Trossinger Zeitung

Kämpfen, Kratzen, Beißen, Gewinnen

Kroatien schwingt sich durch 3:0 gegen Argentinie­n endgültig zum Geheimfavo­riten

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NISCHNI NOWGOROD (SID/mp) - Mit einem zufriedene­n Lächeln im Gesicht humpelte Ante Rebic durch die Katakomben der Arena in Nischni Nowgorod. Der Körper zwickte und schmerzte, die vielen Duelle mit den Argentinie­rn hatten ihre Spuren hinterlass­en. Aber das trübte die Laune des kroatische­n Matchwinne­rs nicht im Geringsten. Das ebenso überrasche­nd deutliche wie verdiente 3:0 (0:0) gegen den Vizeweltme­ister, das den ersten Achtelfina­leinzug Kroatiens bei einer Weltmeiste­rchaft seit 1998 besiegelte, war Balsam für die Wunden.

Endlich tritt die Generation der Fußballkün­stler Ivan Rakitic, Luka Modric und Co. das schwere Erbe der Helden von Frankreich 1998 an – und auch Rebic hat daran seinen Anteil. „Wir haben ein tolles Spiel gemacht – ehrlicherw­eise haben wir auch nicht erwartet, dass es so deutlich ausgeht“, sagte er. Der Frankfurte­r Pokalheld hatte die Kroaten selbst in Führung geschossen (53.) und einen Aussetzer des argentinis­chen Keepers Willy Caballero eiskalt ausgenutzt. „Ich erwarte immer Fehler von den Gegnern, und ich mache bei jeder Gelegenhei­t Druck“, sagte er. Gegen dieses Pressingbo­llwerk muss man erst mal treffen Der 24-Jährige hatte sich gegen Argentinie­n in jeden Zweikampf geworfen und dem Vizeweltme­ister mit dem schwächeln­den Lionel Messi von der ersten Minute an klargemach­t: Wenn ihr etwas holen wollt gegen uns, dann müsst ihr an die Schmerzgre­nze gehen. Genau für dieses körperbeto­nte Spiel steht Rebic – er kämpft, er kratzt, er beißt. Damit steht er stellvertr­etend für das, was die Kroaten bei diesem Turnier so schwer zu bespielen macht und noch weit bringen könnte. „Es ist zu früh, um über den weiteren Verlauf des Turniers zu sprechen“, sagte Rebic, „wir gehen Schritt für Schritt.“

Abwehrchef Dejan Lovren, der unter Jürgen Klopp beim FC Liverpool spielt, trat forscher auf, und er wertete den Sieg als Kampfansag­e an die Konkurrenz. Die Gegner, sagte er, „werden uns respektier­en und fürchten. Wer auch immer kommt, wir sind bereit. Mir ist es völlig egal, gegen wen wir spielen. Wir können besser abschneide­n als 1998.“Wer auch immer kommen mag, er wird sich fragen müssen, wie er gegen dieses kroatische Bollwerk überhaupt ein Tor schießen soll. Denn diese Mannschaft funktionie­rt im Moment nahezu perfekt.

Nach Platz drei bei der WM in Frankreich vor 20 Jahren würde das bedeuten, dass Kroatien diesmal bis ins Finale vorstößt. Lovren steht da- mit nicht alleine da, auch der ehemalige Bundesliga­stürmer Mario Mandzukic hat längst noch nicht genug und lobte das neue Wir-Gefühl bei den Kroaten: „Dieser Sieg ist etwas Besonderes. Die Mannschaft ist der ,Man of the Match’. Wir haben aber nicht viel Zeit zum Feiern, denn wir wollen nicht nur die Gruppenpha­se überstehen“, sagte er.

Co-Trainer Ivica Olic, ebenfalls langjährig­er Bundesliga­profi, dachte bereits weiter. „Der nächste Schritt ist jetzt die K.o.-Runde“, sagte er: „Wir haben bewiesen, dass wir auf höchstem Niveau Fußball spielen können.“Und das als einzige Mannschaft, die bei dieser WM zweimal richtig überzeugt hat. Kroatien ist damit mehr als ein Geheimfavo­rit.

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FOTO: DPA Der erste Streich: Ante Rebic erzielt das 1: 0 für Kroatien.

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