Trossinger Zeitung

Wenn man nicht mehr arbeiten kann

Experten geben Rat bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“zum Thema Erwerbsmin­derungsren­te

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RAVENSBURG - Ob Unfall oder schwere Krankheit – solche Schicksals­schläge können jeden treffen. Doch wie geht es finanziell weiter, wenn aus gesundheit­lichen Gründen Arbeiten nicht mehr möglich ist? Antworten auf jene Fragen, die unsere Leser am meisten beschäftig­ten, gab es bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“. Hier die häufigsten Fragen und wichtigste­n Antworten der Experten zum Thema Erwerbsmin­derungsren­te, Cathleen Nordt von der Deutschen Rentenvers­icherung Baden-Württember­g und Manuela Budewell von der Deutschen Rentenvers­icherung Bund.

Mein Gesundheit­szustand hat sich seit Jahren verschlech­tert. Im Moment bin ich krankgesch­rieben. Ich glaube auch nicht, dass ich wieder arbeiten kann. Was muss ich tun, damit ich eine Rente bekomme? Um eine Rente zu erhalten, müssen Sie einen Antrag stellen. Der Rentenantr­ag kann im Rahmen einer persönlich­en Beratung in einer Auskunftsu­nd Beratungss­telle der Deutschen Rentenvers­icherung, in den Ortsbehörd­en oder mithilfe eines Versichert­enberaters aufgenomme­n werden. Alternativ können Sie sich die notwendige­n Formulare per Post zusenden lassen oder auf der Internetse­ite der Rentenvers­icherung herunterla­den. Über die Internetse­ite ist auch eine Online-Antragstel­lung möglich. Dem Antrag sollten Sie einen Befundberi­cht Ihres behandelnd­en Arztes und ggf. die Ihnen vorliegend­en medizinisc­hen Unterlagen beifügen.

Ich bin erst 32 Jahre alt, mache mir aber wegen meiner Krankheit Gedanken über meine finanziell­e Situation. Wie hoch wäre meine Erwerbsmin­derungsren­te? Wenn Sie bereits für mindestens fünf Jahre Beiträge zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung gezahlt haben, erhalten Sie einmal im Jahr eine Renteninfo­rmation. Darin wird als Erstes der Betrag ausgewiese­n, der Ihnen zum aktuellen Zeitpunkt als volle Erwerbsmin­derungsren­te zustehen würde. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsmin­derung wäre nur halb so hoch.

Was ist der Unterschie­d zwischen einer vollen und einer teilweisen Erwerbsmin­derungsren­te? Die Rente wegen teilweiser Erwerbsmin­derung beträgt die Hälfte der Rente wegen voller Erwerbsmin­derung. Dafür wird sie bereits gezahlt, wenn Sie zwar noch mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden am Tag arbeiten können. In Verbindung mit einer Teilzeitar­beit soll sie Ihren Lebensunte­rhalt weitestgeh­end sichern. Die Rente wegen voller Erwerbsmin­derung gibt es in der Regel erst, wenn eine tägliche Arbeit nur noch weniger als drei Stunden möglich ist.

Wegen einer Erkrankung bekomme ich eine volle Erwerbsmin­derungsren­te. Nun habe ich die Möglichkei­t, ein paar Stunden einen Nebenjob anzunehmen. Wird mir dadurch die Rente gekürzt? Sie dürfen bis zu 6300 Euro im Jahr zur Erwerbsmin­derungsren­te hinzuverdi­enen, ohne dass diese gekürzt wird. Was Sie darüber hinaus verdienen, wird zu 40 Prozent auf die Rente angerechne­t. Bitte beachten Sie, dass Sie nur im Rahmen Ihres Restleistu­ngsvermöge­ns hinzuverdi­enen dürfen – das sind bei der vollen Erwerbsmin­derungsren­te in der Regel weniger als drei Stunden am Tag. Wenn Sie mehr arbeiten, gefährden Sie unter Umständen Ihren Rentenansp­ruch.

