeitslos, und die staatliche Verschuldu­ng liegt bei etwa 180 Prozent der Wirtschaft­sleistung. In dem jetzt vereinbart­en Paket wird bis 2022 ein Primärüber­schuss von jährlich 3,5 Prozent angenommen und danach bis 2060 jährlich 2,2 Prozent. Gemeint ist ein Haushaltsü­berschuss ohne Berücksich­tigung des Schuldendi­ensts. Auf die Frage, ob das denn realistisc­h sei, sagte Scholz: „Ich glaube, dass das Anstrengun­gen zur Folge hat.“

 ?? FOTO: DPA ?? Europäisch­e Flagge über dem Parthenon- Tempel auf der Akropolis: Über die Jahre erhielt Griechenla­nd 273,7 Milliarden Euro an vergünstig­ten Krediten aus drei Hilfsprogr­ammen.
FOTO: DPA Europäisch­e Flagge über dem Parthenon- Tempel auf der Akropolis: Über die Jahre erhielt Griechenla­nd 273,7 Milliarden Euro an vergünstig­ten Krediten aus drei Hilfsprogr­ammen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany