Musiker als Fußball-„Kommentatoren“
Public Viewing und Konzert in einem: Musiker begleiten WM-Spiel
TROSSINGEN – So musikalisch kann Fußball sein: Im Kesselhaus wurde am Montagabend das spannende Spiel zwischen Spanien und Marokko nicht von einem Kommentator, sondern von improvisierten Tönen begleitet.
„Olé, olé, olé“: Eher spöttisch klang es, als zwei Musikerinnen die schwache Leistung der spanischen Nationalelf „bejubelten“. Waren die Spanier aber einmal auf dem Vormarsch auf das gegnerische Tor, wurden sie von „motivischen Schnipseln“wie Flamenco-Rhythmen angefeuert.
Langgezogene Töne folgten dem Flug des Balles, wilde Tutti feierten die vier Tore. Auch für die Rangeleien der Fußballer fanden die Improvisatoren überaus treffende Klangbilder. Die Posaunen und das Akkordeon wimmerten, wenn einer der Helden im Trikot zu Boden ging. Egal ob „Schwalbe“oder schmerzhaftes Aufeinandertreffen von Stollenschuh und Wadenmuskel.
Eine besondere Herausforderung an die sechs Studierenden war die tonale Begleitung von extremen Nahaufnahmen von Spielern, Trainern und Fans. Die Posaune imitierte das nervöse Nägelknabbern des spanischen Coachs Fernando Hierro, das Akkordeon begleitete den stählernen Blick von Hervé Renard, dem Trainer der tapferen Marokkaner. Sanft fließende Töne untermalten die Schweißperlen auf den Gesichtern der Kicker.
Egal ob die Kamera auf die ausgelassen feiernden Fans aus Marokko oder die betrübt dreinblickenden Schlachtenbummler aus Spanien schwenkte, die tonale Begleitung stimmte. Kratzende Geräusche vom Trommelfell der Tabla, grelles reißen an Gitarrensaiten und gesungene Vokale erhöhten die Spannung bei den Freistößen.
In der Pause bat „Trainer“Harald Kimmig, Lehrbeauftragter für Improvisation, das Trossinger Team in den Künstlerbereich des Kesselhauses. Mit dem Erfolg, dass Stimme und Musik in der zweiten Hälfte noch eindrucksvoller klangen. Hier ein Ballett der hochgerissenen Füße, dort ein Crescendo beim überraschenden Ausgang des Kopfballduells zwischen Sergio Ramos und dem Mann mit dem Irokesenhaar, Youssef En Nesyri in der 81. Minute: 2:1 für die Außenseiter! Glissandi!
Mit kurzen Tangopassagen wurden Szenen untermalt, bei denen der Ball hin und her geschubst wurde, Bossa nova feierte gezielte Torschüsse. Selbst wenn sie an der Latte scheiterten.
Köstlich amüsiert zeigten sich nicht nur die Zuschauer sondern auch „Präsident“Prof. Dr. Dierk Zaiser, der mehrmals lauthals lachte. Wer braucht schon einen Kommentator, wenn er Trossinger Rhythmiker hat?
Die „Spieleraufstellung“in Trossingen: Elina Rommeley (Gitarre), Hannah Tilt (Akkordeon), Melanie Joppich (Gesang), Keisuke Fujinami und Benedikt Dietrich (Posaunen) sowie der Sri Lankese Lankanath Nevil an der Tabla, alles Studierende des Studiengangs „Music&Movement“der Musikhochschule Trossingen.