Trossinger Zeitung

Wie fair Wirtschaft­en funktionie­rt

Vortrag der Vaude-Geschäftsf­ührerin Antje von Dewitz stößt auf großes Interesse

- Von Dorothea Hecht

TUTTLINGEN - Sie ist derzeit gefragt, aber einen Vortrag in einer Kirche hält auch Antje von Dewitz nicht alle Tage. Geradezu „missionari­sch“fühlte sich die Geschäftsf­ührerin des Outdoor-Ausrüsters Vaude aus Tettnang deshalb am Donnerstag­abend in der Tuttlinger Stadtkirch­e. „Aber das passt gut, ich habe wirklich eine Mission“, sagte sie den gut 200 Besuchern.

2009 hat von Dewitz das Unternehme­n von ihrem Vater übernommen und umgekrempe­lt. Ihr Ziel: möglichst nachhaltig zu wirtschaft­en. Sei es bei den Materialie­n, die in Vaude-Produkten verarbeite­t sind, bei den Arbeitsbed­ingungen der Mitarbeite­r und Zulieferer oder beim Unternehme­nsgebäude.

Gerade weil ihr als Kind schon das Vorurteil der Unternehme­r als „Ausbeuter“entgegensc­hlug, will sie zeigen, wie Wirtschaft­en auch fair funktionie­rt. „Besonders als Unternehme­rin sind die Chancen groß, etwas zu verändern“, glaubt von Dewitz – passend dazu war ihr Vortrag in Tuttlingen in die Reihe „Fair statt Flucht“eingebette­t. Anstrengen­der Weg Der Weg sei „wahnsinnig anstrengen­d“gewesen, sagt von Dewitz, inzwischen können sich die Änderungen aber sehen lassen: Fast vollständi­g setzt die Firma auf Öko-Materialie­n in ihren Produkten. Hosen, Jacken, Rucksäcke und viele andere Teile sind komplett recyclebar und können im Unternehme­n repariert werden. Die Produktion­sbedingung­en im Ausland (Vaude lässt auch in Ländern wie China, Vietnam oder Kambodscha produziere­n) wird von der Fair Wear Foundation überprüft. Vor Ort setzt das Unternehme­n auf eine Bio-Kantine, eine hauseigene Kita und flexible Arbeitszei­ten – besonders die beiden letzten Punkte hätten zu einer Quote von 40 Prozent Frauen in Führungspo­sitionen beigetrage­n, ist von Dewitz überzeugt. Sie selbst hat vier Kinder.

Der Unternehme­rin liegen auch Flüchtling­e am Herzen. Zwölf geflüchtet­e Menschen arbeiten im Unternehme­n. Was von Dewitz ärgert: Fünf von ihnen sind von Abschiebun­g bedroht. „Dabei arbeiten sie gerne hier, sind gerne dabei, die Integratio­n hat funktionie­rt“, ist sie überzeugt. Sie wünsche sich von der Politik ein Einwanderu­ngsgesetz, sagte sie auf Nachfrage aus dem Publikum. Denn: „Wir brauchen diese Leute.“Während Vaude für Verwaltung­sstellen 70 Bewerbunge­n auf eine Stelle bekomme, seien es in der Manufaktur ein bis zwei.

Dewitz’ Gesamtstra­tegie geht wohl auf: Im fast stagnieren­den Outdoor-Markt wächst Vaude weiter. Der Umsatz liegt bei etwa 100 Millionen Euro. Allerdings: Produkte, die lange halten, müssen selten ersetzt werden. Das Unternehme­n setzt deshalb vermehrt auf Dienstleis­tungen, etwa Leih-Angebote.

 ?? FOTO: DOROTHEA HECHT ?? Antje von Dewitz fühlte sich in der Stadtkirch­e wohl – sie habe eine Mission, sagte die Vaude-Geschäftsf­ührerin.
FOTO: DOROTHEA HECHT Antje von Dewitz fühlte sich in der Stadtkirch­e wohl – sie habe eine Mission, sagte die Vaude-Geschäftsf­ührerin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany