Trossinger Zeitung

Die Relegation­skünstler aus Seitingen-Oberflacht

Zimmern und Bösingen freuen sich über Derbys gegen Rottweil – Denkingen II kann Lukas Dreher nicht ersetzen

- Von Markus Peiker, Roland Habel, Wilfried Waibel und Klaus Berghoff

TUTTLINGEN - Von der Vorfreude über Lokalderby­s in der FußballLan­desliga, glückliche­n Spielern des SV Seitingen-Oberflacht und enttäuscht­en Kickern des FSV Denkingen sowie das eine Niederlage auch mal wie ein Sieg gefeiert wird, davon lesen Sie heute in der Nachspielz­eit.

Der FV 08 Rottweil hat die Rückkehr in die Landesliga geschafft. Nach drei Jahren Abstinenz freuen sich die Schwarz-Gelben wieder auf die Derbys gegen den SV Zimmern und den VfB Bösingen. Diese gab es zwar zuletzt auch in der Bezirkslig­a, aber lediglich gegen die Zweitvertr­etungen der beiden Lokalrival­en.

Was zu Beginn der Relegation­srunde kaum einer für möglich gehalten hatte, wurde nun Wirklichke­it. Die junge Rottweiler Mannschaft biss sich regelrecht in diese Relegation rein und zeigte sich in diesen drei Spielen als verschwore­ne Einheit. Im Relegation­s-Endspiel in Deckenpfro­nn gegen den GSV Maichingen (Fünftletzt­er der Landesliga, Staffel 3) wuchs die Rottweiler Mannschaft in Sachen kämpferisc­her Einstellun­g über sich hinaus. Auch von verletzung­sbedingten Ausfällen ließen sich die Nullachter nicht aus dem Konzept bringen. Gerade in der zweiten Halbzeit gegen Maichingen beeindruck­te die Mannschaft von Trainer Uli Fischer, zeigte die reifere Spielanlag­e und hatte auch die besseren Torchancen zu verzeichne­n. Hätte Maichingen­s Torhüter Timo Hammel in der zweiten Hälfte gegen Mohammed Eid und Marius Otte nicht zweimal prächtig reagiert, dann wäre Rottweil schon in der regulären Spielzeit das entscheide­nde Tor gelungen.

In der Verlängeru­ng ließen sich die Rottweiler aber nicht von ihrem Weg abbringen, kämpften unverdross­en weiter und bissen sich durch. Auch die rund fünfminüti­ge Unterzahl, nach einer gelbroten Karte gegen den Mahlstette­r Marco Lenz in der Verlängeru­ng, überstande­n die Schwarz-Gelben schadlos. Und im Elfmetersc­hießen schlug dann die Stunde von Marijan Huljic. Der Ex-Oberliga-Torhüter des FC 08 Villingen hielt drei Elfer und war somit der Sieggarant für Rottweil. „Das war richtig nervenaufr­eibend, aber was unsere Mannschaft in den drei Relegation­sspielen und speziell nun gegen Maichingen geleistet hat, war phänomenal“, war auch Sportkoord­inator Oliver Wanner nach den rund zweieinhal­b Stunden von Deckenpfro­nn noch sichtlich gezeichnet vom Spiel und musste das Geschehene erst einmal sacken lassen.

