Trossinger Zeitung

Ein Geschwiste­r-Streit läuft aus dem Ruder

Gericht verurteilt 65-jährigen Mann zu einer Geldstrafe – Vorinstanz hatte härter geurteilt

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VS-SCHWENNING­EN (tam/sbo) Ein 65-jähriger Mann aus VSSchwenni­ngen muss eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätze­n zu je zehn Euro bezahlen, weil er seine 71jährige Schwester geschlagen hat.

Damit ist er noch gut weggekomme­n, denn das Amtsgerich­t Villingen hatte ihn Ende vergangene­n Jahres wegen gefährlich­er und vorsätzlic­her Körperverl­etzung zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Dieses Urteil hat das Landgerich­t Konstanz jetzt nach einer Berufungsv­erhandlung geändert. Das neue Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräf­tig.

Der 65-Jährige hat die Vorwürfe seiner Schwester immer bestritten: „Beide Schläge sind erfunden.“Er behauptete, die Schwester hätte ihn geschlagen, „obwohl sie Pazifistin ist“. Er habe sie daraufhin in einer Reflexbewe­gung an der Stirn berührt. Die Geschwiste­r waren sich uneinig darüber, ob ihre 91- jährige, an Alzheimer erkrankte Mutter entmündigt und in einem Pflegeheim untergebra­cht werden sollte. Ihre Tochter hatte dies bereits an ihrem Bruder vorbei in die Wege geleitet. Der seit Jahrzehnte­n arbeitslos­e und von einer spärlichen Rente lebende Angeklagte, der im Haus der Mutter lebt, war dagegen. Inzwischen lebt sie aber in einem Pflegeheim.

„Die Mutter war sehr glücklich mit der ambulanten Pflege“, erklärte er. Und sie sei immer froh gewesen, dass sie abends zu ihm nach Hause zurückkehr­en konnte. Dass die Schwester sich eine Vorsorgevo­llmacht besorgt hatte, fand er skandalös: „Die will mich ausschalte­n!“, rief er. An einem Nachmittag im August 2017 kam die in Hessen lebende Schwester nach VS-Schwenning­en. Am nächsten Tag sollte der Zustand der Mutter geprüft werden, um über die Betreuung zu entscheide­n. Am Tattag saß sie gerade mit der Mutter im Garten. Ärger bei Zeugenauss­age Als der Bruder nach Hause gekommen sei, habe er sie sofort schwer beschimpft und beleidigt, berichtete die 71-jährige Schwester. „Du hast hier gar nichts mehr verloren“, soll er geschrien und sie übel beleidigt haben. Dann habe er sie bewusst auf eine Wunde am Rücken geschlagen, die von einer Wirbeloper­ation herrührte. Nachdem er ihre Tasche aus dem Haus geworfen habe, sei sie noch einmal hineingela­ufen, um ihre restlichen Sachen zu holen. Da habe er ihr auch noch gegen die Schläfe geschlagen, berichtete die Zeugin ruhig und gefasst. Eine Stunde später habe sie Strafanzei­ge gegen den Bruder gestellt.

Während ihrer Aussage regte sich der 65-Jährige immer wieder lautstark auf und widersprac­h. „Es ist unfassbar, dass diese Frau so lügt und ihren eigenen Bruder anzeigt“, rief er. Schließlic­h drohte die Vorsitzend­e Richterin mit einem Ordnungsge­ld. Danach befragte das Gericht zwei Polizeibea­mte über den damaligen Zustand der 71-Jährigen. Nachdem noch Fotos von den Verletzung­en gezeigt worden waren, hielt auch die Berufungsk­ammer die beiden Schläge gegen die Geschädigt­e für erwiesen. Beide Übergriffe wurden jetzt aber als vorsätzlic­he Körperverl­etzungen gewertet, so dass sowohl das Gericht als auch die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft eine Geldstrafe für ausreichen­d hielten.

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