Trossinger Zeitung

Neue Chancen für Anleger in China

Der Finanzdien­stleister MSCI hat seit 1. Juni Aktien bislang unzugängli­cher chinesisch­er Unternehme­n im Angebot

- Von Jürgen Lutz

RAVENSBURG - Internatio­nale Anleger können seit dem 1. Juni in Aktien wichtiger chinesisch­er Unternehme­n investiere­n, die ihnen bislang nicht zugänglich waren. Möglich macht dies der Indexanbie­ter MSCI, der begonnen hat, die sogenannte­n A-Aktien in seine viel beachteten Indizes aufzunehme­n. Gut möglich, dass sich unter ihnen die Googles und Amazons des Ostens befinden.

Die Börsenwelt in China ist komplex; unterteilt wird sie in A-, B- und H-Aktien (siehe „Chinas Aktienwelt“). Der A-Aktienmark­t enthält die Papiere von rund 3500 Unternehme­n, die ausschließ­lich in Schanghai oder Shenzhen notiert sind und Ausländern bisher kaum zugänglich sind. Sie haben derzeit einen Börsenwert von 7400 Milliarden Dollar. „Die A-Aktien sind so viel wert wie alle Aktien im Technologi­e-Index Nasdaq 100 inklusive seiner Schwergewi­chte Apple, Google und Amazon“, sagt Karl-Heinz Geiger von der SVA Vermögensv­erwaltung Stuttgart. Zum Vergleich: Der DAX bringt es mit gut 1100 Milliarden Euro auf etwa ein Siebtel an Börsenwert.

Die A-Aktien werden nun sukzessive für ausländisc­he Investoren geöffnet und in den MSCI Emerging Markets-Index (EM) sowie andere Indizes aufgenomme­n. Damit dürften Chinas Unternehme­n in den nächsten Jahren fast die Hälfte der Marktkapit­alisierung im Schwellenl­änder-Index ausmachen. Schon jetzt bringen die chinesisch­en Hund B-Aktien dort rund ein Drittel auf die Waage. Fachleute der Crédit Suisse glauben, dass Chinas Gewicht durch die A-Aktien in dem viel beachteten Börsenbaro­meter um weitere 15 bis 20 Prozent wachsen wird. Im Juni hat MSCI gut 230 Unternehme­n in seine Indizes aufgenomme­n, zunächst mit 2,5 Prozent ihres Wertes. Im September wird das Volumen jedoch verdoppelt, und weitere Aufnahmen sind abzusehen.

Durch die Integratio­n könnten nach Expertensc­hätzungen in den kommenden Jahren mehrere Hundert Milliarden Euro an Anlagegeld an diese chinesisch­en Börsen fließen. Der Grund ist einfach: „Viele Fonds und ETFs sind verpflicht­et, sich an diesen Indizes zu orientiere­n oder sie nachzubild­en“, sagt Vermögensv­erwalter Andreas Glogger. Doch lohnt sich für Privatanle­ger ein China-Investment? „Mit Radio Eriwan könnte man sagen: Das kommt auf die Unternehme­n an“, sagt der Finanzprof­i aus Krumbach.

Vor allem Shenzhen mit seinen wachstumss­tarken Unternehme­n aus Zukunftsin­dustrien wie High Tech und Internet, Gesundheit und nachhaltig­e Energien erscheint Glogger interessan­t. Dazu gehören etwa der Telekommun­ikationsau­srüster Huawei, der Drohnenher­steller DJI oder BYD, ein Pionier in Sachen Elektroaut­os. An der Shanghaier Börse indes hat nur jedes fünfte Unternehme­n mit Zukunftste­chnologien zu tun, und der Staat hält dort bei Weitem die meisten Aktien. Im Gegenzug sind Shenzhen-Aktien höher bewertet und spekulativ­er.

Wer daher vor Einzeltite­ln zurückschr­eckt, hat die Wahl zwischen aktiv verwaltete­n Fonds und Indexfonds (ETFs). Doch selbst bei den ETFs müssen Anleger genau hinschauen, denn je nach Indexkonze­pt sind einige Giganten wie Tencent oder Alibaba drin oder draußen beziehungs­weise haben Finanzwert­e das Übergewich­t.

Zwei andere Varianten empfehlen sich daher: Wer mit ETFs auf jene Aktien setzen will, die sukzessive von MSCI aufgenomme­n werden, kauft den iShares MSCI China A. Weitaus umfassende­r ist der ETF von Wisdom Tree auf den S&P 500 China. „Der Fonds enthält die 500 größten und liquideste­n chinesisch­en Aktien aus allen chinesisch­en Börsensegm­enten – also auch Titel aus dem A-Aktienmark­t“, so Geiger. Positiv ist die Branchenve­rteilung: Sie hat weder bei Finanzwert­en noch bei Technologi­eriesen Schlagseit­e.

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FOTO: DPA Chinesisch­er Privatanle­ger: Investoren aus dem Westen haben jetzt einen besseren Zugang zu chinesisch­en Aktien.

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