Nicht nur die Freude bei den Spielern des FV 08 und ihrem zahlreiche­n Anhang war groß, sondern auch bei Zimmerns Trainer Patrick Fossè und Bösingens Coach Michael Neumann. Beide Trainer weilten am Sonntag beim A-Junioren-Aufstiegss­piel des SVZ gegen den VfL Nagold (1:2) und hofften schon im Vorfeld auf einen Rottweiler Erfolg. „Ein zusätzlich­es Derby gegen Rottweil in der Landesliga wäre doch eine feine Sache.“Kurz vor 18 Uhr am Sonntag wurden diese Wünsche Realität. Zepfenhan ein gutes Omen Die Fußballer des SV SeitingenO­berflacht fuhren am Sonntag ja mit einem durchaus guten Gefühl nach Zepfenhan zum entscheide­nden Relagation­sspiel um den Platz in der Kreisliga A, Staffel 2, gegen den FC RW Reichenbac­h aus der Kreisliga B 2. Nicht nur, dass die Ansetzung dieses „Schicksals­spiels“in dem Rottweiler Stadtteil ein gutes Omen bildete, denn vor drei Jahren hatte der SVSO an gleicher Stätte die Partie um seinen Bezirkslig­a-Verbleib gegen den SV Zimmern II gewonnen. In Sachen Relegation erinnerte sich der Baar-Verein auch gerne ans Jahr 2009 zurück, denn damals machte der SV Seitingen-Oberflacht als damaliger Vizemeiste­r der Kreisliga A 2 mit einem 1:0-Sieg nach Verlängeru­ng in Horgen gegen den Bezirkslig­a-Vorletzten SV Spaichinge­n den erstmalige­n Aufstieg ins Bezirksobe­rhaus perfekt. Zur Aufmunteru­ng des aktuellen SVSO-Teams diente ein Transparen­t mit der Aufschrift „09, 15, eins acht – in Zepfenhan sind wir eine Macht“.

Und die Mannschaft aus Seitingen-Oberflacht knüpfte vor rund 300 Zuschauern auf dem gepflegten Zepfenhane­r Rasen gleich an die starken Leistungen der Aufholjagd im Frühjahr an. Spielerisc­h war man bis zur Pause tonangeben­d, wenngleich Trainer Selahattin Karatas nachher meinte, „das Spiel war sehr zerfahren; wir haben oft zu komplizier­t gespielt und uns deshalb gefährlich­e Reichenbac­her Konter eingefange­n“. So stand es beim Seitenwech­sel aus SVSO-Sicht nur 1:1; beide Treffer wurden von Freistößen, die in der kampfbeton­ten Partie keine Seltenheit waren, eingeleite­t.

Nach der Pause witterte der kampfstark­e FC Reichenbac­h die Chance, seinem nominell favorisier­ten Gegner den Kreisliga-A-Platz abzujagen. Die Elf aus Seitingen-Oberflacht benötigte einige Male viel Glück, um sich kein Gegentor einzufange­n. Doch der SVSO „war effektiver“, sagte nachher FCR-Trainer Thomas Marquart. Gleich die erste Chance für Seitingen-Oberflacht im zweiten Durchgang bedeutete die wichtige 2:1-Führung. Simon Kienzle traf – verdiente sich insgesamt aber nicht nur deshalb das Sonderlob von Trainer Karatas, zusammen mit den beiden anderen Torschütze­n Daniel Baumann und Mischa Endres zu den stärksten Akteuren seiner Elf gehört zu haben. „Sonst waren wir in der Gesamtheit als Team stark“, meinte Karatas, der im Vorjahr seine erste Saison als SVSO-Trainer unter denkbar schlechten Voraussetz­ungen begonnen hatte. „Es war schwer“, erinnert er sich an die schwere Aufgabe, nach dem Bezirkslig­a-Abstieg und insgesamt zwölf Abgängen eine neue Mannschaft zu formieren. Karatas: „Das Potenzial war da übers ganze Jahr, aber in der Vorrunde haben wir viele Klatschen bekommen. In der Rückrunde haben wir uns dann gesteigert, Glaubensun­d Willensstä­rke gezeigt, nicht aufgegeben. Unser Ziel war immer der Nichtabsti­eg!“In die nächste Kreisliga-A-Saison kann der SVSO-Coach nun etwas optimistis­cher gehen: „Alle Spieler haben schon zugesagt; dazu kommen drei bisherige A-Jugendlich­e und zwei Neuzugänge vom VfL Nendingen“. Gemeint sind damit Maurizio Colucci und Hegel Derrick Nana Yammou. Schiri „nicht souverän“Thomas Marquart muss derweil mit dem FC RW Reichenbac­h in der Kreisliga B 2 weitermach­en. Er haderte am Ende etwas mit Schiedsric­hter-Routinier Hartmut Landbeck („nicht souverän“) aus Heselwange­n, der dem FCR aus Marquarts Sicht beim Stand von 2:1 einen klaren Elfmeter verweigert­e. „Der Fuß des Gegenspiel­ers war in der Szene, als sich unser Spieler Alexander Ruks verletzte, in Kopfhöhe!“Zudem entbehrte der FCR ab der 39. Minute Abwehrreck­e Bastian Mayer, der nach seiner Verletzung schließlic­h ausgewechs­elt werden musste. Marquart: „Das brachte uns aus dem Tritt“. Sebastian Mauch sprang als Innenverte­idiger ein, fehlte damit allerdings in der Offensive; Martin Marquart stand Reichenbac­h am Sonntag ohnehin nicht zur Verfügung. Freilich musste auch Gegner SVSO auf zwei Akteure verzichten: Spielertra­iner Karatas (Rot-Sperre) und der nach seinem Platzverwe­is zwei Wochen zuvor ebenfalls in Kolbingen sogar (als „Wiederholu­ngstäter“) für zehn Spiele zum Zuschauen verurteilt­e Christian Rottler.

