Spaichinger Jugendbande vor Gericht
Spaichinger Brüder wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt
Einbrüche in Kindergärten und Läden werden mit Haft bestraft.
ROTTWEIL/SPAICHINGEN - Sechs Angeklagte und ein langer Verhandlungstag: Am Montag begann der Prozess gegen sechs Angeklagte, denen zahlreiche Einbrüche und Diebstähle, aber auch Schlägereien in Spaichingen und umliegenden Orten vorgeworfen werden.
Die Liste, die Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf verlas, war lang: 40 Anklagepunkte enthielt sie, und die teils noch Jugendlichen, teils heranwachsenden und erwachsenen Angeklagten scheinen im Lauf der Zeit professioneller geworden zu sein. Denn wo es zuerst nur um Einbrüche ging, bei denen Weinflaschen oder ein Feuerlöscher geklaut oder einfach nur randaliert wurde, haben sich die Sechs laut Anklage später auf Einbrüche in Kindergärten konzentriert, dann auf Bäckereifilialen vor allem in Netto-Märkte in der ganzen Region.
Die Einbrüche in die Kindergärten in Trossingen, Spaichingen, Rietheim-Weilheim, Seitingen-Oberflacht und Tuttlingen hatten wohl für die Kinder und die Erzieherinnen schlimme Folgen, das sagten mehrere Zeuginnen aus. Da wurden teilweise sämtliche Spiele aus den Regalen gerissen, Schränke und Schubladen, Tee- und Kaffee-Dosen durchwühlt, und Geld geklaut, das beim Verkauf von Selbstgebastelten oder sogar für ein Babygeschenk für eine Kollegin gesammelt worden war.
Richterin Petra Wagner verlas mehrfach Chats der Angeklagten: „Müssen dringend Geld machen, brauche Klamotten“, oder „Mach heute Nacht in Kindi“, „Brauchen 500, dann wärs perfekt, Bruder“, oder „Dann mach ich was größeres“.
„Hatten Sie da nicht mal ein schlechtes Gewissen?“, wollte die Richterin wissen, und erntete ein glattes „Nein“als Antwort. Ein Satz aus einem Chat zeigte die Stoßrichtung der Bande: „Wir übernehmen auf jeden Fall die Straßen von Spaichingen.“
Die Angeklagten, zwei derzeit inhaftierte Brüder und ein 20-Jähriger aus Spaichingen, die in Haft sitzen, ein 20-jähriger und zwei weitere junge Männer, sind wegen schwerem Bandendiebstahl angeklagt und bis auf einen auch geständig. Zur Bande gehörten noch andere Jugendliche und Männer, einer davon trat am Montag als Zeuge auf – in Fußfesseln, er sitzt wegen anderer Vergehen im Gefängnis. Richterin Wagner richtete sich immer wieder auch an Zuhörer im Saal, denen sie klar machte, dass sie Glück hätten, nicht selbst auf der Anklagebank zu sitzen.
Und auch, dass sie die Angeklagten teilweise schon lange kennt.
Nach den Kindergarteneinbrüchen verlegten sich die Männer offenbar tatsächlich auf „Größeres", eben auf die Bäckereifilialen, die sie teilweise viermal hintereinander aufsuchten, so die Anklage. Sie scheinen dabei immer radikaler vorgegangen zu sein: Anfangs sollen sie nur die Eingangstüren aufgedrückt haben. Dann wurden laut Anklage ganze Tresore aus der Verankerung gerissen. Am Montag ging es allerdings nur um die Einbrüche in die Kindergärten, den in die Aldinger Sporthalle, das Vereinsheim des Obst- und Gartenbauvereins Spaichingen und die Küchenhütte beim Pflegeheim Bethel in Trossingen.
Die Bäckereieinbrüche werden am 10. Juli Thema sein, und dann werden zwei der Angeklagten nicht mehr dabei sein, denn sie erhielten schon am Montagabend ihr Urteil. Der eine, der ältere der beiden Brüder, bekam eine Jugendstrafe. Er hatte bis jetzt zwei Jahre und zwei Monate abzusitzen wegen früherer Vergehen, jetzt sind es drei Jahre und drei Monate. Ihm zugute kam, dass er sich im Gefängnis zum Vorzeigeinsassen entwickelt habe, so ein Zeugnis der Anstalt. Er macht dort seinen Hauptschulabschluss, hat eine Ausbildungsstelle in Aussicht, wurde wegen seiner vorbildlichen Haltung zum Stockwerkssprecher gewählt, spielt in der Insassenmannschaft Fußball und wird für seine ruhige, angenehme Art gelobt.
Richterin Wagner zeigte sich zwar skeptisch, denn sie hatte ihn auch zur der Strafe verurteilt, die er derzeit absitzt. „Wir haben damals alle gedacht, Sie hätten es geschnallt!“Er habe jetzt gesehen, dass seine Familie leide unter dem, was er getan habe, so der Angeklagte. „Die Haft hat mir die Augen geöffnet. Das war meine einzige Rettung!“
Seine derzeit laufende Strafe bekam er unter anderem dafür, dass er einen Stein gegen die Windschutzscheibe eines fahrenden Busses geworfen, einen Eisdielenbesitzer verprügelt und seiner Oma das Konto geleert hatte. Sein Mitangeklagter wurde freigesprochen, ihm konnte das Gericht nicht nachweisen, dass er bei den Taten dabei war.