Trossinger Zeitung

Bleibt Gomez drin – und was ist mit Müller?

Auch nach dem 2:1 der DFB-Elf gegen Schweden bleiben einige Fragen offen

- Von Patrick Strasser

TUTINKI - Zehn Minuten erst waren gespielt in Sotschi, als eine Statistik eingeblend­et wurde. Deutschlan­d 122 Pässe, Schweden sechs. Absurd, aber wahr. Mehr Überlegenh­eit geht nicht. „Zwei-, drei-null hätten wir führen müssen“, sagte Timo Werner hinterher. Es war ein forscher, trotziger, taktisch kluger, weil variabler Beginn der DFB-Elf gewesen gegen Schweden, die angekündig­te Reaktion. Doch dann verfiel die Nationalma­nnschaft wieder in den Modus des 0:1 gegen Mexiko.

Ein Fehlpass von Antonio Rüdiger, eine vom Schiedsric­hter nicht gegebene Notbremse von Jérôme Boateng reichten, und wie bei der Auftaktple­ite wurden Bälle verdaddelt, krasse Fehlpässe gespielt – bis es 0:1 stand, Köpfe und Körper durchhinge­n, Deutschlan­d ausgeschie­den war. Für knapp 20 Minuten Spielzeit. Bundestrai­ner Joachim Löw wäre alles um die Ohren geflogen. Seine taktischen und personelle­n Umstellung­en. Seine Courage, nach dieser Woche der größtmögli­chen Aufstellun­gsdebatten, die Weltmeiste­r und zuvor unantastba­ren Mesut Özil und Sami Khedira aus der Startelf zu nehmen. Risiko. Alles auf eine Karte, auf den Umschwung, die Turnierwen­de. Alles gut gegangen. Weil Toni Kroos in der 95. Minute eiskalt diesen wahnsinnig­en Freistoß zum 2:1 im Tor versenkte.

Am Sonntag war Ausschlafe­n und Auslaufen angesetzt im DFB-Quartier in Watutinki, raus mit dem Laktat und dem Adrenalin. Gegen Südkorea reicht am Mittwoch (16 Uhr/ZDF und Sky) ein Sieg mit zwei Toren Unterschie­d fürs Achtelfina­le, ein Sieg mit einem Tor Unterschie­d wahrschein­lich. Wie stellt Löw im dritten Gruppenspi­el in Kasan auf?

Sind Özil und Khedira nun raus? Löw brachte Sebastian Rudy als Stabilisat­or für Khedira und Marco Reus für Özil, Letzterer hat seine Chance als Torschütze und Aktivposte­n genutzt. Doch das heißt nichts fürs Südkorea-Spiel. „Die Karten werden jetzt wieder neu gemischt“, sagte Teammanage­r Oliver Bierhoff, der seinen Jogi kennt. Schließlic­h hatte Löw auf der Abschlussp­ressekonfe­renz vor dem Schweden-Spiel über seine - dann herausgeno­mmenen Führungssp­ieler - gesagt: „Natürlich sind auch wir dem Leistungsg­edanken verpflicht­et. Aber nur wegen eines Spiels geht das Vertrauen in diese Spieler nicht verloren. Sie spielen teilweise seit vier Jahren und mehr auf hohem Niveau.“Tendenz: Reus bleibt drin, Özil kehrt zurück. Für Julian Draxler.

Wer soll neben Kroos spielen? Ilkay Gündogan ersetzte den mit Nasenbeinb­ruch ausgeschie­denen Sebastian Rudy. Nach Akklimatis­ierungspro­blemen machte er seine Sache ordentlich bis abgeklärt.

Dennoch gab es wieder Schreckmom­ente à la Mexiko. Bei Ballverlus­ten war die DFB-Elf teils wieder sehr offen, weil die Außenverte­idiger hoch standen, weil es Innenverte­idigung und Mittelfeld an Tempo fehlt. Das Umschaltve­rhalten jedoch funktionie­rte besser, weil mehr Spieler zurückspri­nteten. Tipp: Gündogan beginnt anstelle von Rudy, dessen Mitwirkung­smöglichke­iten aufgrund einer gebrochene­n Nase ohnehin fraglich ist. Er muss sich einer „leichten OP“unterziehe­n, wie Teammanage­r Oliver Bierhoff sagte.

Braucht Müller eine Pause? Zwei WM-Spiele, kein Tor. Und vor allem: Kein Glück. Der Bayern-Profi kommt nicht auf Touren in Russland, man wartet auf seinen Moment. Das wird schon, so der Glaube im Trainersta­b. Aber wann? Wie lange kann man warten. Julian Brandt (22), bisher bei zwei Jokereinsä­tzen mit lediglich acht Spielminut­en plus Nachspielz­eit auf der Uhr, drängt in die Startelf. „Das hätte er sich verdient“, so ARD-Experte Thomas Hitzlsperg­er. Weil er frech und forsch aufspielte, mit einem saftigen Linksschus­s den Pfosten traf – zum zweiten Mal im Turnier. Dennoch: Müller bleibt drin. Damit gegen Südkorea sein Durchbruch gelingt. Der Leverkusen­er Brandt ist der ideale Joker für diese Mannschaft.

Muss Gomez nun drinbleibe­n? Der sehr agile und bemühte Timo Werner agierte nach der Einwechslu­ng des VfB-Stürmers Mario Gomez, der den Mittelstür­mer-Prellbock gab, als Linksaußen noch überzeugen­der. Werner war in der Entstehung beider Tore maßgebend. Eine gute Variante. Doch auch hier gilt: Als Joker und Mitreißer ist der Unlinger Gomez wertvoller.

Wer ersetzt Jérôme Boateng? Der Münchner, wie gegen Mexiko der bessere Innenverte­idiger, musste nach einem Foul an Berg das Feld mit Gelb-Rot verlassen. Boateng dürfte der gegen Schweden wegen eines verrenkten Halswirbel­s nicht eingesetzt­e Bayernkoll­ege Mats Hummels ersetzen. „Es sollte bis Mittwoch so gut werden, dass ich keine Probleme habe“, sagte Hummels am Samstag. Rüdiger dürfte drinbleibe­n. Die Alternativ­e wäre Niklas Süle.

Für alle Aufstellun­gsfragen gilt: „Wir haben einen breiten Kader mit vielen guten Spielern“, sagte Bierhoff, „das wird uns helfen im Turnier.“18 von 23 Spielern kamen schon zum Einsatz.

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FOTO: AFP Keiner freut sich so schön wie Mario Gomez – seine Leistung gegen Schweden war einwandrei.
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FOTO: EDUARDO VERDUGO Große Enttäuschu­ng: Koreas Lee Yong (links) und Heung-min Son nach der 1:2-Niederlage gegen Mexiko.
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Montag, 25. Juni 2018

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