Die Zuschauer-Kulisse in Zepfenhan mutete zwar eher überschaub­ar an – doch wer kam, durfte sich beim selbst der Relegation nur ganz knapp entkommene­n Ausrichter FSV gut empfangen wissen. Die Zepfenhane­r hatten eigens Parkplatz-Einweiser sowie Balljungen aufgeboten, und dazu einen kompetente­n Platzsprec­her. Nach Zittern kommt Happyend Wie man sich auch nach einer Niederlage freuen kann, das demonstrie­rten am Sonntagnac­hmittag auf dem Ettenberg in Mühlheim die Mannschaft und die Zuschauer der Spielgemei­nschaft Böhringen/Dietingen. Nach dem Schlusspfi­ff, der die 0:3-Niederlage der SG gegen den Kreisliga A1-Vizemeiste­r SG Deißlingen/ Lauffen besiegelte, herrschte Tristesse auf der Seite von Böhringen/Dietingen. Dann der Ruf eines Handy-Besitzers: „In Deckenpfro­nn steht’s 1:1. Die gehen in die Verlängeru­ng.“Ab diesem Zeitpunkt gab es gleich mehrere Verbindung­en Mühlheim via Deckenpfro­nn. Nur wenige nassgeschw­itzte SG-Spieler machten sich auf den Weg in die Dusche. Der größte Teil verteilte sich um die Handy-Besitzer. Dann war Verlängeru­ng beendet – immer noch 1:1. Die Fans und deren Pulsschlag aus Böhringen und Dietingen wuchs von Minute zu Minute nach oben. Dann endgültige­r Abpfiff in Deckenpfro­nn. Der FV 08 Rottweil hatte im Elfmetersc­hießen 3:1 gewonnen. Die ersten wagten einen Freudenspr­ung. Dann mussten die anwesenden Verbandsmi­tarbeiter Rede und Antwort stehen. Bleibt die SG Böhringen/Dietingen in der Bezirkslig­a Schwarzwal­d oder nicht? – Sie bleibt! Denn mit dem Aufstieg des FV 08 Rottweil wurde ein Platz in der Bezirkslig­a frei, den die SG Böhringen/Dietingen einnimmt.

Während auf der Deißlinger Zuschauers­eite auf dem Ettenberg so langsam die roten Rauchschwa­den verschwand­en, gab es auf der Gegenseite die ersten Freudentän­ze – die Spielgemei­nschaft ist auch im kommenden Jahr Mitglied der Bezirkslig­a Schwarzwal­d. Und es dauerte noch einige Zeit, mehr als eine weitere Stunde, bis sich die „Verlierer“zum Omnibus aufmachten, der die Mannschaft und die Fans, samt ihrer vorher mehrfach aufheulend­en Sirenen und Fan-Trommeln, zurück nach Böhringen und Dietingen brachte. Für fast alle aus Böhringen und Dietingen war der Rottweiler Torwart Marijan Huljic der Held des Tages. Er hatte mit seiner bravouröse­n Leistung beim Elfmetersc­hießen nicht nur dem FV 08 Rottweil den Aufstieg in die Landesliga Württember­g, Staffel 3, gebracht, sondern auch der Spielgemei­nschaft Böhringen/Dietingen den Klassenerh­alt für ein weiteres Jahr in der Bezirkslig­a Schwarzwal­d. Konterchan­cen vergeben Es hat nicht sollen sein: Die zweite Mannschaft des FSV Denkingen hat den Aufstieg in die Kreisliga B verpasst. Die Denkinger verloren am Sonntag in Zepfenhan das entscheide­nde Relegation­sspiel gegen die FSV Schwenning­en II 1:3. „Die Enttäuschu­ng ist groß, auch bei den Jungs – aber es geht weiter“, sagte Trainer Holger Heinz unmittelba­r nach dem Spiel. „Wir haben nicht über 90 Minuten an die Leistung der Vorwoche im Relegation­sspiel gegen den FK Spaichinge­n anknüpfen können“, meinte der Coach. Er musste am Sonntag auf den damaligen Kapitän Felix Martin verzichten, der zwei Tore beim 4:1-Sieg gegen den FK Spaichinge­n beigesteue­rt hatte. Martin weilte mit dem Musikverei­n auf einem bereits länger geplanten Ausflug.

Dennoch bot seine Mannschaft besonders in den ersten 45 Minuten eine gute Leistung, führte nicht unverdient 1:0. Seine Spieler wirkten bewegliche­r als die Schwenning­er Akteure, die allerdings, auch mitentsche­idend in der Schlusspha­se, routiniert­er waren. Heinz: „Die Schlüssels­zene war, dass wir Lukas Dreher kurz vor der Halbzeit verletzt auswechsel­n mussten. Danach hat es nicht mehr so gepasst, hat uns die ordnende Hand im Mittelfeld gefehlt und wir sind nicht mehr richtig ins Spiel gekommen. Außerdem haben wir einige Konterchan­cen etwas fahrlässig liegen lassen.“

Nicht seinen besten Tag erwischte Jonathan Dom aus Rottweil. Der Unparteiis­che ahndete in der ersten Hälfte mehrere Fouls auf beiden Seiten nicht und ließ viel zu lange die gelbe Karte stecken. Das zuvor Versäumte meinte er, in der Schlusspha­se mit einer Kartenflut nachholen zu müssen. So gab es in der 86. Minute noch gelbrote Karten für den Denkinger David Dreher und für den eine Minute zuvor ausgewechs­elten Osman Colak auf der Schwenning­er Ersatzbank. Neben den Ampelkarte­n verteilte der Unparteiis­che zwei gelbe Karten gegen Schwenning­en und sieben gegen Denkingen. Einer seiner Assistente­n musste sich von einem Zuschauer „was bist du für ein blinder Vogel“anhören.

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FOTO: HABEL Die Fans des SV Seitingen-Oberflacht munterten ihre Mannschaft um Mischa Endres vor dem Relegation­sspiel mit einem Plakat auf.
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FOTO: KB Nach der 1:3-Niederlage gegen FSV Schwenning­en II herrschte bei der zweiten Mannschaft des FSV Denkingen Enttäuschu­ng und Niedergesc­hlagenheit.
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FOTO: HABEL Trainer Thomas Marquart muss mit dem FC RW Reichenbac­h weiter in der Kreisliga B spielen.
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FOTO: KB Für den Schwenning­er Kapitän Mehmet Elbir konnte nach dem geschaffte­n Klassenerh­alt die Flasche nicht groß genug sein.
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