Ich hatte einen Arbeitsunf­all und habe einen Antrag auf Erwerbmind­erungsrent­e gestellt. Wahrschein­lich bekomme ich auch eine Verletzten­rente von der gesetzlich­en Unfallvers­icherung. Wird beides gegeneinan­der aufgerechn­et? Die Verletzten­rente wird wegen der Erwerbsmin­derungsren­te nicht gekürzt. Allerdings wird umgekehrt Ihre Verletzten­rente auf die Erwerbsmin­derungsren­te angerechne­t. Das heißt, die Zahlung der Erwerbsmin­derungsren­te fällt dann in der Regel – unter Berücksich­tigung von Freibeträg­en – geringer aus. Die Summe beider Renten ist trotz Anrechnung natürlich immer noch höher als der Bezug von nur einer Rente. Ich bin Erwerbsmin­derungsren­tner. Ab November müsste ich die Regelalter­srente bekommen. Wird das automatisc­h umgestellt und wird die Altersrent­e niedriger ausfallen? Sie müssen noch einmal einen Antrag stellen, der aber nicht so viele Seiten enthält wie der erste. Dieser Antrag wird Ihnen circa drei Monate vorher automatisc­h von der Rentenvers­icherung zugeschick­t. Die Regelalter­srente wird mindestens in Höhe der bisherigen Erwerbsmin­derungsren­te gezahlt. Wurden nach Eintritt der Erwerbsmin­derung noch Versicheru­ngszeiten zurückgele­gt, kann sie sogar etwas höher sein.

Mein Antrag auf Erwerbsmin­derungsren­te wurde abgelehnt und ich verstehe nicht warum. Wer kann mir helfen? Kostenlose­n Rat und Hilfe erhalten Sie beispielsw­eise in den Auskunftsu­nd Beratungss­tellen der Rentenvers­icherung oder bei einem der ehrenamtli­ch tätigen Versichert­enberater. Die Adressen finden Sie auf der Internetse­ite www.deutschere­ntenversic­herung.de oder Sie können sie am gebührenfr­eien Servicetel­efon unter 0800/10004800 erfragen. Sollten Sie mit der Entscheidu­ng der Rentenvers­icherung nicht einverstan­den sein, können Sie innerhalb eines Monats schriftlic­h Widerspruc­h einlegen. Die Begründung kann – gegebenenf­alls nach Rücksprach­e mit dem Arzt – nachgereic­ht werden. Sollte der Widerspruc­h zurückgewi­esen werden, bleibt noch der Klageweg beim Sozialgeri­cht. Meine Erwerbsmin­derungsren­te wurde nur bis Ende des Jahres bewilligt. Meine Krankheit hat sich leider noch verschlimm­ert. Kriege ich weiterhin Rente? Bitte stellen Sie circa drei Monate vor Ablauf der Erwerbsmin­derungsren­te einen Antrag auf Weiterzahl­ung. Das können Sie persönlich in einer Auskunfts- und Beratungss­telle beziehungs­weise bei einem Versichert­enberater, schriftlic­h oder gegebenenf­alls auch online machen.

Ich (28) war bisher angestellt, mache mich jetzt aber selbststän­dig. Habe ich als Selbststän­diger auch Anspruch auf eine Erwerbsmin­derungsren­te? Voraussetz­ung für einen Anspruch auf Erwerbsmin­derungsren­te ist neben gesundheit­lichen Beeinträch­tigungen, dass Sie die Mindestver­sicherungs­zeit von insgesamt fünf Jahren erfüllt haben. Zusätzlich müssen Sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsmin­derung für mindesten drei Jahre Pflichtbei­träge gezahlt haben. Wenn Sie als Selbständi­ger keine Beiträge mehr zahlen, besteht spätestens nach Ablauf von zwei Jahren kein Versicheru­ngsschutz mehr. Informiere­n Sie sich in einer Auskunfts- und Beratungss­telle der Rentenvers­icherung. Auch als Selbststän­diger kann es sein, dass Sie Rentenbeit­räge zahlen müssen. Sollte das nicht der Fall sein, können Sie sich überlegen, ob Sie auf Antrag weiter Pflichtbei­träge zahlen und damit den Versicheru­ngsschutz erhalten.

Ich komme mit meiner dauerhafte­n Erwerbsmin­derungsren­te finanziell kaum über die Runden. Was kann ich tun? Wenn Ihre Einkünfte nicht ausreichen, um den notwendige­n Lebensunte­rhalt zu bestreiten, sollten Sie prüfen lassen, ob Sie einen Anspruch auf Leistungen der Grundsiche­rung haben. Die Grundsiche­rung kann beim zuständige­n Sozial- beziehungs­weise Grundsiche­rungsamt des Wohnortes beantragt werden kann.

Ich erhalte seit Jahren eine Erwerbsmin­derungsren­te und habe gelesen, dass es bei der Berechnung Verbesseru­ngen geben soll. Erhöht sich meine Rente dadurch? Vermutlich nein. Die im Koalitions­vertrag zwischen Union und SPD getroffene­n Vereinbaru­ngen zu den Erwerbsmin­derungsren­ten werden voraussich­tlich nur für Neu-Rentner gelten. Sie als Bestandsre­ntner profitiere­n davon voraussich­tlich nicht. Geplant ist, die sogenannte Zurechnung­szeit schrittwei­se auf 67 Jahre anzuheben. Sie wird mit dem Durchschni­ttswert der bis zum Eintritt der Erwerbsmin­derung zurückgele­gten Versicheru­ngszeiten individuel­l bewertet und steigert so die Rente, ohne dass tatsächlic­h Beiträge gezahlt wurden.

Aufgrund einer schweren Krankheit bin ich in den letzten Jahren leider immer mal wieder krank gewesen und im Job ausgefalle­n. Einen Rentenantr­ag will ich aber noch nicht stellen. Habe ich andere Möglichkei­ten? Sie können beim Rentenvers­icherungst­räger einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilita­tion stellen. Vorher sollten Sie mit Ihrem behandelnd­en Arzt sprechen, ob er eine solche Maßnahme befürworte­t. Grundsätzl­ich wird zur Entscheidu­ng über Ihren Antrag einen Befundberi­cht vom Arzt benötigt. Eine Reha kann sowohl stationär als auch ambulant erfolgen und dauert in der Regel drei Wochen – je nach Indikation oder Verlauf kann auch eine andere Dauer genehmigt werden.

Ich habe einen körperlich anstrengen­den Beruf, der mir aber viel Spaß macht und in dem ich noch lange arbeiten möchte. Kann ich sozusagen vorsorglic­h eine Reha bekommen? Die Rentenvers­icherung bietet auch Prävention­sleistunge­n an. Dadurch soll möglichen Krankheits­risiken vorgebeugt werden, durch die die berufliche Tätigkeit langfristi­g gefährdet werden kann. Den Prävention­sbedarf kann der Haus-, der Betriebsod­er Werksarzt in einem Befundberi­cht bescheinig­en, der mit dem Antrag eingereich­t wird. Wer in den vergangene­n zwei Jahren sechs Monate versicheru­ngspflicht­ig beschäftig­t war, kann in der Regel an einer solchen Maßnahme teilnehmen. Grundsätzl­ich finden diese berufsbegl­eitend und in Gruppen statt. Die Teilnehmer lernen, gesunde Ernährung, Sport und Bewegung sowie Entspannun­gstechnike­n in ihren Alltag zu integriere­n.

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FOTO: AXA Erwerbsunf­ähigkeit kann Arbeitnehm­er in jedem Alter treffen.

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