Protestlerin
Malgorzata Gersdorf ist am Mittwoch aus Protest zur Arbeit gegangen. Damit widersetzt sich die 65-jährige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs in Polen ihrem Zwangsruhestand. Nicht nur Gersdorf, auch weitere Richter verweigern sich der von der nationalkonservativen Regierung beschlossenen Pensionierung für Richter, die in der Nacht auf Mittwoch in Kraft getreten ist. Das umstrittene Gesetz schickt 27 der 73 Richter am Obersten Gerichtshof in den Ruhestand, die älter als 65 Jahre sind. Bisher lag die Altersgrenze bei 70 Jahren. Das Gesetz zählt zu den umstrittenen Justizreformen, deretwegen die EU-Kommission seit 2016 gegen die Regierung in Warschau vorgeht. Die EU-Kommission kritisiert, die Reformen würden die Unabhängigkeit der Justiz beschneiden und die Gewaltenteilung untergraben. Sie hatte am Montag ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet.
Vor dem Gericht in Warschau wurde Gersdorf von mehreren Tausend Demonstranten empfangen. Sie mische sich nicht in die Politik ein, sagte sie. Sie wolle aber für die Rechtsstaatlichkeit in Polen kämpfen und „die Grenze zwischen der Verfassung und dem Verstoß gegen die Verfassung aufzeigen“. Die regierenden Politiker könnten natürlich Reformen beschließen, doch dürften sie die Verfassung nicht verletzen. Das Grundgesetz Polens regele ganz klar, dass die Amtszeit der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs sechs Jahre beträgt und unabhängig vom erreichten Alter ist. „Ich fühle mich der polnischen Verfassung und ihren in der Präambel verankerten Werten verpflichtet“, so Gersdorf. Sie werde daher ihr Amt bis 2020 ausüben. Am Tag zuvor hatte sie aber den Richter Jozef Iwulski zu ihrem Stellvertreter ernannt, der ihre Urlaubsvertretung übernehmen solle. In den nächsten Tagen will Gersdorf einen Urlaub antreten, auch um weiteren Konflikten mit der Regierungspartei aus dem Weg zu gehen. (AFP)