Trossinger Zeitung

Industrie will Südamerika-Abkommen

Wegen der Zollpoliti­k Trumps wächst der Druck, den Handel mit anderen Regionen auszuweite­n

-

BERLIN (dpa) - Die Industrie fordert von der Bundesregi­erung wegen des Zollkonfli­kts mit den USA, sich für den raschen Abschluss eines Freihandel­sabkommens zwischen EU und Südamerika einzusetze­n. „Durch den Abbau von Zöllen würden europäisch­e Unternehme­n dabei jährlich mehr als vier Milliarden Euro einsparen“, sagte der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf.

Seit 1999 wird über eines der größten Freihandel­sabkommen der Welt zwischen der Europäisch­en Union und dem südamerika­nischen Mercosur-Bund diskutiert, aber immer wieder stockten die Verhandlun­gen, vor allem wegen des Streits über den Agrarsekto­r. Länder wie Brasilien und Argentinie­n mit einer hohen Soja- und Fleischpro­duktion wollen verstärkt auf den europäisch­en Markt drängen – Brasilien wiederum steht in der Kritik, mit hohen Zöllen und Bürokratie eine größere Marktöffnu­ng zu blockieren. Ein Dauerthema ist zudem ein fehlendes Doppelbest­euerungsab­kommen Brasiliens mit Deutschlan­d.

„Fast zwei Jahrzehnte nach Beginn der Verhandlun­gen zwischen der EU und dem Mercosur müssen beide Seiten endlich den politische­n Willen aufbringen, jetzt ein Abkommen abzuschlie­ßen“, forderte Kempf.

In Köln finden bis Dienstag die 36. Deutsch-Brasiliani­schen Wirtschaft­stage statt. Wegen immer neuer Strafzolld­rohungen von US-Präsident Donald Trump – so droht er mit 20 Prozent Einfuhrzol­l auf alle Autos aus Europa – suchen Unternehme­n nach Alternativ­en in anderen Märkten. Gerade Brasilien ist dabei mit seinen 210 Millionen Einwohnern hochintere­ssant – nach Jahren der tiefen Rezession wächst die Wirtschaft dort wieder.

„Es geht um die globale Handelsord­nung, die vom Recht des Stärkeren zunehmend erschütter­t wird“, sagte Kempf. „Gerade für eine exportstar­ke Industrien­ation wie Deutschlan­d wird das zunehmend gefährlich.“Der Abschluss eines EUMercosur-Freihandel­sabkommens wäre ein starkes Signal in einer zunehmend protektion­istischen Welt. Der Mercosur könnte durch Einfuhren von Anlagen und Maschinen aus der EU die eigenen Industrien modernisie­ren, so Kempf.

Brasilien ist die achtgrößte Volkswirts­chaft der Welt und neben Argentinie­n das wichtigste MercosurMi­tglied. Insgesamt sind 1600 deutsche Unternehme­n in Brasilien aktiv, die laut BDI rund zehn Prozent des industriel­len Bruttoinla­ndsprodukt­s erarbeiten. Deutschlan­d ist der viertgrößt­e Handelspar­tner.

Brasilien ist von den von US-Präsident Trump verhängten Strafzölle­n auf Stahl betroffen und sucht neue Absatzmärk­te. 2017 erwirtscha­ftete Brasilien einen Rekord-Außenhande­lsüberschu­ss von 67 Milliarden Dollar. Fachleute sehen im Ausbau des Schienenne­tzes großes Potenzial. Derzeit wird in Brasilien fast alles auf der Straße transporti­ert. Das könnte auch für europäisch­e Unternehme­n riesige Geschäftsf­elder verspreche­n.

 ?? FOTO: DPA ?? Sojaernte in Brasilien: Das Land ist der größte Markt im Mercosur. Insgesamt sind 1600 deutsche Unternehme­n in Brasilien aktiv.
FOTO: DPA Sojaernte in Brasilien: Das Land ist der größte Markt im Mercosur. Insgesamt sind 1600 deutsche Unternehme­n in Brasilien aktiv.

Newspapers in German

Newspapers from Germany