„Der Besucher auf einem Holzweg“
Auberlehaus-Chef Volker Neipp über die neue Ausstellung „Naturräume“
TROSSINGEN - Im Trossinger Auberlehaus wird hart gearbeitet. Die Ehrenamtlichen bereiten die neue Dauerausstellung „Naturräume“vor und leisten dafür ungezählte Arbeitsstunden. Redaktionsleiterin Sabine Felker hat sich mit Museumschef Volker Neipp über Bäume im Museum, Arbeitseinsätze am Wochenende und neuste Museumstechnik unterhalten. Seit das Auberlehaus das Gebäude in der Löwenstraße, in dem bis zum Umzug das Deutsche Harmonikamuseum untergebracht war, bekommen hat, dreht das Team des Auberlehauses das große Rad. Nach und nach schaffen Sie gemeinsam neue Ausstellungsflächen. Die neuste wird „Naturräume“sein. Was werden die Besucher hier zu sehen bekommen? Wenn nichts unvorhergesehenes passiert, werden wir die Tore am 21. Oktober zum ersten Male öffnen können. Wie viel Fläche erschließen Sie mit der neuen Ausstellung? Wie viel Geld muss der Verein investieren? Knapp 400 Quadratmeter Fläche werden in zwei Sälen grundlegend neu gestaltet. Der erste Raum ist der Artenvielfalt gewidmet. Unsere Archive sind gut gefüllt, teilweise mit absoluten naturhistorischen Kostbarkeiten. Einige davon werden wir hier präsentieren können. Zum ersten Male werden wir Teile der EierSammlung und der VogelnestSammlung neben Muscheln und Haien, Vögeln und Säugetieren präsentieren. Auch die Insekten werden vertreten sein. Danach betritt der Besucher auf einem Holzweg die „Naturräume“; der Blick schweift über die afrikanische Savanne bis zum heimischen Wald, viele Überraschungen warten auf den aufmerksamen Besucher und vieles wird nicht auf den ersten Blick zu entdecken sein. In die neue Ausstellung steckt der Verein rund 30 000 Euro. Das ist von uns sehr ambitioniert und knapp kalkuliert. Leider verfügen wir nicht über die großen Gelder, denn wir müssen ja auch noch sparen für den letzten Bauabschnitt im kommenden Jahr: Der Ausstellung über das Trossingen des 20. Jahrhunderts. Hier werden wir nochmals rund 45 000 Euro investieren. Auch technisch treiben Sie einigen Aufwand: Die LED-Beleuchtung, die verschiedenen Untergründe wie Tannenstreu oder Sandboden der Savanne. Wie lange hat es gedauert, die Idee in eine konkrete Planung umzusetzen? Die Arbeiten am Konzept dauern seit über einem Jahr . Dies ist bei uns ein stetig wachsender und sich ent- wickelnder Prozess. Das Team bringt die Ideen ein, einige können wir umsetzen, andere nicht. Sehr häufig kann dies an den Kosten scheitern. Werden Sie dabei von Profis unterstützt? Aber nein, wir greifen auf keine Profis zurück. Wir bauen mit Leidenschaft und identifizieren uns alle mit dem Prozess der Entstehung und dem dann fertigen Endprodukt. Die meisten Ausstellungen von Profis ähneln einander sehr, nur sehr wenige stechen hier heraus, die meisten sind aus meiner Sicht seelenlos. Dies versuchen wir im Auberlehaus zu vermeiden. Unsere Besucher sollen sich faszinieren und begeistern lassen.
„Das ist die ideale Vorbereitung für einen Waldspaziergang.“Volker Neipp über die neue Waldausstellung mit Trossinger Bäumen.
Besonders fallen die Bäume auf, die hier zu wachsen scheinen. Stehen wir hier tatsächlich in einem Auszug des Trossinger Waldes? Der schönste Trossinger Wald ist immer noch derjenige, der die Stadt umgibt. Aber ja, wir holen den Wald ins Trockene, wobei Sie immer sehen werden, dass Sie im Museum sind. Wir interpretieren das Thema modern und lassen die Gäste die Vielfalt des Waldes entdecken. Teilweise greifen wir auch ein wenig vor: In unserem Stadtwald heult der Wolf, kauert der Luchs in seinem Versteck und plündert ein Braunbär einen Bienenstock. Ebenso aktuell ist der Biber, aber auch die Folger dieses Baumeisters: Fischotter und Rothirsch. Wir bieten die ideale Vorbereitung für einen Waldspaziergang: Hier können Vögel bestimmt und auch gehört werden, Tiere werden nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören sein. Somit können dann im echten Wald die Bewohner leichter identifiziert werden. Eine Austellung also, die vor allem Schulklassen, Familien und Kinder ansprechen soll. Bis 20. Oktober ist es gar nicht mehr so weit hin. Liegen Sie gut im Zeitplan oder werden noch viele Wochenenden für die Arbeiten dran glauben müssen? Wir liegen sehr gut im Zeitplan bis dato. Dennoch gehen wir davon aus, dass jedes Wochenende gearbeitet werden muss. Dazu kommen die Planungstreffen, das Texten, Abstimmungen mit unseren Partnern im Bereich der Naturkunde – der Biberbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Frau Sättele, der Luchs-Initiative, dem staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart und dem Imkerverein Trossingen. Derzeit gehe ich davon aus, dass noch vor den Sommerferien unsere Tiere in die neuen Habitate umziehen dürfen; dann machen sich Eisbär, Löwe, Zebra und Co. auf den Weg ins Auberlehaus, zeitgleich werden wir das Arboretum, die Baumsammlung, einbauen. Ab dann beginnt die Feinarbeit der Inszenierung und die Einspielung der technischen Finessen. Das Team muss viel leisten ... Es ist ein tolles, sehr eingespieltes Team, das hier arbeitet, auch wenn wir stets neue Mitstreiter suchen, denn die Arbeit wird ja nicht weniger. Aufsichten müssen eingearbeitet und eingeplant werden, Kollegen für die zahlreichen Führungen werden geschult und vor allem gesucht; die Sammlungen sind ja so vielfältig – wer hier Lust hat, kann sich hier polyglottes Wissen aneignen und vermitteln. Das Auberlehaus wird in diesem Jahr unglaubliche 300 Jahre alt. Ein Grund zum Feiern. Wie wird die Party aussehen? Wir werden die Geburtstagsgäste des Auberlehauses in der Staatlichen Hochschule für Musik empfangen. Im Rahmen eines vielschichtigen Konzertes zum Thema Heimat 2.0 wird dort das Thema Heimat künstlerisch interpretiert, aber auch das Auberlehaus selbst soll entsprechend gewürdigt werden. Immerhin war es Heimat für viele Generationen und jetzt für die städtischen Sammlungen, Wohnort für Flüchtlinge nach dem Kriege und Schauplatz des Allmandstreites im 18. Jahrhundert. Danach lädt der Jubilar seine Gäste ein, das Haus wieder mit Leben zu füllen. Es wird ein denkwürdiger Abend werden, da bin ich mir sicher.