CDU-CSU-Konflikt überschattet Parteitag
Kreisvorsitzende Maria-Lena Weiss plädiert für die europäische Asyl- Lösung
Kreisvorsitzende plädiert für die europäische Asyl-Lösung.
DÜRBHEIM – Der 33-jährige Markus Keller, als Vorsitzender des Verbandes Balgheim-Dürbheim, wohl einer der Jüngsten im Turnhallensaal, hat am Freitagabend beim Kreisparteitag der CDU die eingetrübte Stimmung auf den Punkt gebracht: „Wir sind an der Basis mit dem Populismus und vielen Parolen konfrontiert, etliche CDU-Wähler wandern uns in Richtung AfD davon und die traditionelle Parteienbindung nimmt zunehmend ab.“
Kreisvorsitzende Maria-Lena Weiss strahlte ebenfalls bei der Begrüßung der prominenten Gästeriege – CDU-CSU-Fraktionschef Volker Kauder, Landes-Justizminister Guido Wolf, Ex-MdL Franz Schuhmacher, Ex-Landrat Hans Volle und OB Michael Beck – nur verhaltenen Optimismus aus. „Auch heute Abend muss ich wieder von politisch turbulenten Zeiten reden“, sagte die Kreisvorsitzende zur gespannten Lage der Regierungsfraktionen. Offensichtlich war sie nicht voll überzeugt, dass eine Einigung auf europäischer Ebene gelingen könnte, denn sie fügte an, dass eventuell „nationale Maßnahmen“unumgänglich werden könnten.
Die Kreispartei möchte mit der Kampagne „Wie geht´s Dir TUT?“einen Schritt auf die Menschen im Kreis zugehen. Dabei seien ab sofort eine Online-Plattform und Veranstaltungen in jeder Kreisgemeinde geplant.
Ein kämpferisch aufgelegter Guido Wolf wurde in seinem Bericht mehrfach von spontanem Applaus unterbrochen. Obwohl laut Umfragen die „seehoferischen“Vorstöße überwiegend von der Bevölkerung begrüßt würden, meinte der Landesminister, dass das Wahlvolk eine europäische Lösung als gut ansehe.
Um das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzubekommen, habe man im Justizbereich des Landes viele neue Stellen geschaffen und die unter Grün-Rot geschwächten Realschulen wieder gestärkt. Allerdings würden die Ausweisung von Schutzgebieten der Landwirtschaft auf dem Heuberg Probleme bereiten und das Verhalten der Autoindustrie zu einem enormen Vertrauensverlust beitragen. Sorgfältig vermied Wolf, das Kürzel „Afd“in den Mund zu nehmen, weshalb er wiederholt nur von einer „neuen politischen Kraft“sprach.
Gespannt warteten die gut 100 Besucher auf die Aussagen des sichtlich mitgenommenen Kauders. „Nicht einmal Wildbad-Kreuth war so schwierig wie die momentane Situation zwischen den Unionsparteien“, sagte er. Im Koalitionsvertrag habe man die „Ankerzentren“im Regelwerk Migration vereinbart. Außer dem abwesenden Kretschmann hätten auch alle Ministerpräsidenten zugestimmt, aber man könne in dieser Frage nur Erfolg haben, wenn sich nun alle daran halten würden, meinte der Fraktionschef der von Scheidung bedrohten Schwesterparteien. Dabei sei die Rechtslage momentan schon so, dass man eigentlich an den Grenzen Nichtberechtigte zurück weisen könnte, jedoch habe die Bundespolizei überhaupt noch keine Personendaten an der Hand. Mit einem flammenden Appell endete Kauder seinen Bericht: „In diesen schwersten Monaten meines politischen Lebens dürfen wir das Werk nicht zerstören, welches wir in 70 Jahren aufgebaut haben.“
Nur mit einer zunächst unklaren und sehr knappen Mehrheit nahm der Kreisparteitag den Antrag des Frittlinger Ortsverbandes „Zur Schaffung einer Grundlage zur Entlassung von Bürgermeistern bei Fehlverhalten oder längerer Ausfallzeit zum Schutz der Gemeinde“an. Ebenfalls aus Frittlingen kam ein fast zu 100 Prozent befürworteter Antrag zur Aufnahme des Tieres Wolf in das Jagdrecht. Unter dem Gelächter des Publikums bedankte sich Guido Wolf, dass es hier ausdrücklich lediglich um das Tier Wolf geht.
Bei einer Enthaltung angenommen wurde ein Initiativantrag aus Tuttlingen zum Thema Flüchtlingsdebatte, wobei die Forderungen nach einer drastischen Verkürzung der Verfahren, ein Einreiseverbot für abgelehnte und abgeschobene Asylbewerber erhoben werden. Allerdings schwächte die Antragskommission das Papier wieder ab, mit dem Zusatz „wir unterstützen die Bemühungen, eine europäische Lösung zu finden.“